Europawahl

„EU light“ oder starke Union? Was Österreichs Parteien planen

Tag der offenen Tür im EU-Parlament Anfang Mai.
Tag der offenen Tür im EU-Parlament Anfang Mai.SOPA Images / Getty Images
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Österreichs Parteien haben ihre Programme für die Europawahl vorgelegt. Vor allem außen- und wirtschaftspolitisch könnten sie konträrer nicht sein, bei Klimapolitik ist das Aus für den Verbrennermotor ein Streitpunkt.

ÖVP: Mehr Grenzschutz und Einsatz für Industrie

Der Kampf gegen die „illegale Migration“ ist das Kernthema der ÖVP. Spitzenkandidat Reinhold Lopatka fordert, mehr Geld in den Außengrenzschutz zu stecken. Damit sollen etwa neue Zäune finanziert werden. Alle Asylverfahren sollen an den EU-Außengrenzen oder in Drittländern durchgeführt werden. Menschen mit negativem Asylbescheid, die nicht in ihre Heimatländer rückgeführt werden können, sollen in sichere Drittstaaten abgeschoben werden.

Europa will die ÖVP als Industriestandort erhalten. Das auf EU-Ebene beschlossene Verbot, ab 2035 keine Autos mit Verbrennermotoren mehr zuzulassen, will die ÖVP zurücknehmen. Vielmehr soll Europas Autorindustrie Weltmarktführer bei Verbrennermotoren werden.

Die EU soll sich großen Themen wie der Migration widmen. In anderen Bereichen wie der Frage des Schutzstatus des Wolfs solle sie sich zurücknehmen und die Staaten entscheiden lassen. Die Länder des Westbalkans sollen an die EU herangeführt werden, für die Ukraine soll es kein beschleunigtes Verfahren als EU-Beitrittskandidat geben.

SPÖ: EU soll verstärkt in den Markt eingreifen

Die SPÖ setzt mit ihrem Spitzenkandidaten, Andre­as Schieder, vor allem auf Wirtschaftspolitik. Ein neuer „EU-Transformationsfonds“ soll Projekte finanzieren, mit denen CO2-Emissionen reduziert werden. Die Union soll verstärkt in den Markt eingreifen, für armutsgefährdete Familien wird auf Soforthilfen gepocht. Ein EU-weites Verbot soll sicherstellen, dass keinem Haushalt Gas, Strom oder Fernwärme abgeschaltet wird: Dadurch will die SPÖ ein „Recht auf ein warmes Zuhause“ durchsetzen. Bei öffentlichen Gütern soll es einen „Privatisierungsstopp“ geben.

Bekämpfen will die SPÖ „Steuerschlupflöcher“ für Großkonzerne. In einzelnen Mitgliedstaaten dürfe es nicht für Konzerne besonders günstige Steuerregeln geben. Bei der Steuerpolitik soll die EU daher das Einstimmigkeitsprinzip im Europäischen Rat abschaffen. Asylberechtigte sollen in der EU solidarisch verteilt werden. In EU-Asylzentren sollen Anträge außerhalb Europa gestellt und bearbeitet werden können. Privatjets sollen auf europäischen Flughäfen verboten werden.  

FPÖ: Rückbau der EU und Aus für Russland-Sanktionen

Die FPÖ will unter ihrem Spitzenkandidaten, Harald Vilimsky, die Rolle der EU deutlich beschneiden. Kompetenzen der EU sollen zu den Nationalstaaten zurückverlagert werden. Im Kern soll die EU als Wirtschaftsunion erhalten bleiben und für den Binnenmarkt sowie einzelne Bereiche wie den Verkehr zuständig sein. Das EU-Parlament, die EU-Kommission und das EU-Budget sollen halbiert werden.

Ein „Remigrationspakt“ soll die „illegale Migration“ nach Europa beenden. Das FPÖ-Programm sieht „Betreuungszentren“ in Drittstaaten für Asylwerber vor. Überhaupt sollen Personen, die von außerhalb Europas kommen, in der Union kein Asyl mehr erhalten.

Die FPÖ sieht zwar Russland als Aggressor, aber für die Blauen sind die EU und die Ukraine „Kriegstreiber“. Die Sanktionen gegen Russland will die FPÖ stoppen, da diese nur den Wohlstand in der Union vernichten würden. Die Waffenlieferungen und Finanzhilfen für die Ukraine sollen gestoppt werden. Wirtschaftlich fordert die FPÖ wie die ÖVP die Rücknahme des Verbrennerverbots ab 2035.

Grüne: Mehr Geld für Klimaschutz und billige Zugtickets

Auf den Klimaschutz haben sich die Grünen mit ihrer Spitzenkandidatin, Lena Schilling, fokussiert. Die Rücknahme des Verbrenner-Endes lehnen sie ab. Ähnlich wie die Roten fordern die Grünen ein EU-Investitionsprogramm für umweltfreundliche Technologien. Mit bis zu 90 Prozent aus EU-Mitteln sollen auch Projekte finanziert werden, bei denen Städte und Gemeinden ihre asphaltierten Flächen loswerden und dort etwa kleine Wälder pflanzen.

Ein EU-weiter Preisdeckel für Zugtickets soll eingeführt werden, maximal zehn Cent pro Kilometer sollen die Unternehmen für alle Verbindungen zwischen den Hauptstädten in der EU verlangen können. Die Unternehmen sollen dafür Ersatzzahlungen von der EU erhalten. Privatjets sollen hingegen nicht mehr quer durch Europa fliegen können.

Jugendorganisationen sollen verstärkt mit EU-Geldern unterstützt werden. Außerdem sollen nach den grünen Plänen Gesetzesvorschläge verpflichtend darauf geprüft werden, welche Folgen sie auf die nächsten Generationen haben.

Neos: Eine demokratischere EU mit eigener Armee

Ziel der Neos mit ihrem Spitzenkandidaten, Helmut Brand­stätter, sind die „Vereinigten Staaten von Europa“. Vor allem in der Außen- und Sicherheitspolitik soll die Union geeinter auftreten und langfristig auch über eine EU-Armee, die sich aus Freiwilligen zusammensetzt, verfügen.

Ebenso sollen eine Art „EU-Nachrichtendienst“ und das Amt eines EU-Außenministers geschaffen werden. Damit dieser Minister effizient arbeiten kann, soll das Einstimmigkeitsprinzip bei der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik sowie Sicherheits- und Verteidigungspolitik abgeschafft und stattdessen per qualifizierter Mehrheit entschieden werden.

Die Neos fordern einen einheitlichen, EU-weiten CO2-Preis statt nationaler Alleingänge. Durch eine Neuverhandlung der EU-Verträge soll die Union demokratischer und bürgernäher gemacht werden. Die Rechte des EU-Parlaments sollen gestärkt, dafür soll die EU-Kommission verkleinert werden.

KPÖ und Liste DNA ebenfalls auf Stimmzettel

Ebenfalls zur Wahl stehen am 9. Juni bei der EU-Wahl in Österreich die nicht im Nationalrat vertretenen Parteien KPÖ und Liste DNA. Letztere Fraktion fordert das Ende der Russland-Sanktion und eine unabhängige Untersuchung der Corona-Politik. Die KPÖ pocht auf Maßnahmen für leistbares Wohnen und wirft der EU eine „Kriegslogik“ vor.

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