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Positionen 24

Die Industrie als Stabilitätsanker und Wohlstandsmotor

Seit vier Jahren bekleidet Georg Knill die Position des Präsidenten der Industriellenvereinigung. Am 6. Juni 2024 stellt er sich der Wiederwahl.
Seit vier Jahren bekleidet Georg Knill die Position des Präsidenten der Industriellenvereinigung. Am 6. Juni 2024 stellt er sich der Wiederwahl.Philipp Horak
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Ein Gespräch mit Georg Knill, Präsident der Industriellenvereinigung, über die Lehren aus den Krisenjahren, Österreichs Anspruch, zu den Besten zu gehören, Europas Rolle im globalen Wettbewerb und die Bedeutung der EU-Wahl.

Herr Knill, 2024 kann man mit der EU- und der Nationalratswahl als Superwahljahr bezeichnen. Sie persönlich stellen sich zudem am 6. Juni beim Bundesvorstand der Industriellenvereinigung der Wiederwahl. Wie blicken Sie auf die vier Jahre Ihrer Präsidentschaft zurück und welche Lehren lassen sich für die Zukunft ziehen?

Georg Knill: Als ich im Juni 2020, also rund vier Monate nach der ersten in Österreich registrierten Covid-19-Infektion, vom IV-Bundesvorstand zum Präsidenten der Industriellenvereinigung gewählt wurde, befanden wir uns aufgrund der außergewöhnlichen Rahmenbedingungen in einer der größten Krisen der Zweiten Republik. Ich habe damals gemeint, dass es ein starkes, entschlossenes Krisenmanagement benötigt, um den Standort Österreich wieder stark aufzustellen. Und da war noch nicht klar, dass die kommenden Jahre mit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine, der steigenden Inflation und Teuerung sowie der resultierenden Energiekrise im Zeichen weiterer massiver Krisen stehen würden.

Ich betonte vor vier Jahren, dass die Industrie ein wichtiger Partner für die Menschen in unserem Land ist und dass die Unternehmen gemeinsam mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die Anker für Stabilität, Treiber für Fortschritt und Motoren für allgemeinen Wohlstand sind – das stimmt auch heute. Klar ist, dass wir nur gemeinsam die großen Herausforderungen unserer Zeit – Digitalisierung, Klimawandel oder Wirtschaftskrise – zum Vorteil der Menschen und Unternehmen bewältigen und nur gemeinsam die hohe Lebensqualität in Österreich sichern und stärken können, wenn die Rahmenbedingungen stimmen.

Das hat 2024 natürlich nach wie vor seine Gültigkeit. Das Ziehen an einem Strang und das gemeinsame Navigieren hat sich in den letzten Jahren als Erfolgsformel erwiesen. Aber es bleibt viel zu tun. Unser Bestreben ist es, dass Österreich zu den Besten gehört, nicht zuletzt im Bereich Innovation, Technologie und Digitalisierung. Österreich ist hier nur im Mittelfeld – wir müssen aber ins Spitzenfeld kommen. Dafür brauchen wir Menschen mit den richtigen Qualifikationen. Auch Europa muss wieder stärker werden, und das geht eben nur mit einer starken, innovativen Industrie.

Stichwort Europa. Der Druck im Technologie-Wettbewerb mit Ländern wie China und den USA steigt weiter an. Was muss getan werden, um im Hightech-Sektor nicht weiter zurückzufallen?

Europa steht im globalen Wettbewerb um technologische Führerschaft, insbesondere in Schlüsseltechnologien wie der künstlichen Intelligenz, bei denen etwa die USA deutlich höhere Investitionen tätigen. Um diesen Rückstand aufzuholen, ist eine erhebliche Erhöhung des EU-Forschungsbudgets notwendig. Allgemein gesprochen: Es müssen zukunftsträchtige Investitionen getätigt werden. Europa kann seine globale Wettbewerbsfähigkeit längerfristig nur über eine klare Steigerung der Produktivität halten. Dafür sind Investitionen in Forschungs-, Technologieentwicklung und Innovation unerlässlich. Besonders für die forschungsintensive Industrie ist die strategische Zusammenarbeit in europäischen und internationalen Formaten entscheidend, um Technologiekompetenz auszubauen. Wir müssen uns für ein starkes nächstes EU-Forschungsrahmenprogramm einsetzen und die strategische Beteiligung heimischer Unternehmen an EU-Initiativen vorantreiben.

Wie wichtig gerade jetzt zukunftsgerechte, gesamteuropäische Investitionen sind, zeigt sich besonders deutlich und beispielhaft im Energiesektor. Wir haben eine völlig neue Situation bei der Energieversorgung aufgrund der fundamentalen geopolitischen Entwicklungen. Mit weitreichenden Folgen für die Energieversorgungssicherheit in Österreich und Europa. Für mehr Diversifikation der Energieträger braucht es Energiepartnerschaften mit anderen Ländern. Mittel- bis langfristig wird die grüne Transformation weiter entscheidend bleiben. Wir unterstützen diese Transformation. Die Industrie ist der Treiber, um bestehende Klimaschutzziele zu erreichen.

Welche konkreten Handlungsempfehlungen hat die IV zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit Europas im Vorfeld der EU-Wahlen 2024 parat?

In unserem Fokus steht das klare Bekenntnis zum europäischen Binnenmarkt, der als Herzstück der europäischen Wirtschaft eine Schlüsselrolle einnimmt. Es geht darum, Handelsbarrieren abzubauen, grenzüberschreitende Dienstleistungen zu vereinfachen und eine echte Kapitalmarktunion zu etablieren, um unternehmerische Freiheiten zu maximieren und das Wachstumspotenzial zu heben. In einer Zeit globaler Unsicherheiten und wirtschaftlicher Herausforderungen ist zudem eine proaktive und selbstbewusste Außenwirtschaftspolitik notwendig. Der Ausbau eines starken Netzes aus Handelsverträgen sowie eine sicherheitspolitische Perspektive, die den Aufbau eines verteidigungsfähigen Europas einschließt, sind essenziell für die dauerhafte Sicherung des europäischen Demokratie- und Wohlstandsmodells.

Eine zentrale Herausforderung für Europa stellt zudem die Balance zwischen wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit und umweltpolitischer Verantwortung dar. Um die industriellen Kapazitäten Europas zu nutzen, muss gegen die übermäßigen Regulierungen und die hohen Energiekosten vorgegangen werden. Ein Neu-Denken des Green Deals bzw. eine Weiterentwicklung zu einem echten Wachstumsdeal sind dabei unerlässlich, um unsere Industrie zu schützen und gleichzeitig unsere Verantwortungen wahrzunehmen.

Die europäische Wettbewerbsfähigkeit wird auch daran gemessen werden, ob es gelingt, Bürokratie abzubauen und überbordende Belastungen für Unternehmen künftig zu vermeiden. Die aktuelle Ausgestaltung der EU-Lieferkettenrichtlinie erscheint unter diesem Gesichtspunkt aber als problematisch.

Es stimmt, dass die Chance, eine durchführbare EU-Lieferkettenrichtlinie zu gestalten, bis dato leider vertan wurde. Der finale Gesetzestext ist aus Sicht der österreichischen Industrie höchst problematisch und kaum administrierbar, gerade für den industriellen Mittelstand, der Österreichs Rückgrat bildet. Dabei zeigt sich: Gut gemeint ist nicht immer gut gemacht. Die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Europa wurde mit dieser Entscheidung nachhaltig beschädigt. Um international weiterhin konkurrenzfähig bleiben zu können, braucht es in der kommenden EU-Legislaturperiode dringend ein Umdenken des europäischen Gesetzgebers mit einem Starken Fokus auf den Erhalt der europäischen Wettbewerbsfähigkeit. Es braucht einen umfassenden, horizontalen, proaktiven Rahmen für eine neue europäische Industriepolitik. Die nächste EU-Kommission muss ein ausgewogenes Verhältnis zwischen internationaler Wettbewerbsfähigkeit und politischen Ambitionen finden. EU-Institutionen und die Mitgliedstaaten müssen die regulatorischen Hürden für Investitionen sowie Entwicklung, Produktion und Vermarktung von Innovationen in Europa abbauen bzw. die Schaffung neuer Einschränkungen verhindern.

Information

Diese Seiten zum Themenschwerpunkt „Positionen 24“ basieren auf einer Medienkooperation mit der „Presse“ und werden finanziell von der Industriellenvereinigung (IV) unterstützt.

Über die IV

Die Industriellenvereinigung (IV) ist die freiwillige und unabhängige Interessenvertretung der österreichischen Industrie und der mit ihr verbundenen Sektoren. Die IV vertritt die Anliegen ihrer aktuell mehr als 5000 Mitglieder aus produzierendem Bereich, Kreditwirtschaft, Infrastruktur und industrienaher Dienstleistung in den Bundesländern, auf Bundesebene und in Europa. Als Schnittstelle zwischen Unternehmen und Politik arbeitet sie als Interessenvertretung, Thinktank, Netzwerkknoten und Servicepartner. Als Mitglied des offiziellen europäischen Arbeitgeber-Sozialpartners BusinessEurope ist die IV zudem auch auf europäischer Ebene die Stimme der österreichischen Industrie.

www.iv.at


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