Song Contest

„Vorfall“: Niederländer Joost Klein wird von ESC-Finale ausgeschlossen

Dem niederländischen ESC-Kandidaten Joost Klein wurde am Freitag der Auftritt verwehrt.
Dem niederländischen ESC-Kandidaten Joost Klein wurde am Freitag der Auftritt verwehrt.IMAGO/Jessica Gow/TT
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Heute findet im schwedischen Malmö das Finale eines durchwachsenen Eurovision Song Contests statt. Nur wenige Stunden davor wird der niederländische Kandidat Joost Klein von der Teilnahme ausgeschlossen.

Der niederländische Sänger Joost Klein wird nach Beschwerde einer Produktionsmitarbeiterin nicht im Finale des 68. Eurovision Song Contest auftreten. Das teilte die Rundfunkunion (EBU) wenige Stunden vor Beginn der Endrunde mit. Der Grund seien polizeiliche Ermittlungen nach der Beschwerde einer Mitarbeiterin gegen Klein wegen eines „Vorfalls“, der sich am Donnerstagabend ereignet haben soll. Der niederländische TV-Sender zeigt sich „geschockt.

„Während die Ermittlungen laufen, wäre es unangemessen, wenn er weiter im Wettbewerb bleibt“, begründete die EBU in ihrem Statement den Ausschluss. „Wir möchten klarstellen, dass es - anders als in manchen Medienberichten und auf Social Media spekuliert - bei dem Vorfall nicht um eine andere Künstlerin oder Delegationsmitglied ging“, trat die EBU anderslautenden Berichten entgegen, die einen Zusammenhang mit der israelischen Delegation vermutet hatten. Die Rundfunkunion verwies zugleich auf ihre Statuten: „Wir bleiben unserer Null-Toleranz-Politik gegen unangemessenes Verhalten bei unserer Veranstaltung treu. Wir verpflichten uns dazu, eine sichere Arbeitsumgebung für alle Mitarbeitenden am Contest zu bieten. Aus diesem Aspekt heraus ist Joost Kleins Verhalten gegenüber einem unserer Teammitglieder klar als Bruch der Regeln des Contests zu bewerten.“

Bereits seit Freitagnachmittag hatten sich die Gremien zur Krisensitzung zurückgezogen, um den „Vorfall“ zu beraten. Die harte Entscheidung, ein Land vom laufenden Bewerb zu disqualifizieren, ist der EBU sichtlich nicht leicht gefallen.

Als während des gestrigen Juryfinales die Aufzeichnung des Halbfinalauftrittes von Joost Klein in der Halle projiziert wurde, gab es vom Publikum demonstrativen Jubel, während der verantwortliche EBU-Supervisor Martin Österdahl - ansonsten ein Liebling in der ESC-Blase, der mit seinem Kultspruch „You‘re good to go“ die Bekanntgabe der Abstimmungsergebnisse einläutet - ausgebuht wurde. Schließlich war Joost Klein mit seiner Nummer „Europapa“ einer der Publikumslieblinge der heurigen Ausgabe und galt als Fixanwärter auf eine gute Platzierung.

Niederländischer TV-Sender zeigt sich „geschockt“

Der niederländische Sender Avrotros, der den Sänger ins ESC-Rennen geschickt hatte, teilte auf seiner Website mit, man betrachte die Disqualifizierung als unangemessen und man sei „von dieser Entscheidung geschockt“: „Wir bedauern dies zutiefst und werden später darauf zurückkommen.“ Auch der niederländische TV-Moderator Cornald Maas sprach auf X (vormals Twitter) von einer beschämenden Entscheidung der EBU. Der Vorfall Joost habe zudem „überhaupt nichts mit Israel oder der israelischen Delegation zu tun“. Die Disqualifizierung sei die „Hölle“ für Joost Klein und sein Team.

Auch NPO, der öffentlich-rechtliche Rundfunk der Niederlande, bedauerte laut dpa die Disqualifizierung am Samstag: „NPO hält dies für eine sehr drastische Entscheidung.“ Für die Millionen von Song-Contest-Fans in den Niederlanden und in anderen Ländern Europas sei dies eine Enttäuschung. Man werde den Verlauf der Ereignisse nach dem Wettbewerb mit allen Beteiligten eingehend bewerten.

Damit verkürzt sich das Finale also um eine Startnummer und findet nur mit 25 anstatt 26 Ländern statt. ORF 1 überträgt live ab 21 Uhr - mit Andi Knoll, aber ohne die Niederlande. Joost Klein galt mit seiner Nummer „Europapa“ als einer der Publikumslieblinge der heurigen Ausgabe und galt als Fixanwärter auf eine gute Platzierung. Die zweite Debattenfront ist nach wie vor offen.

Demonstranten aller Lager

Die Stimmung rund um das Finale bleibt auch wegen der Teilnahme Israels angespannt. In Finnland haben wenige Stunden vor dem Finale propalästinensische Demonstranten im Eingangsbereich des TV-Senders Yle einen Boykott der Show gefordert. Etwa 40 Menschen hielten sich mit Protestplakaten und palästinensischen Fahnen in der Lobby auf, wie Yle berichtete. Der Demonstrant Wilhelm Blomberg sagte der Zeitung „Hufvudstadsbladet“, sie würden die Beschäftigten nicht an ihrer Arbeit hindern, aber wollten sie auf die Situation im Gazastreifen aufmerksam machen.

In der Innenstadt der Ausrichterstadt Malmö ist indes für den Nachmittag abermals eine Großdemonstration gegen Israel angesetzt, bei der erneut Tausende Menschen für einen Protestmarsch erwartet werden. Wie bereits am Donnerstag ist hierfür auch wieder „Friday for Future“-Ikone Greta Thunberg angekündigt.

Abseits der dezidierten Demonstrationen finden sich auch in der gesamten Innenstadt von Malmö Aufkleber und Plakate, die den „Genocide Contest“ anprangern, weil Israel trotz des laufenden Gaza-Krieges nicht vom Bewerb disqualifiziert wurde. Auch in der Malmö Arena wurde Eden Golan vor, nach, aber auch während ruhiger Stellen ihrer Ballade „Hurricane“ immer wieder von nicht geringen Teilen des Publikums ausgebuht. Das TV-Publikum bekam davon nichts mit, die lautstarke Missgunst für Israel wurde offenbar tontechnisch angepasst. (APA/Red.)

Finale 

Am Samstagabend geht in der schwedischen Hafenstadt Malmö das große Finale des 68. Eurovision Song Contests über die Bühne. Die rot-weiß-rote Kandidatin hat dabei mit ihrer Technohymne „We Will Rave“ den letzten Startplatz des 26-köpfigen Feldes ausgefasst. Die Buchmacher rechnen der 29-Jährigen derzeit einen Platz im oberen Mittelfeld aus. Als klarer Favorit geht Kroatiens Sänger Baby Lasagna ins Rennen, der mit „Rim Tim Tagi Dim“ eine der härtesten Nummern des Tournaments aufbietet. Auf den letzten Metern zum Co-Favoriten gemausert hat sich indes die israelische Kandidatin Eden Golan mit ihrer Ballade „Hurricane“, die das Feld von hinten aufzurollen scheint, obgleich die Teilnahme Israels während des Gaza-Krieges in Malmö umstritten ist.

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