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Pfingstdialog 2024

Da sind „ziemlich viele Schwachmatiker“ an der Spitze in Europa

Moderator Walter Hämmerle im Gespräch mit Ministerin Karoline Edtstadler, Andreas Treichl, Präsident des Europäischen Forum Alpbach, Ökonomin Monika Köppl-Turyna und Keynote-Speaker Gabor Steingart.
Moderator Walter Hämmerle im Gespräch mit Ministerin Karoline Edtstadler, Andreas Treichl, Präsident des Europäischen Forum Alpbach, Ökonomin Monika Köppl-Turyna und Keynote-Speaker Gabor Steingart.Fischer
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Führung: Sind die Entscheidungsträger von heute zu schwach für Veränderungen? Beim Pfingstdialog 2024 diskutierten Experten das Thema „Europa zwischen Vielfalt und Leadership“.

Wie Überregulierung, Fake News und Informationsflut die Aufgaben von Führungskräften verändern, erörterten Karoline Edtstadler, Bundesministerin für EU und Verfassung, Monika Köppl-Turyna, Direktorin EcoAustria, Gabor Steingart, Journalist und Medienunternehmer, und Andreas Treichl, Präsident Europäisches Forum Alpbach, mit Walter Hämmerle („Kleine Zeitung“).

Die Rolle der Politik habe sich geändert, so Gabor Steingart, sie sei kein Dienstleister mehr für die Menschen, sondern eine Umerzieherin mit Hang zur Übergriffigkeit.

„Der Beruf des Politikers hat sich in den vergangenen Jahren beeinflusst durch neue Technologien, neue Strömungen und durch eine immer schneller werdende Welt sicher verändert“, räumt Karoline Edtstadler ein, es werde schwieriger, dass die Politik vorangehe und Menschen mitnehme. Geschuldet sei das der Nachrichtenflut, die Faktenchecks nicht immer standhalte: „Vielleicht muss man deshalb grenzwertig umerzieherisch sein.“

Gabor Steingart bei seinem Impuls beim Pfingstdialog.
Gabor Steingart bei seinem Impuls beim Pfingstdialog.Fischer

Andreas Treichl sieht Parallelen zwischen Politik und Wirtschaft in Bezug auf Leadership. „Wir hatten in beiden Bereichen früher mehr Leader“, stellt der ehemalige Erste-CEO fest, „Wenn ich mir die Riege der Wirtschaftskapitäne in Europa ansehe und sie nach ihrer Leadership beurteile, bin ich ziemlich enttäuscht. Da sind ziemlich viele Schwachmatiker an der Spitze.“

Zu wenig Meinungskraft

Es richteten zu viele Wirtschaftsbosse ihre Meinung an jener von Politikern aus, die danach trachten, die nächsten Wahlen zu gewinnen: „Die Politik muss mit der Wirtschaft und der Zivilgesellschaft eng zusammenarbeiten, aber wenn es auf beiden Seiten zu viele Führungskräfte gibt, die sich nicht artikulieren können, nicht den Mut haben, anzupacken und Missstände aufzuzeigen, wird sich nicht viel ändern.“ Wenn man die Diskurskultur von Führungskräften und Politikern in den USA und Europa vergleiche, wisse man, weshalb es in Amerika besser läuft. „Die Regulierung hat in Europa dermaßen überhandgenommen, dass Führungspersönlichkeiten ihrer Entscheidungsmöglichkeit extrem beraubt wurden.“

„Trotz aller Probleme ist Europa ein enormer wirtschaftlicher Gewinn für alle“, ist Monika Köppl-Turyna überzeugt. Europa solle sich auf die Kernaufgaben Umwelt und Energie, Forschung und Bildung, und Grenzsicherung und Migrationspolitik konzentrieren. Im Micromanagement-Ansatz der EU sieht die Ökonomin kein Leadership: „Gute Manager sind Leader, die Mitarbeitern viel Freiheit lassen. Die EU verfolgt einen komplett anderen Weg.“

Bürokratie abbauen

Dem schließt sich Edtstadler an. „Wir müssen bürokratische Hürden abbauen, denn im Micro-Management zerreiben wir uns und wundern uns, weshalb unsere Unternehmer nicht jene Chancen haben, die ein Binnenmarkt bieten sollte“, so die Ministerin. „Das Einstimmigkeitsprinzip ist dem Leadership-Gedanken nicht zuträglich“, verortet Gabor Steingart einen Schwachpunkt der EU, „Europa muss effizient sein und es muss für die Menschen ökonomisch liefern.“ Derzeit steigt Europa im Vergleich zu den USA und Asien ab: „Wir haben weniger Europa auf der Welt, weniger europäische Produkte und weniger europäischen Wohlstand.“


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