Arbeitsmarkt

Auch Flüchtlinge finden Jobs in Österreich – haben aber Probleme, sie zu behalten

In der Gastronomie arbeiten traditionell viele Zuwanderer.
In der Gastronomie arbeiten traditionell viele Zuwanderer. Mathias Kniepeiss
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Der Integrationsfonds hat Migranten aus elf Ländern zu ihren Erfahrungen am Arbeitsmarkt befragt. Dabei zeigt sich: schlechtes Deutsch ist nicht zwingend ein Grund für Arbeitslosigkeit.

Wien. Wie gut sich Zuwanderer in den Arbeitsmarkt integrieren, hängt sehr stark davon ab, woher sie kommen. So liegt die durchschnittliche Arbeitslosenquote von Menschen aus den im Jahr 2004 beigetretenen EU-Ländern bei 4,9 Prozent, bei Bürgern aus Drittstaaten außerhalb Europas bei 18,7 Prozent. Oft wird das Argument gebracht, dass mangelnde Deutschkenntnisse ein Hindernis bei der Arbeitsmarktintegration seien. Der Österreichische Integrationsfonds (ÖIF) hat nun den Zusammenhang zwischen Sprachkenntnissen und Arbeitsmarktintegration näher untersucht und überraschende Ergebnisse zutage gefördert.

Für die Studie „Erwerbsintegration in Österreich“ wurden 5333 Personen aus elf Herkunftsländern befragt (siehe Grafik). Bessere Deutschkenntnisse erhöhen zwar die Wahrscheinlichkeit, bessere Jobs zu finden. Mangelnde Sprachkenntnisse seien aber nicht per se ein Hindernis. Der Anteil der Personen, die in Österreich bereits erwerbstätig waren bzw. es aktuell sind, „nimmt mit einem höheren Sprachniveau zu und erreicht Spitzenwerte unter Personen mit hervorragenden Sprachkenntnissen“, heißt es in der Studie. 91 Prozent aus dieser Gruppe haben Erwerbserfahrung und 71 Prozent sind aktuell erwerbstätig. Aber: Auch unter Migranten mit schlechten Deutschkenntnissen haben 64 Prozent bereits Berufserfahrung in Österreich, die Hälfte davon ist aktuell erwerbstätig.

Sogar von den Zuwanderern ohne jegliche Sprachkenntnisse haben 29 Prozent bereits Berufserfahrung gesammelt. 15 Prozent von ihnen sind aktuell erwerbstätig. „Der Arbeitsmarkteinstieg ist schon mit schlechtesten Deutschkenntnissen möglich“, sagt Keri Hartman, stellvertretende Leiterin beim Wissensmanagement im ÖIF. „Wir haben auch von Unternehmen die Rückmeldung, dass auch Personen mit schlechten Deutschkenntnissen gesucht werden.“

35 Prozent der Syrer arbeiten

Von den befragten Zuwanderern gab im Durchschnitt eine klare Mehrheit an, bereits in Österreich gearbeitet zu haben. Ob jemand bereits in Österreich berufstätig war bzw. aktuell berufstätig ist, korreliert dabei stark mit dem Herkunftsland. Bei Migranten aus Bosnien und Herzegowina standen zum Zeitpunkt der Befragung 82 Prozent aktuell im Berufsleben, bei Rumänen waren es 73 Prozent und bei Serben 69 Prozent. Bei diesen Gruppen handelt es sich in der Regel um klassische Arbeitsmigranten, die explizit zum Arbeiten nach Österreich kommen.

Am niedrigsten ist der Anteil der Erwerbstätigen unter Syrern (35 Prozent), Ukrainern (39 Prozent) und Afghanen (46 Prozent). Wobei die Zahlen zu den Ukrainern „mit Vorsicht zu genießen“ seien, weil sie erst kurz in Österreich sind, sagt die ÖIF-Expertin Hartman. Die befragten Afghanen sind seit durchschnittlich neun, die befragten Syrer im Schnitt seit sechs Jahren in Österreich. Für die Auswertung zur Erwerbstätigkeit wurden nur die Daten jener Personen herangezogen, die seit maximal 15 Jahren in Österreich sind.

Allerdings ist der Einstieg in den Arbeitsmarkt nicht das größte Problem, sagt Hartman. Vor allem die sogenannte „Arbeitsmarktverfestigung“ sei eine Herausforderung – also eine Beschäftigung dauerhaft aufrecht zu halten. Das gilt vor allem für Menschen, die aus Flucht- und Schutzgründen nach Österreich kommen. So verfügen von den Afghanen 73 Prozent über Arbeitserfahrung in Österreich, 46 Prozent sind aktuell beschäftigt. Von den Syrern haben 63 Prozent Berufserfahrung in Österreich, aber nur 35 Prozent haben aktuell einen Job.

Einstieg in Wien schwerer

„Die Beschäftigung ist oft nicht dauerhaft und hält häufig nur kürzer als ein Jahr“, sagt Hartman. Als Gründe nennt der ÖIF den Bildungshintergrund, das Geschlecht, Kinder im Haushalt, das Alter sowie den Wohnort. Zu diesem Ergebnis kommt auch eine Studie des WIIW auf Basis von Sozialversicherungsdaten. Flüchtlinge, die zum Zeitpunkt der Befragung in Wien aufhältig waren, hatten laut Hartman deutlich weniger Erwerbserfahrung. „Wir sehen deutlich, dass der Arbeitsmarkteinstieg in anderen Bundesländern leichter funktioniert.“

Deutliche Unterschiede gibt es zwischen Frauen und Männern – sowohl hinsichtlich der Berufserfahrung, die sie bereits in den Herkunftsländern sammeln konnten, als auch bei der aktuellen Beschäftigung.

Mit Ausnahme der Ukrainer waren Männer häufiger als Frauen erwerbstätig, bevor sie nach Österreich kamen. Am größten ist das Gefälle bei Afghanen: 68 Prozent der Männer und 39 Prozent der Frauen brachten Berufserfahrung aus dem Ausland mit. Auch bei Syrern (82 zu 62 Prozent) und Serben (80 zu 63 Prozent) sind die Unterschiede groß. Aktuell sind laut Befragung 30 Prozent der Frauen und 55 Prozent der Männer aus Afghanistan berufstätig. Bei Syrern sind es 25 Prozent der Frauen und 40 Prozent der Männer.

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