Konzert

Metallica vs. Johanna Mikl-Leitner

Sänger und Gitarrist James Hetfield sprach das Publikum in Ebreichsdorf als „Vienna“ an. Fairerweise – es steht auch so auf den Tour-T-Shirts.
Sänger und Gitarrist James Hetfield sprach das Publikum in Ebreichsdorf als „Vienna“ an. Fairerweise – es steht auch so auf den Tour-T-Shirts.APA / Florian Wieser
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„Wir möchten Spaß mit euch haben, Wien“, rief Frontman James Hetfield. Allein, das Metallica-Konzert fand in Niederösterreich statt. Aber sonst waren die Metal-Veteranen brav.

Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner wird wohl nicht amused sein. „Vienna, Metallica is here to have some fun with you“ als Begrüßung wirkt jedenfalls ein wenig, sagen wir, deplatziert, ist man doch fast 30 Kilometer von der Bundeshauptstadt entfernt. Im Bezirk Baden, zwar nicht so weit weg von Wien, aber doch mitten in Niederösterreich. Doch Geografie spielt hier ohnehin maximal eine Nebenrolle. Es spielen Metallica, und rund 60.000 Menschen sind zum Racino nach Ebreichsdorf gekommen, um die US-Metal-Band live zu hören.

„Whiplash“ ist die Eröffnungsnummer – nach dem schon zur Gewohnheit gewordenen Intro „The Ecstasy of Gold“ von Ennio Morricone, freilich, aber das kommt aus der Konserve. Und mit „Creeping Death“ und „For Whom The Bell Tolls“ bedienen die Metal-Veteranen zunächst einmal die Freunde des alten Materials. Gut, eine Band, die seit mehr als 40 Jahren Musik macht, lebt zu einem gewissen Teil natürlich von den Klassikern. Mit „Enter Sandman“ folgt schließlich die Nummer, die den Boden dafür aufbereitet hat, dass man ohne allzu große Probleme ein Areal wie das Racino mit rund 60.000 Menschen füllen kann – wobei wohl nur noch ein paar besonders harte Traditionalisten die Abkehr vom Thrash-Metal der ersten Jahre und die Hinwendung zum massentauglicheren rockigeren Sound immer noch beklagen.

Kein garantierter Sitzplatz im Zug

60.000 Zuschauer? Klar, in diesen Dimensionen bewegen sich Metallica weitgehend schwindelfrei. Und für Metallica bewegt sich das Publikum eben auch nach Niederösterreich. Wobei die Anreise zwar etwas zäh ist, aber von Chaos, wie manche befürchtet haben, war man dann doch weit entfernt. Aber klar, ein garantierter Sitzplatz im Zug und keine Wartezeit beim Einlass sind bei einer Veranstaltung dieser Größenordnung halt nur Wunschdenken. Das Konzertgelände neben der Pferderennbahn ist jedenfalls durchorganisiert und funktioniert im Großen und Ganzen gut.

Man muss Veranstaltungen dieser Größe halt mögen. Denn so intim, wenn man das so sagen kann, wie ein Gig in der Wiener Stadthalle ist es hier natürlich nicht. Wirklich gute Sicht hat man im Golden Circle direkt vor der Bühne, für den die Tickets noch etwas teurer sind. Ab einer gewissen Distanz sieht man halt nur kleine Figürchen auf der Bühne. Und orientiert sich eben an den riesigen Bildschirmwänden daneben. Die halt manchmal, ob Regieanweisung oder technischer Fehler, einfärbig bleiben und man Kirk Hammett beim Gitarrensolo nicht auf die Finger schauen kann.

Und plötzlich ist Falco da

Ein Klassiker bei Metallica-Konzerten ist ja mittlerweile, dass Hammett und Bassist Robert Trujillo ein Lied aus dem jeweiligen Gastgeberland einstudieren – diesmal ist es „Der Kommissar“ von Falco, wobei sie das mit dem Singen dankenswerterweise bleiben lassen. Das wirkt, mancher erinnert sich noch an „Schifoan“ von Wolfgang Ambros in der Metallica-Variante, ein bisschen unpassend für eine Metal-Band. Auch, wenn man längst nicht mehr ein besonders hartes Image pflegt. Im Fall des Kommissars übernimmt ohnehin das Publikum den Refrain.

Ein Abend zum Mitgrölen ist es aber nicht durchgehend. Die Nummern des aktuellen Albums „72 Seasons“ sitzen nicht so gut. Und das fast neunminütige Instrumentalstück „Orion“ vom Album „Master of Puppets“ aus dem Jahr 1986 ist auch eher zum Zuhören gedacht. Immerhin, danach kommt mit „Nothing Else Matters“ eine Ballade, die sogar Nicht-Metallica-Fans mitsingen könnten – und die der Band Anfang der 90er die Tür zum Mainstream endgültig öffnete.

Good night, Ebreichsdorf!

Als nach „Seek & Destroy“ mit „One“ quasi der Zugabenblock beginnt, sind viele Fans schon außerhalb des Geländes. Und dort hören sie beim Warten auf den Shuttle Bus zum Bahnhof auch noch den Abschluss mit „Master Of Puppets“. Und als James Hetfield sich danach mit einem „Thank you, Vienna“ bedankt, sind einige schon längst auf dem Heimweg. Nach – James Hetfield wird sich darüber vielleicht wundern – Wien. Und im Zug mag sich so mancher gefragt haben, wie es wohl geklungen hätte, wenn der Frontman „Good night, Ebreichsdorf“ gesagt hätte…

Setlist

Whiplash

Creeping Death

For Whom the Bell Tolls

Enter Sandman

72 Seasons

Der Kommissar (Falco-Cover)

If Darkness Had a Son

The Day That Never Comes

Shadows Follow

Orion

Nothing Else Matters

Sad but True

Lux Æterna

Seek & Destroy

One

Master of Puppets

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