Mein Montag

Warum man jemanden einen Armleuchter nennt

Der Kerzenständer muss im Deutschen auch als Schimpfwort herhalten, zumindest wenn man Armleuchter dazu sagt.
Der Kerzenständer muss im Deutschen auch als Schimpfwort herhalten, zumindest wenn man Armleuchter dazu sagt.Getty Images/John Kobal Foundation
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Armloch, Scheibenkleister & Co. – über Wörter, mit denen wir manches Tabu verhüllen.

Warum, fragte kürzlich ein Leser, wird das Wort Armleuchter eigentlich als Schimpfwort verwendet? Berechtigte Frage, denn jemanden als Ständer für Kerzen oder Leuchter zu bezeichnen, ist ja nicht zwangsläufig eine Beleidigung. Nun, es kursiert da unter anderem die These, dass die wie bei einem Kandelaber ausgestreckten Arme bei Menschen als Geste der Ratlosigkeit zu verstehen sind und ein Armleuchter eben nicht besonders hell ist. Allein, das stimmt nicht. In Wirklichkeit handelt es sich hier um ein klassisches Hüllwort. Dass nämlich über ein Tabuwort ein unverfängliches gestülpt wird, das irgendwie ähnlich klingt – im konkreten Fall kommt der Begriff aus der Soldatensprache, wo er eingesetzt wurde, um das obszöne Arschloch zu umgehen, dessen Kompositionsglieder die gleichen Anfangsbuchstaben (Ar und l) haben.

Nun gibt es Armleuchter im Sinne eines Kerzenständers tatsächlich. So wie auch das Armloch, das den Ausschnitt für den Arm an einem Kleidungsstück bezeichnet. Das ist aber nicht bei allen verhüllenden Schimpfwörtern so. Bei Scheibenkleister etwa, was gern gemurmelt wird, wenn man nicht Scheiße sagen will. Den gibt es nämlich, so wie auch Scheibenhonig, nur als Hüllwort. Wobei die Kurzversion Scheibe wirklich existiert – in der Soldatensprache war das der verhüllte Fluch, wenn man beim Schießen auf die Zielscheibe nicht den Ring, sondern nur die Scheibe traf.

Hüllwörter oder Euphemismen verwenden wir täglich. Statt Arsch sagen wir Hintern, der Penis wird zum Gemächt und die Toilette zum Örtchen. Geht es uns beschissen, sagen wir bescheiden. Wenn wir knapp davor sind, scheiße zu sagen, wird es nach einem langen und unmissverständlichen sch… dann doch zu schade. Und wenn jemand kotzt, könnte man ja sagen, dass er mit dem Porzellanbus fährt. Aber das ist eigentlich schon wieder eine andere Geschichte …

E-Mails: erich.kocina@diepresse.com

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