FMA-Bilanz

Aufsicht warnt: Kreditqualität der Banken erodiert

FMA-Vorstand Eduard Müller will sich wieder für den Aufsichtsposten bewerben. Seine Position wurde vorzeitig ausgeschrieben.
FMA-Vorstand Eduard Müller will sich wieder für den Aufsichtsposten bewerben. Seine Position wurde vorzeitig ausgeschrieben.„Die Presse“ Fotos extern
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Der FMA-Vorstand warnt Banken vor zu hohen Gewinnausschüttungen. Doch die Chefs der Aufsicht standen auch selbst im Fokus. Eduard Müller will sich wieder für den Vorstand bewerben, und Helmut Ettl erklärt, er habe das Gusenbauer-Interventionsmail nur an die EZB weitergeleitet.

Wien. Helmut Ettl und Eduard Müller blicken auf ein turbulentes Jahr zurück. Als Doppelvorstand der Finanzmarktaufsicht (FMA) ist es ihre Hauptaufgabe, auch in schwierigen Zeiten die Finanzmarktstabilität im Auge zu behalten. Zwar sei Österreichs Finanzmarktplatz „liquide und profitabel aufgestellt“, sagte Müller bei der Präsentation der Jahresbilanz 2023. Aber er spart nicht mit vielen Warnungen und adressiert dabei vor allem die Banken.

Müller erinnert an die US-Bankenkrise, die auch in Europa für Unsicherheit gesorgt hat, sowie an die angespannte Lage bei Lieferketten und die geopolitischen Spannungen wie den Ukraine-Krieg und den Terroranschlag der Hamas auf Israel, der den Krieg im Gazastreifen ausgelöst hat. Vor diesem Hintergrund sei der Finanzmarkt „stabil“, sagte Müller. Auch die Banken stehen mit einer Kernkapitalquote (CET-1) von 17,09 Prozent (2022: 16,27 Prozent) „sehr solide da“. Dabei handelt es sich um einen Rekordwert. Die Quote liegt damit mehr als doppelt so hoch wie vor der globalen Finanzkrise. Die hohen Bankgewinne seien der Zinsentwicklung geschuldet.

Banken im Visier der Aufsicht

Sorgen bereiten unter anderem die hohe Anzahl an Insolvenzen. Die Entwicklung gehe über die Corona-Effekte hinaus, sagte Müller. Das wirke sich auf die Qualität der Unternehmenskredite aus. Hier ist ein „massiver Anstieg“ der faulen Kredite (CRE-NPL) ersichtlich.

Der Anteil notleidender Kredite (NPL) ist konsolidiert hingegen signifikant angestiegen, und zwar von 1,7 Prozent aller Ausleihungen auf 2,2 Prozent. Bei den Finanzierungen gewerblicher Immobilien stieg die NPL-Quote sogar von 1,1 auf 3,3 Prozent innerhalb eines Jahres. Der signifikante Anstieg spiegle sich bei den Banken bereits in einer erodierenden Kreditqualität wider. Die FMA müsse also weiterhin zu einer besonnenen Ausschüttungspolitik ermahnen. Die Kapitalbasis müsse weiter verbessert, die Verlusttragfähigkeit gestärkt werden.

FMA

Die Krise der Bau-, Immobilien- und Exportwirtschaft werde wohl noch einige Zeit andauern und auch in den Bilanzen der Finanzdienstleister Spuren hinterlassen.

Wenn man eine Immobilienblase vermeiden wolle, müsse man handeln, sagte Müller. Viele mögen das Zinsrechnen verlernt haben, aber wer während der hohen Inflation variable Kredite bezahlen musste, habe bitteres Lehrgeld bezahlt, so Müller. Nicht die KIM-Verordnung war für den Rückgang der Neukreditvergabe verantwortlich. Diese sei mit der Zinswende zeitlich zusammengefallen. 1,3 Milliarden Euro aus den Ausnahmekontingenten werden nicht ausgeschöpft. Jede zweite Bank habe etwa 50 Prozent dieses Finanzrahmens noch zur Vergabe frei.

Für Aufregung sorgten die Untersuchungen zum inzwischen insolventen Immobilienkonzern Signa. Die FMA habe früh geprüft und auf Klumpenrisken geachtet. Die Insolvenz sei bei allen österreichischen Banken verkraftbar und stelle kein Risiko für die Finanzstabilität dar. Es wurden deutlich mehr Managementgespräche mit Banken geführt als im Jahr 2022.

Maßnahmen der Aufsicht direkt vor Ort der betroffenen Institution.
Maßnahmen der Aufsicht direkt vor Ort der betroffenen Institution.FMA

Angesprochen auf einen Einflussversuch des ehemaligen Signa-Aufsichtsrats, Alfred Gusenbauer, per Mail sagte Ettl, dass er sehr viele Zuschriften bekomme – 2000 pro Jahr „von prominenten und weniger prominenten Personen“. Gusenbauer soll ihn gebeten haben, für Signa mit Aufsichtsverantwortlichen zu sprechen. Ettl habe die Zuschrift an die EZB weitergeleitet. „Ich habe das Schreiben weitergeleitet und sonst keine Tätigkeiten ausgeführt“, versichert der FMA-Vorstand.

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„Das Kapital der FMA sind nicht Maschinen, sondern das Hirn“, sagte Ettl. 2023 hat die FMA mit 424 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern 884 konzessionierte oder registrierte Unternehmen beaufsichtigt, die zusammen Vermögenswerte von rund 1360 Mrd. Euro verwalten. Das Gesamtbudget der FMA betrug im Berichtsjahr rund 89,3 Millionen Euro (2022: 78,4 Mio. Euro), wovon 10,5 Mio. Euro als Durchlaufposten für die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) als Teilkostenersatz für deren Dienstleistungen einzuheben waren.

5,1 Mio. Euro der Kosten deckt der Bund pauschal, acht Mio. Euro wurden durch Gebühren und sonstige Erträge gedeckt, der Rest ist verursachergerecht auf die Beaufsichtigten umzulegen. Davon entfielen auf die Banken 55,4 Prozent, die Wertpapieraufsicht 24,5 Prozent, Versicherungsunternehmen 18,4 Prozent und Pensionskassen 1,7 Prozent. Der Kostenanstieg war großteils auf die inflationsbedingten Gehaltserhöhungen gemäß Banken-KV sowie eine maßvolle Personalaufstockung um 16 Beschäftigte, zur Bewältigung neu übertragener Aufgaben, zurückzuführen. Derzeit wurde die Position von Eduard Müller vorzeitig ausgeschrieben; er gab an, sich wieder zu bewerben.

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