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Messerattacke in Mannheim: Schwer verletzter Polizist gestorben

Ein Messerangriff während einer islamkritischen Veranstaltung auf dem Mannheimer Marktplatz am Freitag forderte mehrere Verletzte - und nun einen Toten.
Ein Messerangriff während einer islamkritischen Veranstaltung auf dem Mannheimer Marktplatz am Freitag forderte mehrere Verletzte - und nun einen Toten.APA / dpa / Uwe Anspach
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Bei einem Messerangriff auf dem Mannheimer Marktplatz sind am Freitag mehrere Menschen verletzt worden, unter ihnen ein Polizist. Der Beamte ist am Sonntagabend verstorben.

Nachdem bei einem Messerangriff in Mannheim ein Polizist gestorben ist, hat Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) Trauerflor und eine Schweigeminute veranlasst. Ab sofort und bis zum Tag der Beisetzung des 29-Jährigen soll an allen Streifenwagen der Polizei Baden-Württemberg Trauerflor angebracht werden, wie das Innenministerium in Stuttgart am Montag mitteilte.

Auf Polizeibooten der Wasserschutzpolizei sei die Flagge auf Halbstock zu setzen, die Beflaggung an Dienstgebäuden der Polizei und des Innenministeriums seien auf halbmast gesetzt. Die Schweigeminute sei für diesen Freitag um 11.34 Uhr geplant - genau eine Woche nach dem Messerangriff des 25 Jahre alten Täters, der sich auf dem Marktplatz der Innenstadt bei einer Veranstaltung der islamkritischen Bewegung Pax Europa (BPE) abspielte. Der Täter verletzte sechs Männer, darunter den Polizisten.

Der Beamte erlag am Sonntagabend seinen schweren Verletzungen. Das teilten die Staatsanwaltschaft Karlsruhe, das Polizeipräsidium Mannheim und das Landeskriminalamt mit. Der aus Afghanistan stammende Angreifer hatte dem 29-jährigen Beamten mehrmals in den Kopfbereich gestochen. Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) nannte in der „Bild am Sonntag“ die Bilder des Messerangriffs ein trauriges Zeugnis dessen, wohin Extremismus führe.

„Wir werden Gewalt niemals akzeptieren, egal, ob sie von links, von rechts oder aus dem islamistischen Umfeld kommt“, sagte der Kanzler der deutschen Zeitung. „Er wurde unmittelbar nach der Tat notoperiert und in ein künstliches Koma versetzt, erlag aber in den späten Nachmittagsstunden des 2. Juni seinen schweren Verletzungen“, teilten die Behörden mit. „Wir trauern um einen Polizeibeamten, der für unsere Sicherheit sein Leben gegeben hat.“

Täter nicht vernehmungsfähig

Das Motiv des 25-jährigen Täters ist unterdessen noch immer unklar. Bisher war der Mann, der in Afghanistan geboren wurde, aber 2014 als Jugendlicher nach Deutschland kam, nicht vernehmungsfähig - er war in den Minuten nach der Attacke ebenfalls verletzt worden. Bisher war er polizeilich nicht in Erscheinung getreten, er ist verheiratet, hat zwei Kinder und lebt im hessischen Heppenheim.

Bei dem Angriff hatte der Mann Freitagvormittag auf dem Marktplatz in der Innenstadt bei der Veranstaltung der islamkritischen Bewegung Pax Europa (BPE) sechs Männer verletzt, darunter den Polizisten. Zu den Verletzten zählt auch das BPE-Vorstandsmitglied Michael Stürzenberger.

„Die Nachricht erschüttert mich bis ins Mark“, teilte Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann am Abend mit. Die Gedanken seien bei der Familie, den Angehörigen und den Kolleginnen und Kollegen. „Uns allen führt diese fürchterliche Tat schmerzhaft vor Augen, welchem oft unkalkulierbaren Risiko Polizeibeamte tagtäglich ausgesetzt sind.“ Der Dienst von Polizistinnen und Polizisten für den Staat, das Gemeinwesen, die freiheitlich-demokratische Grundordnung sei nicht hoch genug zu würdigen. „Wir sind Ihnen als Gesellschaft zu höchstem Respekt und Wertschätzung verpflichtet.“

„Opfer eines brutalen, bestialischen Angriffs“

„Dies sind Momente, in denen die Welt stillzustehen scheint“, erklärte Innenminister Thomas Strobl. „Die gesamte Polizei Baden-Württemberg wird ihm stets und für immer ein ehrendes Andenken bewahren.“ Der Polizist sei Opfer eines brutalen, bestialischen Angriffs geworden. „Er ließ sein Leben, weil er dafür eingestanden ist, andere Menschen zu schützen.“

Die Deutsche Polizeigewerkschaft reagierte betroffen, aber auch wütend. „Die Gewalt, die uns täglich begegnet, ist schonungslos brutal, menschenverachtend und oft tödlich“, sagte Landeschef Ralf Kusterer. Die Kampagnen gegen Hass und Hetze würden oft nicht einmal im Ansatz die Probleme treffen, die Polizistinnen und Polizisten täglich ertragen müssten. „Mit Diskussionen um Demokratie und Meinungsfreiheit erreicht man weder schuld- und deliktsunfähige Täter noch religiöse Fanatiker, deren Gedankenwelt uns völlig fremd und absurd erscheint.“

Angesichts der Messerattacke hatte ein überparteiliches Bündnis für Sonntagnachmittag zu einer Mahnwache gegen Gewalt und Hass in Mannheim aufgerufen. Auf dem Marktplatz fand zeitgleich eine Kundgebung der Jungen Alternative statt. Die Versammlung der Jugendorganisation der AfD lief unter dem Motto „Remigration hätte diese Tat verhindert!“. Auf Videos im Internet ist zu sehen, wie Demonstranten in der Innenstadt eine lange Menschenkette bilden - und wie die Polizei mit einer Gruppe von Antifa-Aktivisten zusammenprallt. Die schwenkten rote Fahnen und zündeten Bengalos. Auf dem Marktplatz wurde der Slogan „Nazis raus“ skandiert.

Gezielte Attacke gegen Islamkritiker

Nach Darstellung von BPE-Schatzmeisterin Stefanie Kizina ist die Attacke gezielt gegen den 59-jährigen Münchner Stürzenberger gerichtet gewesen. Er ist schon seit Jahren als Islamkritiker aktiv und wird vom bayerischen Verfassungsschutz beobachtet. Stürzenberger gab inzwischen einem rechtskonservativen Medium ein Video-Interview vom Krankenbett aus - er war unter anderem im Gesicht und am Oberschenkel mit Stichen verletzt worden. Polizisten hätten die Erstversorgung übernommen, sagte er. Der „Bild“ sagte Stürzenberger, der Angriff sei ein „absoluter Albtraum“ gewesen, der Angriff sei urplötzlich gekommen.

Auch nach der Messerattacke in Mannheim will die BPE bei weiteren Veranstaltungen öffentlich auftreten. Kizina geht davon aus, dass die Polizei „die Sicherheitsmaßnahmen verschärfen wird“.

Deutschlands Bundeskanzler Olaf Scholz kündigte mit Blick auf die Messerattacke und einen Übergriff auf den CDU-Politiker Roderich Kiesewetter ein hartes Vorgehen gegen Gewalt an. „Ob das Gewalt ist gegen sich links oder in der Mitte oder rechts engagierende demokratische Politikerinnen und Politiker - sie ist immer nicht akzeptabel und sie wird von uns nicht hingenommen werden“, betonte Scholz. „Wir werden gegen alle vorgehen, die mit Gewalt den demokratischen Raum einzuschränken versuchen“, kündigte er an. Das gelte unabhängig davon, ob es ein linksextremistisches, ein rechtsextremistisches oder ein islamistisches Motiv gebe. (APA/dpa)

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