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„Furiosa: A Mad Max Saga“: Das narrische Maxerl ist jetzt eine Frau

Anya Taylor-Joy brettert im neuen „Mad Max“-Film als Kämpferin Furiosa durch eine Welt voller flammender Menetekel.
Anya Taylor-Joy brettert im neuen „Mad Max“-Film als Kämpferin Furiosa durch eine Welt voller flammender Menetekel.Warner
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Der jüngste „Mad Max“-Film von Regisseur George Miller kommt ganz ohne die Titelfigur aus: Im Mittelpunkt steht eine Heldin aus dem Vorgänger „Fury Road“. Ein mitreißendes Spektakel, wenn auch etwas überfrachtet.

Vielleicht liegt es ja an der schwellenden Angst vor realen globalen Verheerungsszenarien: Postapokalyptische Erzählungen reüssieren derzeit in der Popkultur, von Serien wie „Fallout“ (über die Überlebenden eines Nuklearkriegs) bis hin zu Filmen wie „Planet der Affen: New Kingdom“ (über eine Zukunft, in der ein Virus Primaten zur dominanten Spezies auf der Erde gemacht hat). Das wirft unter anderem auch eine eher frivole Frage auf: Wenn Sie es sich aussuchen könnten, in welcher dystopischen Anderswelt würden Sie am liebsten leben?

Nicht wenige würden wohl wie aus der Wunderwumme geschossen antworten: in jener von George Millers „Mad Max“-Universum! Dieses mag mit seiner unwirtlichen Wüstenei voller grausamer Kleinkriege um drastisch verknappte Ressourcen nicht sonderlich einladend anmuten. Aber es sieht einfach verdammt gut aus – und macht zudem den Eindruck, als könne man dort unter günstigen Umständen Spaß haben. Vor allem, wenn man gern mit frisierten Boliden über Sanddünen düst.

Dass Millers fantastische Endzeit-Vision sich weltweit so großer Beliebtheit erfreut, liegt nicht zuletzt an ihrer ästhetischen Beständigkeit. Kult wurde schon der erste, vergleichsweise karge Beitrag zur langlebigen Filmreihe, den der australische Regisseur und Ex-Notarzt in den 1970ern mit moderatem Budget rund um Melbourne realisierte. „Mad Max“, ein oktanreiches Rachedrama im blechernen Sci-Fi-Gewand, zündete den Karrieremotor des unbekannten Theaterdarstellers Mel Gibson. Und ebnete mit seiner eigentümlichen Mischung aus Vigilantenromantik und Sozialverfallsstudie den Weg für die nach wie vor aberwitzige Fortsetzung „The Road Warrior“ (1981), in der Miller sein vulgärpoetisches Krawallkino quasi von der Bundesstraße auf den Highway bugsierte.

Anya Taylor-Joy statt Charlize Theron

„Fury Road“, der vierte Teil des Filmzyklus, bewies 2015 auf beeindruckende Weise deren Fahrtüchtigkeit im digitalen Zeitalter. Millers Bildsprache hat sich inzwischen längst verselbstständigt: Viele „Mad Max“-Markenzeichen – motorisierter Tribalismus, exzentrische Schrottkonstruktionen – gehören heute zum Grundvokabular der Postapokalypse in der Popkultur, auch Videospielhits wie „Borderlands“ bedienen sich ausgiebig daran. Doch wer „Mad Max“ will, muss nicht zum Schmiedl gehen. Miller ist mit 79 immer noch gut im Rennen.

In seinem jüngsten Wurf, „Furiosa: A Mad Max Saga“, drückt er wieder ordentlich auf die Tube. Der Film, der unlängst bei den Filmfestspielen von Cannes Premiere feierte und jetzt bei uns über die Leinwände brettert, erzählt die Vorgeschichte jener Figur, die eigentlich schon in „Fury Road“ stärker im Vordergrund stand als das berühmte narrische Maxerl. Die todesmutige Furiosa, die aus den Fängen eines Warlords entkam und von diesem durch ein verwüstetes Ödland verfolgt wurde, spielte 2015 noch Charlize Theron. Im neuen Film tritt Anya Taylor-Joy („Das Damengambit“) an ihre Stelle, Mad Max selbst kommt überhaupt nicht vor.

Miller gilt vor allem als begnadeter Actionregisseur. Er selbst sieht sich aber eher als Märchenerzähler und Mythenspinner, was in seinem letzten Film außerhalb des Mad-Max-Orbits, „Three Thousand Years of Longing“ (2022), besonders deutlich wurde. Entsprechend ist auch „Furiosa“ nicht nur Spektakelkunst auf hohem Niveau, sondern – mehr noch als „Fury Road“ – ein ausladendes Endzeit-Epos voller archetypischer Figuren und flammender Menetekel.

Zwar geht es hier wieder einmal um Rache. Doch der herzlose Hauptbösewicht Dementus – mit schwarzhumorigem Gusto und Piratenbart verkörpert von „Thor“-Star Chris Hemsworth – hat allegorischen Charakter: Sein destruktives, toxisch männliches Treiben steht für den falschen Weg, den die Menschheit als Ganzes eingeschlagen hat. Furiosa lenkt entschlossen gegen. Und nach zweieinhalb tatsächlich furiosen, wenn auch im Vergleich zu „Fury Road“ etwas überfrachteten Stunden verrät Miller wieder einmal seine utopistische Ader: Sogar Hass kann im Notfall zum Nährboden für eine bessere Zukunft werden.

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