Wer wählt wann – und wie viele Menschen sind in Österreich überhaupt wahlberechtigt? Offizielle Ergebnisse am 9. Juni gibt es erst um 23 Uhr, wenn das letzte Wahllokal in Italien geschlossen hat. Die Spannung bei der zweitgrößten Wahl der Welt zieht sich also bis zum Schluss.
Alle fünf Jahre leert sich das Europaparlament im Frühjahr für mehrere Wochen; die gigantischen Plenarsäle in Brüssel und Straßburg sind jetzt verwaist. Abgeordnete und deren Assistenten schwärmen in ihre jeweiligen Wahlkreise aus, wo ihnen eine intensive Zeit bevorsteht: Es ist Wahlkampf in der EU. Bei der diesjährigen Europawahl von 6. bis 9. Juni sind laut Angaben der europäischen Statistikbehörde Eurostat in der gesamten Union 359 Millionen Menschen wahlberechtigt – weit weniger als noch 2019, als die Briten trotz schon beschlossenen EU-Austritts offiziell noch in der Union waren und somit mitstimmen durften (der Austritt erfolgte am 31. Jänner 2020). In Österreich, wo die Wahl wie in den meisten anderen Mitgliedstaaten (Ausnahmen sind etwa die Niederlande mit 6. Juni, Tschechien mit 7./8. Juni oder Lettland mit 8. Juni) am letztmöglichen Tag – am Sonntag, den 9. Juni – stattfindet, gibt es etwas mehr als 6,3 Millionen Wahlberechtigte.
44.600 davon sind Auslandsösterreicher (leben also in einem anderen Land und können dort per Briefwahl für eine österreichische Partei abstimmen) und 45.000 sind in Österreich lebende EU-Bürger aus anderen Mitgliedstaaten. Letztere mussten sich bis Ende März für die Wahlteilnahme registrieren.
Das Interesse unter ihnen ist – positiv formuliert – verhalten: Lediglich sechs Prozent (eben jene 45.000) der 760.000 wahlberechtigten EU-Ausländer hat sich hierzulande beim Amt für den Urnengang eintragen lassen. Wie viele davon stattdessen in ihrem Heimatland wählen, ist nicht bekannt. Einige Parteien – insbesondere die ÖVP – werben trotzdem um die europäische Wählergruppe.
Frist für Briefwahl
Wahlberechtigte können über die App „Digitales Amt“ oder über das Webportal oesterreich.gv.at digitale Wahlkarten beantragen, wenn sie sich am Wahltag nicht in Österreich befinden bzw. ortsunabhängig oder per Briefwahl wählen wollen. Diese Frist endet am 4. Juni – also fünf Tage vor dem Wahltermin.
Die Sperrklausel für einen Sitz im Europaparlament liegt in Österreich bei vier Prozent – fünf Parteien dürften diese Hürde auch heuer mit großer Sicherheit schaffen: Neben ÖVP, SPÖ und FPÖ sind dies die Grünen und die Neos. Auf dem Stimmzettel stehen außerdem die KPÖ und die DNA (Demokratisch, Neutral, Authentisch). Wie bei der Nationalratswahl können auch bei der Europawahl Vorzugsstimmen vergeben werden. Bei der letzten Europawahl im Jahr 2019 erreichte Othmar Karas von der ÖVP (der in diesem Jahr wegen inhaltlicher Differenzen mit der Parteiführung nicht mehr antritt) 103.021 Vorzugsstimmen. Sein Kontrahent von der SPÖ, Andreas Schieder, der auch heuer sozialdemokratischer Spitzenkandidat ist, kam auf knapp 73.000 Vorzugsstimmen, Harald Vilimsky von der FPÖ auf 64.500.
Dass die Europawahl nach wie vor im Schatten nationaler Wahlen steht, steht in keinem Verhältnis zu ihrer tatsächlichen Bedeutung: Nach der Parlamentswahl in Indien mit knapp einer Milliarde Wahlberechtigter ist sie die größte Wahl weltweit. In diesem Jahr werden 720 Abgeordnete zum Europäischen Parlament gewählt, 705 waren es zuletzt. Die Erhöhung der Sitzzahl resultiert aus einem gemeinsamen Beschluss der Mitgliedstaaten und des Parlaments vom vergangenen Sommer: Auf diese Weise sollten Veränderungen in der Bevölkerungsgröße einzelner Mitgliedsländer ausgeglichen werden. Österreich wählt – proportional zu seiner Einwohnerzahl – 20 Abgeordnete, Deutschland 96. Die Wahlbeteiligung an der EU-Wahl ist hierzulande vor fünf Jahren signifikant gestiegen und lag damals bei knapp 60 Prozent (im Vergleich zu 45 Prozent im Jahr 2014). Damit lag Österreich über dem EU-Schnitt von knapp über 50 Prozent Wahlbeteiligung – doch es gibt noch reichlich Luft nach oben: An den letzten Nationalratswahlen 2019 etwa nahmen 75,6 Prozent der Wahlberechtigten teil.
Exit Polls vor 23 Uhr
Offizielle Ergebnisse der Europawahl sind erst nach Schließen des letzten Wahllokals auf https://results.elections.europa.eu/ abrufbar. Da in mehreren EU-Ländern – wie Italien – bis 23 Uhr gewählt werden kann, zieht sich die Spannung bis in den späten Abend. Davor sind aus den einzelnen Mitgliedstaaten nach und nach Exit Polls zu erwarten, die wohl schon einen Trend vermuten lassen.
Die erste Sitzungswoche in der neuen Legislaturperiode findet von 15. bis 19. Juli in Straßburg statt. Danach geht es in die Sommerpause, ehe sich das neu gewählte Europaparlament im September formiert, um seine ersten wichtigen Aufgaben zu übernehmen – dazu zählen unter anderem die Wahl der Kommissionspräsidentin und die Hearings mit den designierten Kommissaren.