Premier gesucht

Neue niederländische Rechtskoalition plant „strengste Asylpolitik, die es je gab“

Wahlsieger Geert Wilders (li.) und seine Koalitionspartner Dilan Yeşilgöz (Volkspartei), Caroline van der Plas (Bauern-Bürger-Bewegung) und Pieter Omtzigt (Neuer Gesellschaftsvertrag).
Wahlsieger Geert Wilders (li.) und seine Koalitionspartner Dilan Yeşilgöz (Volkspartei), Caroline van der Plas (Bauern-Bürger-Bewegung) und Pieter Omtzigt (Neuer Gesellschaftsvertrag).Imago / Koen Van Weel
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Die neue niederländische Regierung plant Einschränkungen in den Bereichen Aufenthaltsrecht, Sozialhilfe und Familiennachzug. Ein Regierungschef für die Viererkoalition wird noch gesucht. Wilders wird es nicht sein, es könnte just ein Sozialdemokrat werden.

Der Rechtspopulist Geert Wilders, der klare Sieger der Parlamentswahl im November, hat nach der gestrigen Formierung einer Mitte-Rechts-Koalition aus vier Parteien einen radikalen Kurswechsel für die Niederlande angekündigt. „Wir schreiben heute Geschichte“, sagte der Politiker am Donnerstag in Den Haag bei der Präsentation der Koalitionsvereinbarung. Erstmals seit etwa 20 Jahren stehe er im „Zentrum der Macht“, wie er sagte. Und: „Die Sonne wird wieder scheinen in den Niederlanden.“ Wilders versprach unter anderem, und das ist durchaus eine Hauptsäule der künftigen Politik, „die strengste Asylpolitik, die es jemals gab“.

Vor knapp sechs Monaten hatte der 60-Jährige mit seiner Partei für die Freiheit (PVV) die Parlamentswahl gewonnen. Doch er brauchte mindestens zwei Partner für eine stabile Mehrheit, doch keiner dieser Partner wollte Wilders auch als Premier sehen. Umgekehrt konnte die Linke allein keine Mehrheit im 150-sitzigen Parlament stellen und auch keine Koalition mit Bürgerlichen bilden.

Also verzichtete Wilders aufs Amt des Premiers, um eine rechte Regierung zu ermöglichen. Unklar bleibt weiterhin, wer deren Chef werden soll. Als Kandidat ist der frühere sozialdemokratische Bildungs- und Innenminister Ronald Plasterk (67) im Gespräch. Er stammt vom unideologischen rechten Rand der Arbeiterpartei, ist politisch flexibel und hatte in den Koalitionsverhandlungen im Auftrag von Wilders Sondierungen mit den Parteien geführt.

Schwere soziale Verwerfungen offensichtlich

Die künftigen Regierungsparteien sind jedenfalls neben der PVV die rechtsliberale Volkspartei VVD des bisherigen Premiers Mark Rutte, die neue rechtskonservative NSC (Neuer Gesellschaftsvertrag) sowie die rechtspopulistische Bauern-und-Bürger-Partei BBB.

Laut der Koalitionsvereinbarung will die Regierung vor allem strenge Asyl- und Migrationsregeln durchsetzen. „Die Niederlande müssen strukturell zu der Kategorie Mitgliedsstaaten mit den strengsten Zulassungsregeln von Europa gehören“, heißt es in dem Koalitionspapier. Die Koalition will eine „Asyl-Krise“ ausrufen, um Notmaßnahmen durchsetzen zu können. So soll der Asyl-Status zeitlich befristet werden, Einschränkungen werden angekündigt für den Familiennachzug und die Sozialhilfen. Auch Arbeitsmigration und die Zulassung ausländischer Studenten an niederländischen Universitäten sollen eingedämmt werden.

Parteichefin mit Migrationshintergrund zieht mit

Die Chefin der mitregierenden Volkspartei (Letztere errang Platz drei bei der Wahl und ist die zweitstärkste Kraft der Koalition), die türkisch-kurdisch-stämmige Ex-Justizministerin Dilan Yeşilgöz (46), floh übrigens als Kind 1984 mit ihrer Mutter aus der Türkei in die Niederlande, wo bereits ihr Vater lebte, der als linker Kurde politisch verfolgt worden war. Yeşilgöz hat sich ebenfalls für rigidere Zuwanderungspolitik eingesetzt, wobei sie allerdings die illegale Migration bzw. Asylmigration meint, die auch in den Niederlanden erwartungsgemäß schon zu heftigen sozialen Verwerfungen und Problemen führt.

Weiters will die neue Regierung die geltenden EU-Asylregeln umgehen. „Eine Ausstiegsklausel für die europäische Asyl- und Migrationspolitik wird der Europäischen Kommission so bald wie möglich vorgelegt“, heißt es. Die Reaktion der EU-Kommission kam prompt: Es gebe einen neuen Migrations- und Asylpakt, der angewendet werden müsse, sagte ein Kommissionssprecher in Brüssel mit Blick auf die Pläne in den Niederlanden. Die Kommission werde ihren Teil dazu beitragen, dass die Gesetzgebung umgesetzt wird.

Mehr für Bauern, weniger für Entwicklungshilfe

Nach den Plänen sollen außerdem Umweltauflagen für Bauern gelockert und Förderung für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk stark gekürzt werden. Die Koalition will Beamtenstellen streichen und Subventionen für Entwicklungshilfe und nachhaltige Energie verringern. Investiert werden soll in Wohnungen und den Bau von vier neuen Kernkraftwerken.

Bis die neue Regierung antreten kann, werden voraussichtlich noch vier Wochen vergehen. Zunächst wird das Parlament über die Pläne debattieren. Dann muss das Kabinett zusammengestellt werden. Der bisherige rechtsliberale Premier Mark Rutte hatte seinen Abschied aus der Politik angekündigt und soll Nato-Generalsekretär werden. (APA/dpa/wg)

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