Cannes und Co.

Red Carpet Fatigue: Stars auf dem roten Teppich, aber keiner schaut hin?

Anya Taylor-Joy absolviert in Cannes Outfitwechsel im Staccato-Tempo. Hier trägt sie Dior und Tiffany.
Anya Taylor-Joy absolviert in Cannes Outfitwechsel im Staccato-Tempo. Hier trägt sie Dior und Tiffany.APA/AFP/Loic Venance
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Ein Schreckensszenario für das Staraufgebot bei Filmfestivals in Cannes oder Venedig wäre die wachsende Gleichgültigkeit des Publikums. Parallel nimmt eine Bewegung Fahrt auf, die zum Blockieren von Influenceraccounts aufruft. Nähern wir uns der aufmerksamkeitsökonomischen Totalübersättigung?

Anya Taylor-Joy hat bisher doch eigentlich alles richtig gemacht, wie man im Nu durch eine begleitende Bildersuche im Internet überprüfen kann. Brav ihren neuen Film „Furiosa: A Mad Max Saga“ begleitet – und zwar so, wie Stars das neuerdings zu tun haben. Was man in der Politik als „Fashion Diplomacy“ bezeichnet, also das Tragen von Outfits mit zu einem Auslandsauftritt passenden Botschaften, ist in weniger subtiler Form längst auch gängige Red-Carpet-Praxis bei Premieren und Award-Shows.

Hauptdarstellerinnen (und -darsteller, fallweise wenigstens auch die Männer) sollen durch die richtige Kleiderwahl ihre Filme bewerben. Margot Robbie etwa mutierte während der nicht endenden Promo-Tour zu dem „Barbie“-Film vorübergehend selbst zur knallpinken Lebendpuppe. Zendaya verwandelte sich dank des Zutuns von Starstylist (oder Stylistenstar) Law Roach phasenweise ebenfalls in ein lebendes Filmplakat – sei es für „Dune“ oder, ganz aktuell, den Tennisfilm „Challengers“.

Mit diesem stacheligen Look bewarb Taylor-Joy den neuesten „Mad Max“-Film bei seiner Premiere in Sydney.
Mit diesem stacheligen Look bewarb Taylor-Joy den neuesten „Mad Max“-Film bei seiner Premiere in Sydney. Imago/Bianca De Marchi

Anya Taylor-Joy nun wieder ist in Cannes unermüdlich im Einsatz, zeigte sich bei vergangenen Premieren des neuen „Mad Max“-Films, etwa in Sydney, passend bekleidet mit Fantasy-Actionfilm-Metallpfeilen. Und doch, urteilte etwa das US-Lifestylemagazin „The Cut“ zuletzt streng, umgebe „Furiosa“ verglichen mit „Barbie“ und „Challengers“ viel zu wenig Hype. Wenigstens ausgehend von den roten Teppichen, die ihm ausgerollt werden. Könnte es etwa sein, dass langsam das Phänomen einer „Red Carpet Fatigue“ um sich greift?

Soziale Medien tun das Ihre, die unablässige Medienproduktion ebenfalls, und letzten Endes sind mittlerweile jede Lifestylemarke, jede Schauspielerin und jeder Stylist dank eigener Kanäle eine kleine Sendestation. Vielleicht umgeben uns, das geneigte Publikum, mittlerweile ja wirklich zu viele Wellen dieser glamourösen Bilderflut, sodass Wegschauen zum einzig möglichen Ausweg wird.

Die #Blockout2024-Bewegung nimmt Fahrt auf

Seit der Met Gala in New York weist übrigens noch ein weiteres Phänomen auf den allmählichen Überdruss von Endabnehmern einer permanenten Contentproduktion hin. Der Hintergrund ist hier allerdings ein anderer und durchaus ernst: Als Reaktion auf fehlende Stellungnahmen von Berühmtheiten zum Gaza-Krieg bzw. ausbleibende Solidarisierung und Hilfeleistung, obendrein befeuert von einem unbedachten Marie-Antoinette-Sager einer Influencerin (Stichwort: „Let them eat cake“ mit Blick auf weniger Privilegierte), riefen Kritikerinnen und Kritiker die #Blockout2024-Bewegung ins Leben.

Hintergedanke der Initiatoren ist hier, dass jeder Like bzw. auch jeder nicht aktive mitgezählte Follower in einem Account zum finanziellen Wohlergehen von Influencern und Social-Media-Superstars wie dem Kardashian-Clan beitragen. Statt sie auf stumm zu schalten oder sich auf den Algorithmus zu verlassen, der wenig „Geliktes“ ohnehin ausblendet, sieht die Blockout-Kampagne vor, aktiv auf den „Blockierknopf“ zu klicken und so die Reichweite dieser Personen zu verringern.

Im Sinne jeder Digital-Detox-Anstrengung wäre derlei ebenfalls sinnvoll, ebenso wie zurückgeschraubte Aufmerksamkeit für Stars auf roten Teppichen und ihre begleitenden Werbekampagnen. Andererseits ist es eben manchmal auch eine ganz angenehme Berieselung, sich durch eine Bildergalerie zu klicken, um nachzuschauen, wer in Cannes gerade mit einem Hund über die Stiege zum Festivalpalast geschritten ist.

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