Deutschland

Banger Blick auf das Grundgesetz

Gespannter Blick auf die Zeremonie. Deutsche am 23. Mai 1949.
Gespannter Blick auf die Zeremonie. Deutsche am 23. Mai 1949. Ullstein Bild/Getty Images
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Das Grundgesetz von 1949 bedeutete den zweiten Anlauf zur Demokratie. Der Plan ging auf. Das 75er-Jubiläum ist freilich überschattet von extremer Polarisierung.

Schön und schlank steht es da, 1400 Gramm schwer, 35 Zentimeter hoch und 24 breit, aber nur 2,7 dick: Das Original des Grundgesetzes, ein großformatiges Buch, in Pergament gebunden, in einem Panzerschrank des Deutschen Bundestags aufbewahrt. Die Schrift des Dokuments nimmt in seiner Kolorierung die drei Farben der Bundesflagge auf, Schwarz, Rot und (im Fall der Initialen) Gold. Das hat unwiderlegbar Stil. Österreich besitzt keine ästhetisch beeindruckende Verfassungsikone dieser Art, der Blick in das Bundesgesetzblatt vom 10. November 1920 ist im Vergleich ein eher nüchternes Erlebnis. Sinnlich überwältigt wird davon keiner, bewährt hat sich Kelsens Meisterstück in der republikanischen Normalität bis heute allemal. Als Rechtsnorm für Bürger und Staat.

Jede Verfassung geht auf irgendeine Form eines Originals zurück, im Fall Deutschlands wird es nur hervorgeholt, wenn die Repräsentanten der beiden höchsten Staatsämter, Präsident oder Kanzlerin, den Amtseid ablegen. Der erste Kanzler, Konrad Adenauer, ließ für sich persönlich eine Prachtausgabe anfertigen, Dutzende weitere wurden als Faksimiles verteilt. Es folgten die notwendigen Abänderungen und Zusätze. Das war der Beginn eines distanzierteren Umgangs mit der Urschrift. Es zählt nicht die Urkunde, das Büttenpapier legt ja auch nicht zwingend die Assoziation mit einer modernen Demokratie nahe, sondern es geht um den Geist dieses Texts, der in die Köpfe eindringen muss.

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