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Serie „Briganti“: Die Räuberinnen von Netflix

Coole Frauenfiguren: Matilda Lutz als Michelina, Michela De Rossi als Filomena.
Coole Frauenfiguren: Matilda Lutz als Michelina, Michela De Rossi als Filomena.Netflix
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Im Sechsteiler „Briganti“ gibt es Typen, die aussehen wie Cowboys, Frauen wie in „Fluch der Karibik“ und eine Schatzsuche, die an Robin Hood erinnert. Warum nicht?

Robin Hood hätte mit dieser Bande seine Freude gehabt. So uneigennützig, wie man ihn sich heute vorstellt, war er schließlich gar nicht. Zumindest nicht in den spätmittelalterlichen Balladen, in denen er als Wegelagerer beschrieben wurde, der mit seinen Opfern wenig zimperlich verfuhr. Erst später wandelte sich die Figur zu jenem angelsächsischen Helden, der als Abenteurer mit Glorienschein bis heute in Musicals, Filmen und Zeichentrickabenteuern für soziale Gerechtigkeit sorgt, indem er den Reichen nimmt, was er den Armen gibt.

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Auch die „Briganti“ (Räuber) in der gleichnamigen Netflix-Serie bedienen sich gern bei der Oberschicht. Sie wollen die Beute aber in erster Linie für sich. Das soziale Gewissen spielt eine untergeordnete Rolle: Hier geht es ums Überleben. Und um Freiheit von Lehnsherren und Staatsgewalt, die das Volk – und die Frauen – unterdrücken.

Zu spüren bekommt das auch Filomena, die nicht standesgemäße Gattin eines Gutsherrn. Ihre ungefragten, jedoch klugen Kommentare – „Man braucht keine Soldaten, sondern Leute, die das Land bestellen“ – werden von den Männern ebenso ignoriert wie der Überlebenskampf der gepeinigten Dorfbewohner.

Im wilden Süditalien

Als es der Ehemann mit seinen Züchtigungen übertreibt und eine Frau erschießt, nur weil Filomena ihr sauberes Wasser anbieten wollte, greift diese zu Notwehr.

Auf der Flucht schließt sie sich Räubern an, die einem Schatz nachjagen, der aus der Bank von Palermo geraubt wurde und seither verschwunden ist. Es ist das Jahr 1872, zwei Jahre nach der Vereinigung Italiens. Räuberische Clans leben in den Wäldern, Wegelagerer überfallen Kutschen und plündern Steuergeld. Ein Leben ist nicht mehr wert als eine Flinte mit etwas Schießpulver. Ein cleverer Kopfgeldjäger laviert sich durch ein skrupelloses System aus geldgierigen Soldaten. Immer wieder gelingt es ihm mit amüsanten Tricks, den eigenen Hals aus der Schlinge zu ziehen, während er andere ans Messer liefert. Mit seinem breitkrempigen Hut, dem zerknautschten Mantel, der Zigarre und seinem wortkargen Auftreten wirkt „der Sperber“ (Marlon Joubert) wie aus dem Wilden Westen. Dazu hat er mit seinen beiden unfreiwilligen Weggefährten Cosimo (Ernesto D’Argenio) und Ventre (Nando Paone) zwei schräge Vögel im Schlepptau, die vortrefflich in jede Westernkomödie passen würden.

Schlaue Frauen mit Schusswaffen

Vornehmlich cool sind hingegen die Frauenfiguren. Die Räuberbräute tragen Hotzenplotz-Hut (Ivana Lotito als von Folternarben übersäte Ciccila), folkloristisch inspirierte Corsagen (Matilda Lutz als Michelina) oder einen Kurzhaarschnitt, der ihre Schönheit nur noch mehr zur Geltung bringt (Michela De Rossi, die im „Sopranos“-Prequel „The Many Saints of Newark“ eine Mafia-Braut spielte, als Filomena). Mit ihren abgetragenen Rüschenblusen, Tattoos und lässig im Gürtel steckenden Schusswaffen könnten sie auch bei „Fluch der Karibik“ durchs Bild laufen, ohne aufzufallen. Captain Sparrow würde Augen machen: Unerschrocken, schlau und erfinderisch mischen diese Frauen die Männerpartie auf – sowohl die der Räuber als auch die der Militärs.

„Briganti“ will irgendwie alles sein: Kostümschinken, Western, Actionspektakel, Heldinnenepos. Das verträgt sich besser, als man glauben würde. Es ist jedenfalls ein gut abgemischtes Abenteuer: hart im Austeilen und trotzdem leicht im Abgang.

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