Medizin

Spenderknochen erspart eine zweite Operation

Die Schrauben sind aus Knochenmatrix und verbinden gebrochene Knochen.
Die Schrauben sind aus Knochenmatrix und verbinden gebrochene Knochen.Surgebright
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Knochenbrüche ohne Metallschrauben zu heilen – das schafft eine Erfindung aus Oberösterreich. Die Schrauben aus menschlichem Knochen integriert unser Körper rückstandslos. Das ist weltweit einzigartig.

Ein Patient war total besorgt: In der Radiologie wurde ihm gesagt, dass gar keine Operation an seinem verletzten Handgelenk stattgefunden habe. Denn auf den Röntgenbildern seien keine Schrauben zu sehen. Er werde ja hoffentlich nicht einer Schein-OP aufgesessen sein. Diese Anekdote erzählt Lukas Pastl über die Erfindung von Surgebright. Das Start-up in Oberösterreich stellt orthopädische Schrauben aus menschlichem Knochenmaterial her.

Im Röntgenbild muss man genau schauen, um nach der OP zu erkennen, wo die Schrauben sitzen. Auf Metall wird verzichtet. Nach etwa einem Jahr ist gar nichts mehr von den Teilen zu sehen, denn so schnell werden sie in körpereigenes Gewebe umgebaut. „Ständig entstehen neue Knochenzellen, alte werden abgebaut. Die Zellen wandern in die natürlichen Strukturen der Schrauben ein“, erklärt Pastl, Geschäftsführer bei Surgebright. Förderungen für das Start-up in Lichtenberg bei Linz kamen vom AWS (Austria Wirtschaftsservice), der FFG (Forschungsförderungsgesellschaft) und dem Land Oberösterreich. Die Forschungen laufen am Zentrum für Elektronenmikroskopie (ZFE), einem Mitglied des Dachverbands ACR, der TU Graz und der JKU Linz.

Kosten und Mühen sparen

Die Idee zur Knochenschraube hatte Klaus Pastl, der Mann von Eva Pastl und Vater von Lukas und Thomas, die alle im Unternehmen leitende Funktionen haben, vor vielen Jahren. Der Orthopäde wollte den Patientinnen und Patienten das Risiko einer Metallentfernung ersparen und Problemfälle besser behandeln, wenn Knochenfragmente nicht gut zusammenwachsen. Bisher mussten viele ein zweites Mal operiert werden.

Anwendungen klappen beim Bruch in Hand und Fuß, an Schulter, Schlüsselbein oder Ellbogen. Auch bei Knochenfehlstellungen wie Hallux oder Arthrosen ist die Shark Screw im Einsatz.
Anwendungen klappen beim Bruch in Hand und Fuß, an Schulter, Schlüsselbein oder Ellbogen. Auch bei Knochenfehlstellungen wie Hallux oder Arthrosen ist die Shark Screw im Einsatz.Surgebright

Das belastet nicht nur die Menschen, sondern auch die Kosten des Gesundheitssystems. So spezialisiert sich Surgebright seit 2017 auf die drei bis fünf Millimeter dicken Schrauben aus menschlichem Gewebe, um Brüche in Hand und Fuß, an Schulter, Schlüsselbein oder Ellbogen zu reparieren. Auch bei Knochenfehlstellungen wie Hallux oder Arthrosen hilft die „Shark Screw“, so der Markenname.

„Das Material erhalten wir aus Gewebebanken: Es sind Spenderknochen, die mit einem über Jahrzehnte erprobten Sterilisationsprozess behandelt werden“, sagt Lukas Pastl. Im Gegensatz zur Spenderniere oder -leber muss der Knochen nicht sofort im frischen Zustand transplantiert werden, sondern wird gereinigt, sterilisiert und haltbar gemacht. Für fünf Jahre kann eine Knochenschraube in der Klinik lagern, bevor sie im OP-Saal zum Einsatz kommt. Die Teile sind nicht individuell maßgeschneidert, sondern entsprechen den Maßen herkömmlicher Metallschrauben der Orthopädie. „Außerdem muss nicht wie bei Bluttransfusionen auf die Blutgruppe geachtet werden, denn es handelt sich rein um die Knochenmatrix“, sagt Pastl: „Wir sind weltweit die Einzigen, die Schrauben aus menschlichem Spendergewebe herstellen.“

Im Ausland neidisch

In Österreich verwenden die meisten Kliniken bereits diese Alternative zu Metallschrauben. „Deutsche Ärzte blicken neidisch zu uns. In den nächsten Jahren werden wir auch den deutschen Markt flächendeckend versorgen“, sagt er. Zudem hat in den USA u. a. ein Arzt in Connecticut schon Gefallen an der Innovation aus Österreich gefunden und mehrmals die Knochenschrauben eingesetzt. „Das Schöne ist“, meint Pastl, „wie hoch die Innovationskraft der Ärztinnen und Ärzte in Österreich ist, die in wissenschaftlichen Studien die Anwendungsgebiete der ,Shark Screw‘ weiter erforschen.“

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