BMW i7 M70

Wie in der Schule: Der beste Platz ist hinten

In dieser Art von Auto parkt man nicht ein, man fährt vor. Es könnte sonst in Arbeit ausarten.
In dieser Art von Auto parkt man nicht ein, man fährt vor. Es könnte sonst in Arbeit ausarten.Clemens Fabry
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Mit dem opulenten i7 M70 zeigt BMW das elektrische Pendant zum Zwölf­zylin­der. Ein Festspiel von Technik, die sich manchmal selbst im Weg steht.

Reichtum kann auch eine Bürde sein. Denn so ganz einfach lassen sich knappe 5,4 Meter Länge nicht verstauen in der Stadt. Es wird ja neuerdings bei Gehsteigen auf den Überhang von Fahrzeugen geachtet und allenfalls zu Sanktionen gegriffen. Da sieht man sich am Steuer des BMW i7 im Boot mit hemdsärmeligen Lenkern von Transportern und anderen Nutzfahrzeugen, die ihre Fuhren irgendwo parken müssen. Wobei die auf Ladezonen hoffen können.

Aber vermutlich sind das Sorgen, die sich die Klientel nicht zu machen braucht, weil vorn ein Chauffeur sitzt, der alle Arbeit verrichtet. Wozu sonst wäre die luxuriöse Lounge im Fond des Autos gut? Ist der Beifahrersitz vorgefahren, lässt sich hinten fast eine Liege einrichten, mit Massagefunktion zum Schlummern auf dem Weg zur General Aviation, bei der die Gulfstream oder Citation wartet.

Autokino an Bord

Oder zur Nutzung des mitgeführten Autokinos. Das fast 80 Zentimeter breite Panoramadisplay klappt auf Knopfdruck vom Dachhimmel aus, während blickdichte Rollos an Heck- und Seitenscheibe den Innenraum verdunkeln. Wir haben den nicht ganz unkomplizierten Startvorgang bewältigt (ein Fall für den Chauffeur) und konnten tatsächlich etwas Wartezeit mit YouTube-Videos überbrücken.

Der 8K-Bildschirm ist viel besser als der zu Hause (in unserem Fall), während der Surround-Sound von Bowers & Wilkins (4875 Euro) regelrecht bombastisch ist. Der „Theatre Screen“, den BMW eigens im Haus entwickelt hat, ist im „Lounge Paket“ um 5655 Euro enthalten und dürfte als ziemlich exklusives i7-Asset wohl in den meisten Bestellungen enthalten sein.

Blick aus dem Fond ins Cockpit. Alles leuchtet, glimmt und blinkt wie in einem japanischen Pachinko.
Blick aus dem Fond ins Cockpit. Alles leuchtet, glimmt und blinkt wie in einem japanischen Pachinko.Clemens Fabry

Apropos exklusiv: Der i7 hat ein englisches Schwestermodell – den Rolls-Royce Spectre, dem er als technische Plattform dient. Bei gleichem Radstand trägt der Elektro-Royce auf fast fünfeinhalb Metern Länge noch etwas mehr Opulenz zur Schau, wiewohl als zweitüriges Coupé (womit die Option Autokino entfällt).

Details mit Manufaktur-Qualität: Sitzverstellung und Blende über einer kleinen Gesandtschaft der vielen W&B-Lautsprecher an Bord.
Details mit Manufaktur-Qualität: Sitzverstellung und Blende über einer kleinen Gesandtschaft der vielen W&B-Lautsprecher an Bord. Clemens Fabry

Und man muss feststellen: In Luxussphären funktioniert das rein Elektrische hervorragend, vielleicht sogar am besten von allen Kategorien. Preis und Fahrzeuggewicht spielen keine Rolle, ebenso wenig das Kapitel Wertbeständigkeit, wenn ohnehin bald das nächste Milliardärs-Must-have angeschafft wird. Ums Laden kümmert sich ein Bediensteter, für die Langstrecke gibt’s den Jet. Und bei der Fahrkultur kommt Elektroantrieb dem geschmeidigen Lauf eines Zwölfzylinders, von dem man ohnehin kaum etwas hört oder spürt – außer auf Wunsch mächtig Druck –, verblüffend nahe.

Weniger Klimbim wäre mehr Luxus

Auf Druck versteht sich das Aufgebot der beiden E-Maschinen an Vorder- und Hinterachse (das Gehäuse für Motor und Getriebe kommt aus dem BMW-Werk Steyr). Der supersportwagenmäßige Wert für den Null-auf-100-Sprint wirkte glaubwürdig, als wir an geeigneter Stelle den Sport-Modus anwählten, auf Bremse und Fahrpedal gleichzeitig stiegen und dann den linken Fuß lüpften. Dem Spektakel der Fliehkraft fügt BMW noch die akustische Untermalung eines Raketenstarts hinzu.

Die Einfassung des Kühlergrills ist selbstredend beleuchtet. Die Scheinwerfer wirken etwas geknautscht, das ist der neue 7er-Look.
Die Einfassung des Kühlergrills ist selbstredend beleuchtet. Die Scheinwerfer wirken etwas geknautscht, das ist der neue 7er-Look. Clemens Fabry

Eher nur gut gemeint sind die automatischen Türen – die nervten zuweilen (im Spectre gibt’s nur zwei davon, nach Markentradition gegenläufig angeschlagen). Theoretisch sollen sie den Chauffeur ersetzen, der der Herrschaft stets dienstbar den Verschlag öffnet. Ein Knopfdruck sollte genügen. Aber ihre Launen, ob sie nun ganz aufschwangen oder nur einen Spaltbreit, das trug eher zur Erheiterung Umstehender bei. Vielleicht fehlte es nur an Geduld, aber am Ende zerrte man gegen elektrischen Widerstand selbst daran wie ein patscherter Narr.

Die Zweitonlackierung Saphirschwarz metallic kostet 10.125 Euro extra. Die Hinterachse lenkt mit, was Parkmanöver tatsächlich sehr erleichtert.
Die Zweitonlackierung Saphirschwarz metallic kostet 10.125 Euro extra. Die Hinterachse lenkt mit, was Parkmanöver tatsächlich sehr erleichtert. Clemens Fabry

Ganz grundsätzlich sind wir im Luxusbereich noch nicht bei der Erkenntnis angelangt, dass weniger mehr wäre. Die unzähligen schlauen Funktionen und Features buhlen allesamt um Aufmerksamkeit, unermüdlich will einem das Auto Gutes tun, bis man sich leicht erschöpft am mit Funktionen überfrachteten Lenkrad wünscht, in einem 3er-BMW von 1990 zu sitzen und ohne elektronisches Störfeuer einfach nur in aller Ruhe die Maschine zu bedienen.

BMW i7 M70

Maße. L/B/H: 5391/1950/1544 mm. Radstand: 3215 mm. Leergewicht: 2770 kg. Kofferraum: 500 Liter.

Antrieb. Elektrosynchronmotor an Vorder- und Hinterachse (Allrad). Leistung: max. 485 kW (659 PS) bei 8000/min. Max. 1015 Nm. Batteriekapazität: 101,7 kWh netto. 0–100 in 3,7 sec. Vmax: 250 km/h.

Testverbrauch: 24,2 kWh/100 km.

Preis ab 177.508 Euro.

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