Nahost

Hamas legt Vorschlag für einen neuen Geiseldeal vor

Warten auf eine Hilfslieferung in Rafah im Süden des Gazastreifens.
Warten auf eine Hilfslieferung in Rafah im Süden des Gazastreifens. Imago/Khaled Omar
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Die Terrororganisation unternimmt einen neuen Anlauf zu einem Abkommen. Israels Premier Netanjahu ist trotz aller Warnungen zu einer Großoffensive in Rafah entschlossen. Doch der Druck auf ihn wächst immer mehr.

Für Benjamin Netanjahu blieb ein neuer Geiseldeal mit der Hamas bisher wegen der „wahnhaften Forderungen“ der Terrororganisation stets Wunschdenken. Die Islamisten hätten sich bei der Verhandlungen über ein neues Abkommen in Doha, Paris oder Kairo „keinen Nanometer“ bewegt, wie der israelische Premier einmal sagte. Doch beide Seiten kamen zuletzt unter immer größeren internationalen Druck, und die Hamas hat nun einen neuen detaillierten Vorschlag vorgelegt.

Der Plan fordert ein Ende der Kämpfe und Hilfslieferungen. Und er sieht in einer mehrstufigen Phase den Austausch von israelischen Geiseln und palästinensischen Häftlingen vor. Vorbedingung ist indessen weiterhin der Abzug israelischer Truppen, was Israel kategorisch ablehnt. Netanjahu sprach diesmal ein wenig milder von „unrealistischen Forderungen“.

Mehrstufenplan

Laut Nachrichtenagentur Reuters sollen demnach in einem ersten Schritt Frauen, Kinder, Ältere und Kranke sowie Soldatinnen in Händen der Hamas freigelassen werden. Im Gegenzug soll Israel 700 bis 1000 inhaftierte Palästinenser freilassen. Darunter sollen rund hundert Häftlinge sein, die zu lebenslanger Haft verurteilt wurden. Diese Punkte waren schon in den vorangegangenen Verhandlungen auf dem Tisch.

In dem Papier betont die Hamas, sie werde einer Feuerpause erst zustimmen, wenn sich die Kriegsparteien auf den ersten Schritt einigen. Danach müsse ein Datum für den Abzug der israelischen Truppen aus dem Gazastreifen festgelegt werden, was schließlich das grüne Licht für die Freilassung der Geiseln geben soll.

Druck aus Katar und den USA

Netanjahu erklärte, der Druck, den Katar auf die Hamas ausübe, beginne zu wirken. Das Golfemirat soll damit gedroht haben, Mitglieder der Islamistenorganisation aus Katar auszuweisen und ihnen kein Geld mehr auszuzahlen, sollten sie bei den Verhandlungen nicht einlenken.

Aus den USA wird unterdessen die Kritik an Netanjahu immer lauter. Chuck Schumer, der einflussreiche demokratische Mehrheitsführer im US-Senat, forderte Neuwahlen in Israel. Er glaube, dass der Regierungschef „vom Weg abgekommen ist, indem er sein politisches Überleben über die besten Interessen Israels gestellt hat“, sagte Schumer, der selbst jüdisch ist und sich als eisernen Unterstützer Israels bezeichnete. Netanjahu sei eine Koalition mit Rechtsextremisten eingegangen und deshalb „zu sehr bereit, die zivilen Opfer im Gazastreifen zu tolerieren“. Die weltweite Unterstützung für Israel sei deshalb auf einen historischen Tiefstand gefallen. Israel könne aber nicht überleben, wenn es zu einem „Paria“ werde.

„Israel ist keine Bananenrepublik“

Netanjahus konservative Likud-Partei kritisierte Schumers Äußerungen scharf. „Israel ist keine Bananenrepublik, sondern eine unabhängige und stolze Demokratie“, hieß es in einer Erklärung der Partei. Der Regierungschef sei gewählt worden, seine „entschlossene Politik“ werde von einer großen Mehrheit unterstützt. Laut aktuellen Umfragen müsste die rechts-religiöse Koalition bei einer Neuwahl allerdings mit massiven Verlusten rechnen.

Schumer bezeichnete Netanjahu als Hindernis für den Frieden – unter anderem wegen der Ablehnung einer Zweistaatenlösung. Netanjahus Likud-Partei entgegnete, das israelische Volk sei gegen eine internationale Anordnung zur Errichtung eines Palästinenserstaats.

Scholz reist am Sonntag nach Israel

Währenddessen wird der deutsche Bundeskanzler am Sonntag zu einem Besuch nach Israel und anschließend nach Jordanien reisen. Es wird sein zweiter Besuch in Israel seit Beginn des Gaza-Kriegs am 7. Oktober sein. Der deutsche Kanzler hat zuletzt bekräftigt, dass Israel jedes Recht habe, sich gegen den Terror der Hamas zu verteidigen. Er warb aber auch erneut für eine länger anhaltende Waffenruhe im Gazastreifen. Deutschland leistet einen Beitrag zum geplanten Hilfskorridor für Gaza auf dem Seeweg. Die deutsche Luftwaffe hat außerdem ein erstes Transportflugzeug für den Abwurf von Hilfsgütern über dem Gazastreifen nach Jordanien verlegt. (Reuters)

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