Autoindustrie

Volkswagen wirft E-Auto-Pläne über Bord

Der Plan von Volkswagen, alles auf Elektroautos zu setzen, ist vom Tisch. 
Der Plan von Volkswagen, alles auf Elektroautos zu setzen, ist vom Tisch. Imago / Darius Simka Via Www.imago-images.de
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Der Autobauer hat die Suche nach externen Investoren für seine Batteriesparte eingestellt. Pläne für eine zwei Milliarden Euro teure Elektroautofabrik in Deutschland wurden aufgegeben. VW ist nicht der einzige Konzern, der sich aufgrund der Abkühlung der Elektromobilität neu orientieren muss.

Der Plan von Volkswagen, alles auf Elektroautos zu setzen, ist vom Tisch. Die Kernmarke des gleichnamigen Wolfsburger Konzerns, die ihre Elektroauto-Familie ID als Schlüssel für ihre Zukunft angepriesen hatte, räumte letzte Woche ein, dass sie mehr Plug-in-Hybride brauchen werde, um den nachlassenden Verkauf von reinen Elektroautos auszugleichen.

Dies ist nur die jüngste Anpassung, die VW an seiner Elektrifizierungsstrategie vornimmt. Zuvor hatte der Autobauer schon mehrere Modellneuheiten verpatzt und ist in China, wo mittlerweile heimische Marken dominieren, ins Hintertreffen geraten. VW hat auch die Suche nach externen Investoren für seine Batteriesparte eingestellt und Pläne für eine zwei Milliarden Euro teure Elektroautofabrik in Deutschland aufgegeben.

VW-Chef Blum mit drastischer Kehrtwende

Tatsächlich verkauft der Autohersteller noch so viele Verbrenner, dass er auf dem besten Weg ist, seine Emissionsgrenzwerte im nächsten Jahr zu überschreiten. Das hat den Vorstandsvorsitzenden Oliver Blume dazu veranlasst, die europäischen Regulierungsbehörden um Nachsicht zu bitten. Sein Vorgehen ist eine drastische Kehrtwende im Vergleich zu vor nur drei Jahren, als VWs aggressives Lobbying für Elektroautos in der Europäischen Union eine Kluft zwischen dem Unternehmen und einigen seiner Konkurrenten aufriss.

VW hatte kaum eine andere Wahl, als sich auf seine Elektrifizierungsbotschaft zu stützen, nachdem das Unternehmen stark auf “saubere” Dieselmotoren gesetzt hatte. Diese Wette ging schief, als das Unternehmen beim Betrug bei Abgastests ertappt wurde, was einen harten Schwenk zu batteriebetriebenen Fahrzeugen erzwang. Noch 2019 kündigte der damalige CEO Herbert Diess an, in den nächsten zehn Jahren bis zu 75 vollelektrische Modelle auf den Markt zu bringen.

Viele Führungskräfte verärgert

Seine Elektroautos-oder-Pleite-Strategie – Diess argumentierte, dass die Autohersteller sich schnell umstellen müssten, wenn sie überleben wollten – verärgerte Führungskräfte von Turin bis Tokio, die sich mehr Zeit und Flexibilität für die Umstellung von Verbrennungsmotoren wünschten. Der Vorstandsvorsitzende sah für Volkswagen damals den Vorteil des Vorreiters.

Die Elektromobilität „hat das Rennen gewonnen“, sagte Diess bei der Vorstellung der VW-Batteriestrategie 2021. „Viele in der Branche haben unseren Ansatz in Frage gestellt. Heute ziehen sie nach, während wir die Früchte ernten.“ Auch wenn diese Früchte nicht so üppig ausfielen wie von VW erhofft, wendet sich das Unternehmen nicht völlig von Elektroautos ab.

Blume geht Partnerschaften mit Unternehmen wie Xpeng ein und bereitet eine neue Elektromarke in China vor, die mit Gadgets ausgestattete Modelle anbietet, um junge, an BYD und Tesla verlorene Kunden zurückzugewinnen. VW hat auch mit europäischen Unternehmen wie Renault Gespräche über die Entwicklung preiswerterer E-Fahrzeuge geführt, um den Massenmarkt für sich zu gewinnen.

Autobauer orientieren sich neu

VW ist nicht der einzige Konzern, der sich aufgrund der Abkühlung der Elektromobilität neu orientieren muss. Länder wie Deutschland und Schweden haben die Subventionen für Elektroautos, die in der Regel immer noch teurer sind als Verbrennungsfahrzeuge, gestrichen oder gekürzt, was der gesamten Branche schadet. Auch die Lücken in den öffentlichen Ladenetzen schrecken potenzielle Käufer weiterhin ab.

Stellantis kündigte am Dienstag an, ab September gemeinsam mit einem chinesischen Partner entwickelte Autos in Europa zu verkaufen, um die Kosten für seine Elektroautos zu senken. Mercedes-Benz hat die Entwicklung einer Plattform für neue elektrische Luxuslimousinen gestoppt, um Geld zu sparen, und will länger als geplant benzinbetriebene Autos verkaufen. BMW, das beim Verkauf von Elektroautos erfolgreicher ist als seine deutschen Konkurrenten, warnte diese Woche, dass der Plan der EU, den Verkauf von Neuwagen mit Verbrennungsmotor bis 2035 zu verbieten, der Branche schaden werde. Die europäischen Regulierungsbehörden werden diese Politik 2026 überprüfen.

Schwerer Schlag für Tesla

Der Abschwung hat selbst Tesla einen schweren Schlag versetzt. Der US-Autobauer hat in diesem Jahr 235 Milliarden Dollar an Marktkapitalisierung verloren, mehr als das Dreifache der aktuellen Bewertung von VW. CEO Elon Musk hat dennoch die Autohersteller für ihren Rückzieher kritisiert.

„Die Akzeptanz von Elektroautos steht weltweit unter Druck, und viele andere Autohersteller ziehen sich bei Elektroautos zurück und setzen stattdessen auf Plug-in-Hybride“, sagte Musk letzten Monat bei der Vorstellung der Ergebnisse des ersten Quartals von Tesla. „Wir glauben, dass dies nicht die richtige Strategie ist und dass Elektrofahrzeuge letztendlich den Markt dominieren werden.“ (Bloomberg)

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