USA

Geschworene im Schweigegeld-Prozess befinden Donald Trump in allen Punkten für schuldig

Donald Trump wurde in allen 34 Anklagepunkten für schuldig befunden.
Donald Trump wurde in allen 34 Anklagepunkten für schuldig befunden.AFP / Seth Wenig
  • Drucken

Erstmals in der Geschichte wird ein Präsident in einem Strafprozess für schuldig befunden. Das Strafmaß im Prozess um die Verschleierung von Schweigegeld-Zahlungen gegen Ex-US-Präsident Donald Trump soll am 11. Juli verkündet werden. Trump bezeichnete das Urteil als „Farce“.

Das Urteil im Prozess um die Verschleierung von Schweigegeld-Zahlungen gegen Ex-US-Präsident Donald Trump ist gefallen. Die Geschworenen haben sich nach langen Beratungen geeinigt. Das Urteil lautet auf schuldig. Es ist das erste Mal, dass ein (ehemaliger) US-Präsident in einem Strafprozess schuldig gesprochen wurde. Die Geschworenen haben befunden, dass er Geschäftsdokumente gefälscht hat, um im Wahlkampf 2016 eine Schweigegeldzahlung an den Pornostar Stormy Daniels zu vertuschen. Trump, der am Nachmittag im Gerichtssaal gelassen gewirkt hatte, nahm das Urteil äußerlich ungerührt hin.


Richter Juan Merchan wird das Strafmaß am 11. Juli verkünden. Trump droht eine - wenngleich unwahrscheinliche - mehrjährige Freiheitsstrafe, die auch zur Bewährung ausgesetzt werden könnte, oder eine Geldstrafe. Der Republikaner kann Berufung einlegen – und selbst bei einer rechtskräftigen Verurteilung bei der Präsidentenwahl im November antreten. Die US-Verfassung verlangt nur, dass Präsidenten mindestens 35 Jahre alt und US-Bürger sind, die seit 14 Jahren im Land leben.

Trump bezeichnete seine Verurteilung in einer ersten Reaktion als „Schande“, den Prozess als „Farce“ und den Richter als „korrupt“. Er werde weiter kämpfen, das „wirkliche Urteil“ werde bei der US-Präsidentenwahl im November fallen. Sein Anwalt kündigte an, „so schnell wie möglich“, also nach Verkündung des Strafmaßes, Berufung einzulegen.

Trump: „Unser Land wird manipuliert“

„Unser ganzes Land wird gerade manipuliert“, sagte Trump den Reportern, nachdem er den Gerichtssaal verlassen hatte. „Das wurde von der Biden-Administration getan, um einen Gegner, einen politischen Gegner, zu verwunden oder zu verletzen.“ US-Präsident Joe Biden, der im Herbst gegen Trump um seine Wiederwahl kämpft, verkündete wiederum, dass es nur einen Weg gebe, um Trump vom Oval Office fernzuhalten – und das sei an der Wahlurne. Allerdings scheint der Amtsinhaber von der Prozessarie gegen seinen Herausforderer bisher nicht erkennbar zu profitieren. Neueste Umfragen deuten eher darauf hin, dass das Urteil für viele Amerikaner wenig an ihrer Wahlentscheidung für den 5. November ändern dürfte.

Der republikanische Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses, Mike Johnson, nannte das Urteil postwendend „falsch“ und „gefährlich“ „Heute ist ein beschämender Tag in der amerikanischen Geschichte“, schrieb er auf der Plattform X. Es habe sich um eine „politische Übung“ gehandelt, keine juristische. Die Entscheidung sei ein weiterer Beweis dafür, dass die Demokraten vor nichts zurückschreckten, um abweichende Meinungen zum Schweigen zu bringen und ihre politischen Gegner zu vernichten, so Johnson weiter.

Mehr als 20 Zeuginnen und Zeugen

Die Staatsanwaltschaft hatte Trump vorgeworfen, er habe seine Aussichten auf einen Erfolg bei der Präsidentschaftswahl 2016 durch die Zahlung von 130.000 Dollar Schweigegeld an die Pornodarstellerin Stormy Daniels verbessern wollen und den Geldfluss anschließend unrechtmäßig verbucht. Dazu hatten die sieben Männer und fünf Frauen der Jury seit Mitte April die Aussagen von mehr als 20 Zeuginnen und Zeugen angehört – die Beratungen der Geschworenen liefen seit Mittwoch.

Obwohl die – von keiner Seite bestrittene – Zahlung selbst nicht illegal war, soll der heute 77-Jährige bei der Erstattung des Betrags an seinen damaligen persönlichen Anwalt Michael Cohen Unterlagen manipuliert haben, um den wahren Grund der Transaktion zu verschleiern. Dadurch habe er sich der illegalen Wahlkampf-Finanzierung in 34 Fällen schuldig gemacht. Trumps Anwälte hatten argumentiert, es habe sich um gewöhnliche Anwaltshonorare gehandelt.

„Ich bin ein politischer Gefangener“: Auswirkung des Urteils auf den Wahlkampf

Das Urteil dürfte sich auch auf den gegenwärtigen Wahlkampf in den Vereinigten Staaten auswirken –- die Frage dabei ist aber: wie stark und zu wessen Vorteil? Trump versucht den Fall in einen persönlichen Vorteil umzumünzen und seine Anhängerschaft zu mobilisieren, indem er sich als Opfer einer politisch motivierten Justiz inszeniert. Die erste strafrechtliche Verurteilung eines ehemaligen US-Präsidenten dürften viele Wähler jedoch als Schande verstehen.

Trumps Wahlkampfteam bat die Anhänger jedenfalls gleich nach Urteilsverkündung um Spenden. „Ich bin ein politischer Gefangener“, hieß es in einer E-Mail des Trump-Teams und auf der Spenden-Webseite des Republikaners. „Ich wurde gerade in einem manipulierten Hexenjagd-Prozess verurteilt.“ Dabei habe er „nichts falsch gemacht“.

Auch das Wahlkampfteam von Trumps politischem Gegner, Amtsinhaber Joe Biden, rief seine Anhänger dazu auf, die Kreditkarten zu zücken. Biden scheint von der Prozessarie gegen seinen Herausforderer bisher nicht erkennbar zu profitieren. Neueste Umfragen deuten eher darauf hin, dass das Urteil für viele Amerikaner wenig an ihrer Wahlentscheidung für den 5. November ändern dürfte. Einfluss könnte aber das Strafmaß haben – vor allem für den eher unwahrscheinlichen Fall einer Haftstrafe.

Trump mit grimmigem Gesicht

Der Prozess fand unter beispiellosem medialem Interesse und strengsten Sicherheitsvorkehrungen in Downtown Manhattan statt. US-Medien hatten das Ereignis in Manhattan begleitet wie ein großes Sportereignis und aus dem Gerichtssaal, in dem keine TV-Aufnahmen erlaubt waren, im Minutentakt zitiert. Dabei wurde auch jede Regung Trumps kommentiert, der bei den Sitzungen stets anwesend war und eigentlich nur die Farbe seiner Krawatte von Tag zu Tag variierte.

Für den kurzen Fototermin zu Beginn der Sitzung setzte Trump regelmäßig ein grimmiges Gesicht auf. Einige Zeugen-Befragungen schien Trump interessiert zu verfolgen, an anderen Tagen waren sich US-Medien sicher, dass er die Augen über längere Zeit geschlossen hielt, weil er eingedöst war. Er nutzte den Prozess und den Medienauflauf dabei für den Wahlkampf und monologisierte vor Gerichtssaal 1530 häufig wütend über das seiner Meinung nach politisch motivierte Verfahren. Zudem verwandelte Trump den Prozess in einen Loyalitätstest für seine republikanische Gefolgschaft. Neben dem Sprecher des Repräsentantenhauses, Mike Johnson kamen auch Bewerber für das Amt des Vize-Präsidenten wie Senator J.D. Vance und Geschäftsmann Vivek Ramaswamy angereist. Auch Trumps Kinder Eric, Donald Junior und Tiffany waren im Gerichtssaal. Neben der Abwesenheit von Tochter Ivanka fiel aber vor allem auf, dass Ehefrau Melania Trump ihre öffentliche Unterstützung verweigerte. (ag.)

Freudenskundgebung auf der Straße, als das Urteil gegen Donald Trump verkündet wurde.
Freudenskundgebung auf der Straße, als das Urteil gegen Donald Trump verkündet wurde.AFP / Kena Betancur

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.