Niederlande

Hievt Rechtspopulist Wilders einen Sozialdemokraten an die Regierungsspitze?

Der Rechtspopulist Geert Wilders (hinten) und sein Koalitionsverhandler, der Sozialdemokrat Ronald Plasterk, bei einem Auftritt im Parlament im Februar.
Der Rechtspopulist Geert Wilders (hinten) und sein Koalitionsverhandler, der Sozialdemokrat Ronald Plasterk, bei einem Auftritt im Parlament im Februar.Imago / Remko De Waal
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Nachdem sich am Mittwoch eine Koalition aus vier Mitte-Rechts-Parteien konstituiert hat, wird über den neuen Premier gerätselt. Wahlsieger Geert Wilders wird es nicht sein. Aber womöglich sein politisch linker Koalitions-Sondierer, Ex-Minister Ronald Plasterk.

Den Haag. In den Niederlanden wird nach der am Mittwochabend verkündeten Bildung einer Regierung aus vier Mitte-rechts-Parteien, die das monatelange Ringen seit der Parlamentswahl im November beendet hat, um die Person des neuen Regierungschefs gerätselt. Klar ist nämlich, dass es der wahre Sieger der Wahl, der Rechtspopulist Geert Wilders, nicht sein wird.

Dessen Partei für die Freiheit (PVV) lag zwar mit 23,5 Prozent der Stimmen klar auf Platz eins (auf Rang zwei folgte abgeschlagen ein Wahlbündnis zwischen den Links-Grünen und Sozialdemokraten mit 15,8 Prozent), aber jene anderen rechten und Mitte-Parteien, mit denen Wilders eine Koalition anstrebte, wollten diesen nicht als Premier haben. Umgekehrt war das linke Parteienspektrum an einer parlamentarischen Mehrheit bzw. einzelne seiner Parteien an einer Einbindung in einer Koalition mit bürgerlichen gescheitert.

Klare Mehrheit im Parlament

„Wir haben eine Vereinbarung“, sagte Wilders derweil am Mittwoch in Den Haag. Der Inhalt des Abkommens wurde zunächst nicht veröffentlicht, es musste auch erst das Parlament informiert werden. Die künftigen Regierungsparteien sind jedenfalls neben der auch als EU- und islamkritisch geltenden PVV von Wilders die rechtsliberale Volkspartei VVD des bisherigen Langzeitpremiers Mark Rutte (57), angeführt von der türkisch-kurdisch-stämmigen Ex-Justizministerin Dilan Yeşilgöz (46), die neue rechtskonservative NSC (Neuer Gesellschaftsvertrag) von Pieter Omtzigt (50) sowie die rechtspopulistische Bauernpartei BBB (Bauern-Bürger-Bewegung) von Caroline van der Plas (56). Die Koalition hat 88 der 150 Sitze im Parlament bzw. der dortigen Zweiten Kammer der Generalstaaten.

Wilders (links) und seine Koalitionspartner Dilan Yeşilgöz (Volkspartei), Caroline van der Plas (Bauern-Bürger-Bewegung) und Pieter Omtzigt (Neuer Gesellschaftsvertrag).
Wilders (links) und seine Koalitionspartner Dilan Yeşilgöz (Volkspartei), Caroline van der Plas (Bauern-Bürger-Bewegung) und Pieter Omtzigt (Neuer Gesellschaftsvertrag).Imago / Koen Van Weel

Geplant ist offenbar ein loses Bündnis mit einer Ministerriege, die etwa zur Hälfte aus parteilosen Experten besteht. Als möglicher Ministerpräsident war zuletzt der frühere sozialdemokratische Minister Ronald Plasterk (67) im Gespräch. Plasterk war 2012 bis 2017 Innenminister im Kabinett Rutte II und zuvor von 2007 bis 2010 Minister für Bildung, Kultur und Wissenschaft.

Der Molekularbiologe, Unternehmer und Kolumnist wäre eine interessante Wahl, denn just ihn, also den Sozialdemokraten, wenngleich einer der innerparteilich rechten Fraktion, hatte Wilders erkoren, die Koalitionssondierungen zu führen. Plasterk gilt indes als umgänglich, politisch flexibel, diplomatisch, und würde auch im Ausland reüssieren.

Ronald Plasterk.
Ronald Plasterk.APA / AFP / Remko De Waal

Um den Weg für seine Regierung freizumachen, hatte Wilders Forderungen wie ein Verbot von Moscheen auf Eis gelegt, seine Anti-EU-Position gemildert und ebenso seine Kritik an Waffenlieferungen an die Ukraine. Er erklärte sich bereit, auf das Amt des Regierungschefs zu verzichten.

Wilders als heimlicher „Motor“

Allerdings zeichnet sich ab, dass er so ziemlich die treibende Kraft bzw. der Motor der Koalition sein wird. So wird es wohl, wie mittlerweile durchgesickert ist, eine sehr harte Migrations- und Flüchtlingspolitik geben, die allerdings auch schon von der VVD bzw. Yeşilgöz angekündigt worden ist. Die Medienförderung dürfte gekürzt und vier neue Atomkraftwerke gebaut werden, man will die Umweltauflagen für Bauern senken, Beamtenjobs abbauen und Subventionen für Entwicklungshilfe senken. Investiert werden soll u. a. massiv in Wohnungen.

Der bisherige Premier Rutte ist seit mehr als 13 Jahren Regierungschef. Im Sommer 2023 war seine Mitte-Rechts-Koalition im Streit über die Asylpolitik geplatzt. Rutte kündigte daraufhin seinen Abschied aus der Politik an, er ist nun aussichtsreichster Kandidat für das Amt des Nato-Generalsekretärs. (DPA/Reuters/wg).

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