EU-Pläne

Renaturierung: Warum Österreichs Blockade bleibt – und wie es weitergeht

Kartoffelernte im Marchfeld.
Kartoffelernte im Marchfeld. Markus Haslinger / Picturedesk.com
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Unstimmigkeiten auf EU-Ebene, Krach in der Bundesregierung, ein Hin und Her beim Länder-Veto und so fort: Der Streit um das europäische Renaturierungsgesetz wird immer komplizierter. Ein Überblick, worum es geht und wie es nun weitergeht.

Worum geht es eigentlich bei dem Vorhaben?

Ziel des Gesetzes ist „die Wiederherstellung geschädigter Ökosysteme in allen Mitgliedstaaten“. Laut EU-Parlament sollen „bis 2030 mindestens 20 Prozent der Land- und Meeresflächen der EU und bis 2050 alle sanierungsbedürftigen Ökosysteme wiederhergestellt werden“, das Ganze wurde im Europäischen Parlament auch schon beschlossen – allerdings in abgeschwächter Form und mit dem Zusatz, dass die Lebensmittelversorgung stets gesichert sein müsse. Es müssten also beispielsweise mehr Wälder aufgeforstet werden. Was das konkret für Österreich hieße, kann man laut Umweltministerium noch nicht sagen – denn erst nach Fixieren des Gesetzes würden dem Ressort zufolge die Länder ihre Pläne melden. So weit ist das Ganze allerdings noch lange nicht.

Warum ist das Gesetz noch nicht in Kraft?

Der Beschluss im Rat der Umweltminister steht noch aus, nötig dafür ist eine qualifizierte Mehrheit – also 55 Prozent der EU-Mitgliedsstaaten, die mindestens 65 Prozent der EU-Bevölkerung repräsentieren. Im März wurde das Vorhaben von der Agenda genommen, weil sich keine Mehrheit dafür abgezeichnet hatte.

Was hat Österreich damit zu tun?

Je knapper die Entscheidung, desto eher könnte Österreich mit seinem Abstimmungsverhalten Zünglein an der Waage sein. Fix ist das allerdings keineswegs. Zudem wird in Österreich seit Wochen heftig darüber gestritten, wie Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) als Österreichs Vertreterin beim Umweltministerrat überhaupt abstimmen soll.

Ist Österreich nun dafür oder dagegen?

Bisher hat sich Österreich offiziell enthalten, innenpolitisch ist die Sache höchst umstritten. Da gibt es etwa das immer noch aufrechte Veto der Länder – das der Regierung zufolge bindend ist, weil Naturschutz grosso modo Ländersache ist. Die neun Bundesländer sprachen sich bis vor Kurzem geschlossen gegen das Renaturierungsgesetz aus, auch bei der Landeshauptleutekonferenz im April änderte sich daran nichts. Erst danach erklärte Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ), dass man das Veto doch noch zurücknehmen solle, auch das rote Kärnten sprach sich für ein Ende der Blockade aus.

Geworden ist daraus allerdings vorerst nichts, wie am Dienstagabend bekannt wurde: „Im Hinblick auf die von sieben Ländern mitgeteilte Ablehnung ist eine Abänderung der bestehenden einheitlichen Länderstellungnahme (...) zum Vorschlag für eine Verordnung (...) nicht zustande gekommen“, schrieb die „Verbindungsstelle der Bundesländer“ im aktuellen LH-Vorsitzland Niederösterreich. Damit dürfte die rechtliche Bindung für die Regierung, auf EU-Ebene gegen das Gesetz zu stimmen, weiterhin aufrecht sein. Indes herrscht auch ein handfester Koalitionsstreit in der Causa: Die ÖVP ist gegen das von den Grünen massiv beworbene Vorhaben, und laut Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) würde Gewessler ohnehin „einen Rechtsbruch“ begehen, wenn sie ohne Zustimmung des türkisen Koalitionspartners dem Vorhaben zustimmte.

Wie geht es nun weiter?

Der nächstmögliche Termin für einen Beschluss auf EU-Ebene ist laut Umweltministerium der 17. Juni – sofern es überhaupt zur Abstimmung gelangt. Das wiederum dürfte nur passieren, wenn im Vorfeld eine Mehrheit für das Vorhaben absehbar ist. Und: Stand jetzt scheint es ausgeschlossen, dass Gewessler dort gegen die Forderungen von Ländern und Koalitionspartner dem Gesetz zustimmen würde.

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