Glosse

Gar nicht so rabiat: Dank Barbara und ihrer Rhabarberbar wird die deutsche Sprache weltweit gefeiert

Pünktlich zur Rhabarbersaison wurde der deutsche Rap „Barbaras Rhabarberbar“ zum Tiktok-Hit.
Pünktlich zur Rhabarbersaison wurde der deutsche Rap „Barbaras Rhabarberbar“ zum Tiktok-Hit.imago stock&people
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Das Deutsche sei umständlich und aggressiv, heißt es gerne. Ausgerechnet ein Zungenbrecher könnte jetzt seine Reputation retten.

Die deutsche Sprache hat international ja nicht die beste Nachred’. Grob und umständlich sei sie, ihre Wörter seien unnötig lang, sperrig und überhaupt aggressiv. Tja, was soll man sagen: Was andere Sprachen lieblich „butterfly“, „papillon“ oder „mariposa“ nennen, heißt bei uns „SCHMETTERLING!“, wo andere weiche Silben hauchen, klingt bei uns sogar die „LUFTMATRATZE!“ hart. Kann man es jenen, die sanfte Klänge bevorzugen, verübeln, wenn sie dazu ein so schmerzverzerrtes Gesicht machen, als hätte jemand „SCHMERZVERZERRT!“ gesagt?

Die Schmähung des Deutschen gehört daher unter linguaphilen Menschen weltweit zu einer beliebten Übung. Obwohl die Vergleiche, die da etwa auf Youtube in die Kamera gekläfft werden, oft ziemlich übertrieben sind. Als würden wir alle reden wie Wehrmachtssoldaten in Kriegsfilmen. Und auch wenn andere Sprachen, was Plosivlaute und Konsonantenketten (sagen Sie das mal in Endlosschleife!) angeht, noch deutlich härter sein können: Den Ruf werden wir wohl nicht mehr los.

Oder doch? ÜBERRASCHUNG! Ausgerechnet ein deutscher Zungenbrecher lässt die Welt gerade ganz ohne Schreckensgebaren tanzen. Und auch wenn die allermeisten keine Ahnung haben, was in „Barbaras Rhabarberbar“ genau passiert, sind sie fasziniert davon, wie rund und rapide diese Reime den beiden Rappern über die Lippen rollen. Unter Logopäden ist der Zungenbrecher schon lange bekannt. Vor ein paar Monaten haben zwei Deutsche ihn zu einem Rap auffrisiert und mit einem Beat unterlegt: Bodo Wartke, deutscher Musikkabarattist und Theatermacher, der auf Youtube etwa auch schon die Zwölftonmusik und deren demokratisches Prinzip (“Black Keys Matter“) erklärt hat, und Marti Fischer, Produzent und Youtuber. Flugs wurde ein Tiktok-Hit daraus, auch die Grünen-Politikerin Sigi Maurer rappte dort schon vor einigen Wochen textsicher mit. Und eine australische Tiktok-Nutzerin gab die Moves vor, mit denen jetzt weltweit dazu getanzt wird, wie Barbara eine Rhabarberbar eröffnet und sogar die Barbaren angesichts von Barbaras abartig gutem Rhabarberkuchen ihr barbarisches Gebaren fahren lassen …

Eine Parade der Barden und Barbaren: Bravo!

„I can‘t stop listening to this“, schreibt ein Fan, wohl erstaunt darüber, dass man auf Deutsch auch rappen kann. Dass man bravourös babbeln kann in einer Sprache, die als rabiat galt. Und jemand merkte an: „Eminem has been real quiet since this dropped.“ (Über Eminems Meinung zu Rhabarber und zum Deutschen im Allgemeinen ist wenig überliefert). Wartke und Fischer feuern den Hype selbst an: Kürzlich dichteten sie einen zweiten Teil, in dem Barbara Besuch von den Baden-Badener Rhabarberbarballadenbarden bekommt. Welch wahre Parade!

Bar jeden Zynismus: Schön, wenn die Reputation des Deutschen auf der Welt damit einen kleinen Booster bekommt. Wenn unsere Sprache damit zwar nicht als weniger umständlich angesehen, aber immerhin das Schöne daran erkannt wird. Und die Welt in uns nicht nur Sprachbarbaren, sondern eben auch Barden sieht. Wir wollen keine sanften Gehöre brechen, höchstens unsere eigenen Zungen. So wahr Brautkleid Brautkleid und Blaukraut Blaukraut bleibt.

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