Hochwasser

Katastrophenalarm in Süddeutschland: Ein toter Feuerwehrmann und zwei Vermisste

Imago / Michael Bihlmayer
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Die Situation in Deutschland ist nach den Unwettern weiter sehr angespannt. Ein Feuerwehrmann kam ums Leben. Fast 3000 Menschen sind in Bayern von Evakuierungen betroffen. Der Bahnverkehr musste nach einer Zugentgleisung zwischen Stuttgart und München unterbrochen werden.

Ein toter Feuerwehrmann, zwei vermisste Personen und überflutete Wohnhäuser: Heftiger Regen hat am Wochenende für Überschwemmungen in Teilen Süddeutschlands gesorgt. Zehntausende Einsatzkräfte pumpten Keller leer und sicherten Straßen und Deiche mit Sandsäcken. Mehrere Landkreise riefen den Katastrophenalarm aus. Im Bundesland Baden-Württemberg entgleiste ein Zug nach einem Erdrutsch. Der Deutsche Wetterdienst (DWD) gab noch keine Entwarnung und sagte weiteren Regen voraus.

Mehrere Bäche und Flüsse in Süddeutschland traten über die Ufer, besonders betroffen war Bayern. Zum Beispiel in Bad Wörishofen westlich von München fielen laut DWD bei dem Starkregen 129 Liter binnen 24 Stunden. Der Schnitt liege bei 101 Litern im Monat. Feuerwehren und andere Nothelfer waren im Dauereinsatz - um Wasser abzupumpen, Gebiete abzusperren, aber auch um Menschenleben zu retten.

Bei einer solchen Rettungsaktion in Pfaffenhofen an der Ilm in Oberbayern starb ein 42-jähriger Feuerwehrmann. Dem zuständigen Landratsamt zufolge kenterte er bei einem Einsatz mit drei Kollegen mit dem Schlauchboot und wurde Sonntagfrüh tot geborgen. In Offingen in bayrischen Region Schwaben wurde ein weiterer Feuerwehrmann vermisst. Der 22-Jährige war ebenfalls in einem Boot unterwegs. In der Gemeinde Schrobenhausen wurde in einem überfluteten Keller eine vermisste Frau vermutet.

Katastrophenalarm in mehr als zehn Landkreisen

In mehr als zehn Landkreisen galt der Katastrophenalarm. Im Kreis Pfaffenhofen an der Ilm spitzte sich die Lage am Sonntagmittag zu. Ein Feuerwehrsprecher sprach von einem unberechenbaren Hochwasser, „das wir so auch noch nie verzeichnen mussten“. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) besuchten betroffene Gebiete. Am Montag will sich Deutschlands Kanzler Olaf Scholz (SPD) ein Bild von der Lage machen. Die Politiker würdigten die Arbeit der Einsatzkräfte.

Wie hoch der Schaden ausfällt, ließ sich noch nicht abschätzen. Meteorologen und Behörden warnten frühzeitig eindringlich vor den Gefahren. Unfälle gab es zumeist auf Straßen, weil vermutlich zu viel Wasser auf den Straßen war. Am Rathaus in Allershausen im oberbayerischen Landkreis Freising wurde ein Mann bei Stromarbeiten lebensgefährlich verletzt. Der 27 Jahre alte Beschäftigte eines Energieunternehmens habe einen Stromschlag erlitten, sagte ein Polizeisprecher.

Evakuierungen und Zug-Entgleisung

Allein in Bayern sind laut Landesinnenministerium bisher 3000 Menschen von Evakuierungen betroffen. Menschen wurden auch mit Booten und Hubschrauber aus ihren Häusern geholt. Viele wissen nicht, ob sie überhaupt dort wieder einziehen können. Vielerorts wurde der Strom vorsorglich abgeschaltet. Nicht wenige konnten deshalb nicht mehr kommunizieren, weil der Handy-Akku leer war - das ist im Ernstfall durchaus gefährlich.

Ein ICE-Zug mit 185 Passagieren an Bord entgleiste bei Schwäbisch Gmünd. Bei dem Unfall am Samstagabend wurde nach Angaben der Deutschen Bahn niemand verletzt. Die für den Fernverkehr wichtige Strecke zwischen Stuttgart und München war zwischenzeitlich gesperrt. Der Zug wurde am Sonntag geborgen. Dem Bahnsprecher zufolge sprangen die ersten beiden Waggons auf der Fahrt von München nach Köln aus den Gleisen, kippten aber nicht um. Auch anderenorts im Süden waren Bahnstrecken gesperrt.

Aufatmen in Baden-Württemberg

Während sich die Lage in Bayern am Sonntag teils weiter zuspitze, atmeten im Nachbarbundesland Baden-Württemberg die ersten Einsatzkräfte durch. Zum Beispiel in Ochsenhausen nördlich des Bodensees sagte der dortige Bürgermeister Christian Bürkle, es zeichne sich langsam Besserung ab. Der Pegel des Flusses Rottum sei wieder etwas gesunken. Dagegen standen Teile der Gemeinde Meckenbeuren am Bodensee noch unter Wasser. Der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) warnte: „Auch für die kommenden Stunden ist in vielen betroffenen Regionen lokaler Starkregen angekündigt.“

In den östlichen Bundesländern Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt mussten Feuerwehren nach einzelnen heftigen Regengüssen ausrücken, weil Keller und Straßen unter Wasser standen. Im Landkreis Schmalkalden-Meiningen in Südthüringen ging zum Beispiel eine Schlammlawine herunter.

Für den Sonntag rechnete der DWD mit weiteren Regenfällen und möglichen Gewittern im Süden und Osten. Dort ist erst ab Dienstag in fast allen Regionen mit einer Entspannung der Wetterlage zu rechnen. Am Montag gebe es zunächst noch vom Bodensee bis nach Niederbayern Schauer, Gewitter und lokal auch Unwetter durch Starkregen, teilte der Deutsche Wetterdienst mit.

Starkregen auch in der Schweiz

Auch in der Schweiz gab es Einsätze wegen Starkregens. Dort entspannte sich die Hochwassergefahr am Sonntag aber. Mit dem Nachlassen der Niederschläge habe bei vielen Flüssen der Rückgang des Hochwassers eingesetzt. Die Gefahrenstufe wurde an mehren Flüssen gesenkt, beim Hochrhein und Bodensee besteht aber weiterhin eine „erhebliche Gefahr“ (Gefahrenstufe 3), wie es seitens des Bundes hieß.

Mobiler Hochwasserschutz in Schärding

Während am Samstag in zehn Gemeinden Bayerns wegen übergelaufener Flüsse und Bäche der Katastrophenalarm ausgerufen wurden, sind auch die Pegelstände von Inn und Donau in Oberösterreich gestiegen. In Schärding und in Linz wurde vorsorglich der mobile Hochwasserschutz aufgebaut. Sonntagfrüh konnte die Feuerwehr Schärding aber Entwarnung geben. „Es gab kein Hochwasser, auch wenn der Inn leicht über die Ufer getreten ist“, sagte Feuerwehr-Kommandant Markus Furtner.

In der Nacht auf Sonntag erreichte eine Hochwasserwelle aus Deutschland den Inn. Um Mitternacht habe der Pegel einen Höchststand von fünf Metern erreicht. Die Innlände sei etwa 50 Zentimeter überschwemmt worden, schilderte Furtner. Nun sei die Hochwassersituation aber wieder entspannt. Der Pegel des Inns lag Sonntagfrüh bei 4,6 Metern. Der hydrografische Dienst prognostiziere zwar in den kommenden 24 Stunden wieder eine kleine Welle, sagte der Feuerwehr-Kommandant. Doch für Schärding erwarte man aber kein Hochwasser.

Für den Ernstfall standen in Schärding bereits 6000 gefüllte Sandsäcke und weitere 30.000 leere bereit. Diese kamen aber nicht zum Einsatz. Häuser waren von der kleinen Überflutung an der Innlände nicht betroffen. Die Innlände wurde vorsorglich gesperrt und die Tore der Altstadt geschlossen.

Auch in Linz wurde am Samstag der erste Teil des mobilen Hochwasserschutz vorsorglich aufgebaut. In der Nacht erreichte die Donau einen Wasserstand von 540 Zentimetern, dieser ging in der Früh jedoch wieder leicht zurück. Zur Einordnung: Voralarm wird bei 550 Zentimetern ausgegeben. Ab einem Pegel von 6,8 Metern würde die Donau in Alturfahr und beim Urfahranermarkt-Gelände über die Ufer treten. Laut Vorhersage des Hydrografischen Dienstes dürfte der Pegel in Linz aber erst Montag oder Dienstag wieder ansteigen. (APA/DPA)

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