Slowakei

Fico entging dem Tod „nur um Haaresbreite“

Verteidigungsminister Robert Kaliňák gab vor dem Spital in Banska Bystrica eine Pressekonferenz. Er übernimmt vorübergehend die Regierungsgeschäfte von Robert Fico.
Verteidigungsminister Robert Kaliňák gab vor dem Spital in Banska Bystrica eine Pressekonferenz. Er übernimmt vorübergehend die Regierungsgeschäfte von Robert Fico. Reuters/Leonhard Foeger
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Premier Fico war einen Tag nach dem Schussattentat wieder ansprechbar. Vorläufig übernimmt Vizepremier Kaliňák die Regierungs­geschäfte von ihm.

Bratislava. Der Zustand des linkspopulistischen slowakischen Ministerpräsidenten Robert Fico war am Tag nach dem Attentat noch immer „sehr ernst“. Das betonte am Donnerstag auch Peter Pellegrini, der im April zum Staatschef gewählt worden ist, am späten Donnerstagnachmittag.

Immerhin sei Fico ansprechbar, sagte der Sozialdemokrat nach seinem Besuch in der Roosevelt-Klinik der Regionalhauptstadt Banska Bystrica. Schon zu Mittag hatten sich mehrere Regierungsmitglieder „optimistisch“ über den Gesundheitszustand des Regierungschefs geäußert. Die Lebensgefahr schien also gebannt zu sein. Doch Komplikationen in der weiteren Behandlung könnten nicht ausgeschlossen werden.

Die Slowakei steht unter Schock, nachdem ein 71-jähriger Attentäter am Mittwoch auf den linksnationalistischen Premier geschossen hatte, der in der Kleinstadt Handlova an einer Kabinettssitzung teilgenommen hatte. Fünf Stunden lang war Fico nach dem Attentat operiert worden, dem Tod sei er nur „um Haaresbreite“ entgangen, hieß es immer wieder.

Ein Warnsignal

Pellegrini nützte seinen Besuch beim Patienten Fico für mahnende Worte. Das Attentat sei ein Warnsignal für alle Politiker, sie müssten nun ihre Auseinandersetzungen zu mäßigen.

Mit Blick auf die bevorstehende EU-Wahl betonte er: „Eine Wahlkampagne bringt naturgemäß auch Konfrontationen mit sich, Politiker beschuldigen einander, grenzen sich voneinander ab.“ Aber weitere heftige Konfrontationen seien das Letzte, was die Slowakei jetzt brauche. „Darum bitte ich Sie alle, dass Sie ihre Wahlkampagnen unterbrechen oder wenigstens dämpfen, zumindest so lange, bis sich die Situation beruhigt und wir mehr über die Hintergründe dieser Tat wissen.“

Der Sozialdemokrat Pellegrini war sich mit der noch bis Mitte Juni amtierenden liberalen Präsidentin Zuzana Čaputová einig. Auf ihre Einladung hin trafen sich das amtierende und das gewählte Staatsoberhaupt am Donnerstag zu einem gemeinsamen Appell der Mäßigung an die Parteien.

Am selben Tag trat auch das Regierungskabinett zusammen, ohne Regierungschef Fico. Ebenso tagte gestern der Nationale Sicherheitsrat. Man wollte damit wohl der besorgten Bevölkerung signalisieren, dass die Regierung die Lage im Griff habe und weiter arbeiten könne.

Langjähriger Weggefährte von Fico: Kalinák übernimmt

Koalitionsintern wurde indes vereinbart, dass Verteidigungsminister Robert Kalinák Fico bis auf Weiteres vertreten soll. Er ist sein erster Stellvertreter und ein langjähriger politischer Weggefährte.

Unter Sicherheitsexperten brach unterdessen eine Debatte darüber aus, ob Ficos Leibwächter auf den Anschlag richtig reagiert hatten oder für eventuelle Fehler möglicherweise sogar strafrechtlich zur Verantwortung zu ziehen seien.

Unter anderem ein Reporter des öffentlich-rechtlichen Fernsehens RTVS hatte die Situation unmittelbar nach den Schüssen als „chaotisch“ beschrieben: Fico war am Mittwoch um etwa 14.30 Uhr von dem Attentäter angeschossen worden, als er sich nach der Sitzung im Kulturhaus der Kleinstadt Handlová ins Freie begab, um wartende Anhänger zu begrüßen.

Laute Rufe

Nach Augenzeugenberichten soll der Täter den Politiker laut zu sich gerufen und dann aus unmittelbarer Nähe fünf Schüsse auf ihn abgefeuert haben. Die Leibwächter zerrten dann den angeschossenen Premierminister ins Auto.

Daraufhin wurde Fico mit einem Helikopter nach Banska Bystrica gebracht. Der Weg in die Hauptstadt Bratislava war zu weit, um den schwer verletzten Ministerpräsidenten schnell genug versorgen zu können.

Fico hatte im April, nach der Präsidentschaftswahl, vor politischer Gewalt gewarnt. Damals sagte er: „Auf den Straßen werden Regierungspolitiker obszön verflucht.“

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