Kritik

ORF als „Propagandamaschinerie“: Westenthaler irritiert ORF-Redaktionsrat

Westenthaler 2021.
Westenthaler 2021.Isabelle Ouvrard / imago
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ORF-Redaktionsvertreter weisen die „haltlosen Unterstellungen“ des künftigen Stiftungsrats zurück und erinnern ihn an Bestimmungen des ORF-Gesetzes.

Als Diplomat kennt man Peter Westenthaler nicht. Es mag trotzdem überraschen, wie der frühere FPÖ-Klubobmann, der zwischenzeitlich im BZÖ aktiv war, nun den Holzhammer schwingt, wenn es um einen härteren Kurs gegenüber dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk geht. Er hat bereits erste Interviews dazu genutzt, ordentlich Kritik zu üben.

So sprach der designierte ORF-Stiftungsrat der FPÖ von einer „Propagandamaschinerie“, die nur zur FPÖ Distanz wahre, und von Diskussionssendungen sowie Expertenauswahl als „Propagandawerkzeuge“. Der ORF-Redaktionsrat wies diese „haltlosen Unterstellungen“ entschieden zurück und erinnerte den Ex-Politiker daran, dass er als weisungsfreier Stiftungsrat im Interesse des ORF und nicht der FPÖ zu agieren habe.

„Wir erleben es seit Jahren, aber jetzt besonders, weil wir auf Wahlen zusteuern, dass sich die Information des ORF irgendwie als Propagandamaschinerie versteht gegen eine einzige Partei – der FPÖ“, so Westenthaler im „Kurier“. Im „Standard“ teilte er auch gegen „ZiB2“-Anchorman Armin Wolf aus, dem er vorwarf, in sozialen Netzwerken politische Kommentare abzuliefern.

Der ORF-Redaktionsrat zeigte sich nicht nur über diese Äußerungen irritiert, sondern auch darüber, dass die FPÖ mit Westenthaler jemanden entsendet, der regelmäßig für ein Konkurrenzunternehmen arbeitet – konkret als Diskutant bei oe24.tv. Ob diese Nominierung mit dem ORF-Gesetz vereinbar sei, müsse von der Bundesregierung geprüft werden, forderte der ORF-Redaktionsrat.

Launiges über Stiftungsratssitzungen

Westenthaler selbst sieht keine Unvereinbarkeit, bezieht laut eigener Aussage auch kein Geld für seine Tätigkeit bei oe24.tv und will dort weitermachen. Er überlegt gar, dort ein neues Sendungsformat über den ORF zu entwickeln – was aber wohl Aufgabe der oe24-Geschäftsführung wäre – und über Stiftungsratssitzungen zu berichten. Der ORF-Redaktionsrat wies den Ex-FPÖ-Klubobmann darauf hin, dass die Beratungen des Stiftungsrats laut ORF-Gesetz der Verschwiegenheit unterliegen.

Auch zeigte sich die Redaktionsvertretung enttäuscht darüber, dass kein unabhängiger Medienexperte zum Zug kam, sondern ein ehemaliger Parteispitzenfunktionär. „In diesem Fall aber auch ein ehemaliger Parteifunktionär mit einer langen Geschichte unzulässiger Interventionsversuche gegen ORF-Journalistinnen und -Journalisten, gegen die sich die Redaktionsvertretung wiederholt wehren musste“, hieß es in einer Aussendung. Westenthaler gab im „Standard“ zu, „vielleicht sogar oft“ im ORF angerufen zu haben. „Ich habe auf falsche Berichte verwiesen. Vielleicht bin ich da falsch verstanden worden.“

Überzeugt zeigte sich der designierte Stiftungsrat, dass der ORF-Beitrag in Form einer Haushaltsabgabe binnen eines Jahres wieder abgeschafft werde. Eine Finanzierung aus dem Bundesbudget erscheint ihm wie auch der FPÖ sinnvoller. „Eine solche Budgetfinanzierung würde die Abhängigkeit des ORF von der jeweiligen Bundesregierung dramatisch erhöhen“, warnte der ORF-Redaktionsrat und appellierte an die Bundesregierung und das Parlament, die Beschickung der ORF-Gremien so politikfern und professionell wie möglich zu gestalten. Konkret hat der Verfassungsgerichtshof (VfGH) entschieden, dass der derzeitige Einfluss der Regierung bei der Bestellung des ORF-Stiftungsrats zu groß sei. Bis März 2025 muss eine Gesetzesnovelle erfolgen. (APA/red.)

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