Interview

Heinz Faßmann: „Europa fällt insgesamt zurück“

Der Präsident der Akademie der Wissenschaften (ÖAW), Heinz Faßmann, fordert längerfristige Förderungen.
Der Präsident der Akademie der Wissenschaften (ÖAW), Heinz Faßmann, fordert längerfristige Förderungen. APA/Georg Hochmuth
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Interview. Der Präsident der Akademie der Wissenschaften spricht über „Forschende im Hamsterrad“, die „Naivität“ an US-Eliteunis in Bezug auf den Gaza-Konflikt und den laufenden EU-Wahlkampf.

Die Presse: In einem Kommentar schrieben Sie zuletzt, dass Forschung und Wissenschaft keine Priorität in der Politik hätten. Lautet so Ihre Bilanz als Ex-Bildungs- und Wissenschaftsminister, der beide Seiten kennt?

Heinz Faßmann: Sie haben in Wahlkampfzeiten keine Priorität, aber das ist vielleicht auch gar nicht schlecht. Man muss die förderlichen Bedingungen für Forschung und Wissenschaft kennen, die sind komplex – und das ist nicht unbedingt das, was sich für ein Wahlplakat eignet. Spätestens nach den Wahlen im Herbst müssen wir uns aber damit befassen, denn wir brauchen mehr Forschung, allein wegen des demografischen Wandels.

Inwiefern?

Wir haben eine alternde Gesellschaft, die höhere sozialpolitische Kosten verursacht, und wir erleben einen Rückgang der erwerbsfähigen Bevölkerung. Mehr Qualifikation, mehr Innovation und eine wettbewerbsfähige Wirtschaft werden notwendig sein, um erfolgreich zu bleiben. Wir befinden uns in einem globalen Wettbewerb, und die großen Forschungsnationen, die USA, China, aber auch Japan, Südkorea und Singapur, investieren viel.

Zur Person

Heinz Faßmann ist seit 2022 Präsident der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW). Zuvor war er Universitätsprofessor für Angewandte Geografie und Raumordnung. Zwischen 2017 und 2021 war er Bildungs- und Wissenschaftsminister auf einem ÖVP-Ticket.

Die Industrie warnt, dass heimische Betriebe ihre Forschung und Entwicklung langfristig dorthin verlagern.

Wir sehen, dass diese Staaten deutlich mehr in Wissenschaft und Forschung investieren, als es Europa insgesamt tut. Österreich hat hier in den letzten Jahrzehnten aufgeholt. Aber insgesamt fällt Europa im Vergleich zu den genannten Konkurrenten zurück. Forschung und Entwicklung sehe ich aber als einen Motor der Zukunft. Und die Zuwanderung, die wir brauchen, muss eben auch eine qualifikationsorientierte sein.

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