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Sind Sie ein stolzer Europäer?

An meiner Haltung zur europäischen Einigung hat sich zwischenzeitlich nichts geändert.
An meiner Haltung zur europäischen Einigung hat sich zwischenzeitlich nichts geändert.Franz Neumayr/Picturedesk
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Es genügt nicht, bei der Einreise da und dort am Gate rascher abgefertigt zu werden oder einfach durchgehen zu dürfen, damit sich ein Gefühl dafür ausbildet, was es heißt, ein Bürger Europas zu sein.

Im Gegensatz zu vielen Künstlern und Intellektuellen hierzulande war ich seinerzeit, als es um den Beitritt zur EU ging, ein entschlossener Befürworter dieses Schritts. An meiner Haltung zur europäischen Einigung hat sich zwischenzeitlich nichts geändert. Für Österreich speziell sehe ich keine andere Möglichkeit, im europäischen Kontext, aber auch international zu bestehen, und das in so gut wie fast jeder Hinsicht. Lese ich in einer der aktuellen Umfragen, dass bei den Österreichern derzeit die positive Einstellung zur EU zwar klar überwiege, ein rückläufiger Trend aber trotzdem erkennbar sei, stellt sich die Frage: Wie ist das nur gekommen? Die Stimmung, lese ich, sei schlecht, seit 2019 schwinde die Zustimmung zur EU, das Zugehörigkeitsgefühl bröckle, und selbst der Nutzen der Mitgliedschaft wird infrage gestellt. Verhält es sich auch hier vielleicht so, frage ich mich, dass man, wie es öfter vorkommt, die Vorteile einer Sache, die man lang schon genossen hat, übersieht und gar nicht mehr in Rechnung stellt und bloß dem Unbehagen nachgibt, das einzelne Ärgernisse hervorru­fen? Dass nach der Realisierung gewichtiger Schritte eine gewisse Ernüchterung unvermeidlich ist, wie das jeder aus privater Erfahrung kennt?

Zu den Grundfreiheiten der EU gehören insbesondere die Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit. Letztere, die wohl die Hauptmasse der EU-Bürger betrifft, jedenfalls betreffen könnte, hat den Arbeitnehmer im Auge: Er soll sich in den EU-Mitgliedsländern nicht nur frei bewegen, sondern dort auch einen Arbeitsplatz suchen und finden dürfen. Derzeit bewegt sich die Zahl solcher Arbeitsverhältnisse bei etwa vier Prozent der Gesamtbevölkerung der EU. Wie das?

Wo werde ich wohnen?

Findet man tatsächlich einen Job, sagen wir, in Berlin oder Paris, steht man naturgemäß vor der Frage: Wo werde ich wohnen? Die Lage auf dem Wohnungsmarkt ist in allen Ballungsräumen der EU ähnlich: Mieten sind bei brauchbarer Lage meist exorbitant hoch, Eigentum für den Normalverbraucher nur über langjährige Verschuldung leistbar. Was das Arbeitsrecht, die Kranken- und Sozialversicherungssysteme angeht, sieht es besser aus, hier ist die Harmonisierung weiter gediehen, besser gelungen. Doch beim Wohnen? In Sachen Wohnen ist klar erkennbar, dass, wie es so schön heißt, die Vollendung des Binnenmarktes zwar das Geschäft, nicht aber die Bedürfnisse der Durchschnittsbürger, der Arbeitnehmer und damit der großen Zahl im Auge hat. Dazu kommt: Die Nostrifizierung von Zeugnissen aller Art, stets unumgänglich, ist meist schwierig, wenn nicht schikanös.

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