Randerscheinung

Kein Zettel und beide Kulis ausgetrocknet

Florian Asamer
Florian Asamer Carolina Frank
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Wir wollten eine Runde Radfahren gehen, und der Jüngste hat noch geschlafen.

Ich habe also einen Zettel gesucht, um ihm zu schreiben, dass wir weg sind, wann wir zurückkommen und wie es mit dem gemeinsamen Programm so weitergeht an ­diesem Samstag. Aber natürlich war wieder kein Zettel da, dann beide Kulis ausgetrocknet, danach überlege ich noch, wo ich den Zettel hinlege, damit er ihn auch sieht. Das ist gar nicht so einfach. Als das Haus gegenüber abgerissen worden ist, hat er das zum Beispiel erst nach einer Woche bemerkt. Und dann hab’ ich ihm einfach eine WhatsApp-Nachricht geschrieben. Da hätte ich natürlich früher draufkommen können, aber irgendwie finde ich einen Zettel schöner. Ich mag es auch nicht, ihn anzurufen, um ihm zu sagen, dass es Essen gibt.

Dabei ist es die Methode der Wahl, weil sonst stehe ich vor einer zugesperrten Zimmertür, pumpere und rufe vergeblich, weil drinnen Noise gecancelt wird (was besser ist, als wenn nice gecancelt wird, was auch gelegentlich vorkommt). Wenn Siri dagegen meine Nachricht „Essen fertig!“ vorliest, ­vergehen kaum 30 Sekunden, bis wir anfangen können. Der Mittlere übersiedelt übrigens gerade, aus einer Einzimmerwohnung in eine WG. Es ist erstaunlich, wie viel in dieses eine Zimmer hineingegangen ist. Beim Übersiedeln tue ich mir immer weh, zwicke mir die Finger zwischen Tischplatte und Türstock ein, ruiniere mir die linke Hüfte, weil ich das Bett blöd hebe, und bin überhaupt ziemlich lädiert. Das ist deswegen schlecht, weil ein Teil der Möbel wieder zu Hause landete (in der WG ist kein Platz dafür) und dort in den Keller soll. Der Jüngste könnte mir beim Tragen helfen. Aber er reagiert nicht auf mein WhatsApp. Ich werde vielleicht einen Zettel unter der Tür durchschieben. 

(Die Presse Schaufenster, 31.5.2024)

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