EU-Wahl

Hahn will EU-Gesetze mit einem Ablaufdatum versehen

Der bisherige EU-Haushaltskommissar Johannes Hahn
Der bisherige EU-Haushaltskommissar Johannes Hahn(c) APA / Helmut Fohringer
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Am „Green Deal“ werde kein Weg vorbeiführen, ist der bisherige EU-Kommissar überzeugt. Kein Problem hat er mit der Unterstützung von Italiens Rechtspopulistin Melonis. Die Causa Schilling kommentiert er knapp.

In der vor der EU-Wahl aufgeflammten Diskussion über die Brüsseler Bürokratie hat sich EU-Kommissar Johannes Hahn dafür ausgesprochen, künftig alle europäischen Gesetze mit einem Ablaufdatum zu versehen. Eine solche „Sunset Clause“ würde „dem Ganzen die Schärfe nehmen“, sagte Hahn. Keineswegs tot ist für ihn der Green Deal.

Im Europawahlkampf haben zahlreiche Parteien, darunter auch Hahns ÖVP, scharfe Kritik an der vermeintlichen Regulierungswut der aktuellen EU-Kommission unter Ursula von der Leyen geübt. Diese habe die von ihrem Vorgänger Jean-Claude Juncker vertretene Linie verlassen, für jedes neue EU-Gesetz ein bestehendes aufzuheben. Dem begegnen möchte Hahn mit einer „Sonnenuntergangsklausel“. Konkret soll jedes EU-Gesetz sowohl mit einem automatischen Ablaufdatum versehen sein als auch mit einem davor liegenden Stichtag, an dem beurteilt werden soll, ob das Gesetz verlängert, wegen geänderter Umstände modifiziert oder ersatzlos gestrichen werden soll. „Damit hätte ich eine ständige Überprüfung des Gesetzesbestandes.“

Offen für Kooperation mit Meloni

Kein Problem hat der Vizepräsident der Europäischen Volkspartei (EVP) damit, die italienische Ministerpräsidentin, Rechtspopulistin Giorgia Meloni, in die Mehrheitsfindung auf EU-Ebene einzubinden. „All das, was die Kommission vorschlägt, ist etwas Pro-europäisches“, unterstrich er. Für diese Vorschläge müsse man dann im Europaparlament und dem Rat Mehrheiten finden. „Und wer da mittut, ist aus meiner Warte okay. Vielleicht ist es sogar auf Dauer hilfreich, wenn Personen oder Gruppierungen ihre Meinung ändern.“ Hahn verwies diesbezüglich auf die dänischen Sozialdemokraten, die während der Pandemie ihre ursprünglich europaskeptische Position geändert hätten. Auch die Regierung Meloni habe schon mehrfach pro-europäisch gehandelt.

Nicht einstimmen will Hahn in Abgesänge auf den Green Deal. „An dem wird kein Weg vorbeiführen“, betonte er. Es gehe vielmehr darum, stärker das Bewusstsein zu stärken, „dass der Green Deal nicht eine finanzielle Belastung darstellt, sondern eigentlich eine Business Opportunity für die europäische Wirtschaft“. Änderungen im Detail schloss er nicht aus. „Man muss sich immer wieder anschauen: Was ist zu tun, welche Entwicklungen gibt es.“

Ähnlich positiv sieht Hahn den Erweiterungsprozess. Er bekräftigte, dass ein EU-Beitritt der Ukraine ohne entsprechende Änderung bei der Subventionspolitik ein um 20 Prozent höheres EU-Budget erfordere. Dies sei aber „ein sehr gutes Investment“, weil die EU-Mitgliedschaft der Ukraine „ein Vielfaches“ an positiven wirtschaftlichen Effekten bringe. Besorgt zeigte er sich über die festgefahrenen Verhandlungen für die künftigen EU-Eigenmittel zur Rückzahlung der für den Corona-Wiederaufbauplan aufgenommenen Schulden. Bereits ab dem Jahr 2028 muss ein Betrag von mehr als 400 Milliarden Euro getilgt werden. Die EU-Kommission hat diesbezüglich bereits konkrete Vorschläge gemacht, etwa für eine Unternehmensbesteuerung, eine Ausdehnung des Emissionshandels auf die Bereiche Gebäude und Verkehr oder den CO2-Grenzausgleichsmechanismus. Ohne Einigung könnte es auf eine Rückzahlung aus dem regulären EU-Budget hinauslaufen. „Das wäre aus meiner Warte der Worst Case“, befürchtet Hahn eine Kürzung des EU-Budgets um zehn Prozent.

„Nächste Amtszeit ohne mich“

Eine weitere Amtszeit in der Brüsseler Behörde schloss der 66-Jährige kategorisch aus: „Ich kann bestätigen: Es wird eine nächste Amtszeit geben und ich kann auch bestätigen: Ohne mich.“ Befragt zum Anforderungsprofil für den künftigen österreichischen EU-Kommissar sagte er in offenkundiger Anspielung auf die auch als Kanzlerhoffnungen gehandelten Minister Karoline Edtstadler und Magnus Brunner (beide ÖVP): „Was ich mir erwarte, ist auf jeden Fall ein Bekenntnis zur Tätigkeit und dass das nicht gesehen wird als ein Sprungbrett für eine andere Tätigkeit, beispielsweise auf nationaler Ebene.“

Es sei auch „kein Schaden, wenn Kommissarinnen und Kommissare vorher schon Minister waren“, fügte er hinzu. Letzteres wollte er nicht als Ausschluss des von Neos ins Spiel gebrachten scheidenden EU-Abgeordneten Othmar Karas verstanden sehen. So wie die anderen kolportierten Kandidaten sei auch Karas „jünger als ich“, fügte er hinzu.

„Haben so lange den Euro und reden über Schilling“

Bedauern äußerte der EU-Kommissar darüber, dass im Europawahlkampf nicht über große Themen wie die künftige Positionierung der EU im globalen Wettbewerb mit den USA und China gesprochen worden sei. Dies sei aber kein österreichisches Spezifikum; auch in anderen Staaten werde der Wahlkampf von nationalen Themen überlagert. „Jetzt haben wir schon so lange den Euro und reden trotzdem nur über Schilling“, quittierte Hahn die Diskussion über die Grüne EU-Spitzenkandidatin Lena Schilling.

In Anspielung auf problematische Chats der früheren Klimaaktivistin unterstrich Hahn, dass „Handschlagqualität“ gerade in der sehr abstrakten europäischen Politik wichtig sei. „Am Ende des Tages musst Du Dich auf Dein Vis-a-vis verlassen können.“ (Red./APA/Stefan Vospernik)

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