Insolvenz

Sie haben über FTI Ihren Urlaub gebucht? Das sollten Sie jetzt beachten

Zehntausende müssen nach der FTI-Pleite um ihren Urlaub bangen.
Zehntausende müssen nach der FTI-Pleite um ihren Urlaub bangen.Imago / Sus Pons Via Www.imago-images.de
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Nach der Insolvenz von Europas drittgrößtem Reiseanbieter müssen auch mindestens zehntausend Österreicherinnen und Österreicher um ihren Urlaub bangen. Was Sie als Betroffene jetzt wissen müssen und tun können.

Kurz vor Beginn der Urlaubssaison sorgte am Montag die Pleite des deutschen Reiseveranstalters FTI für Aufsehen. Die Insolvenz kam zwar gewissermaßen mit Anlauf, war dann aber doch auch für Branchenkenner eine Überraschung. Im Frühjahr sollte eigentlich ein US-Investoren-Konsortium beim seit der Coronapandemie angeschlagenen Reisekonzern einsteigen. Dieses zog sich im letzten Moment aber wegen der offenbar zu hohen Verschuldung des Unternehmens zurück. Das ganze Wochenende über soll die FTI-Geschäftsführung in Berlin mit Vertretern des deutschen Finanz- und Wirtschaftsministeriums über eine Bürgschaft verhandelt haben, um eine Finanzierungslücke in Höhe einer hohen zweistelligen Millionensumme zu decken, damit man über den Sommer kommt. Das hat der Bund aber nach langen Gesprächen abgelehnt. Am Montag folgte die Insolvenzanmeldung.

11.000 Jobs wackeln nun, 70 davon in der FTI-Österreich-Niederlassung in Linz. Zehntausende Menschen müssen außerdem jetzt um ihren schon gebuchten Urlaub bangen, auch mehrere tausend Österreicherinnen und Österreicher sind von der Insolvenz betroffen. Die wichtigsten Fragen und Antworten, sollten auch Sie über FTI oder eines seiner Tochterunternehmen gebucht haben, im Überblick:

Wen trifft denn die FTI-Insolvenz nun ganz konkret?

Von der Insolvenz und deren Folgen betroffen sind zunächst die Kunden, die Leistungen von FTI Touristik gebucht haben. Dazu gehören die Marke FTI in Deutschland, Österreich und den Niederlanden sowie Angebote wie 5vorFlug und die Mietfahrzeugmarken DriveFTI und Cars and Camper. Auch wer die FTI-Leistungen über eine Buchungsplattform wie Check24 und Ab-in-den-Urlaub gebucht hat, ist betroffen.

Was heißt das, wenn ich eine Pauschalreise über FTI gebucht habe?

Derzeit werde mit Hochdruck daran gearbeitet, dass bereits angetretene Reisen auch planmäßig beendet werden können, heißt es vonseiten des Unternehmens. Noch nicht begonnene Reisen würden planmäßig seit heute Dienstag, dem 4. Juni 2024, nicht mehr oder nur teilweise durchgeführt werden können. Personen, die eine Pauschalreise über einen Reisevermittler oder direkt bei FTI gebucht haben, sind aber abgesichert und können die Reisekosten in voller Höhe zurückfordern.

Wer eine Pauschalreise gebucht hat, sei in dieser Situation relativ gut abgesichert, heißt es dazu aus dem Europäischen Verbraucherzentrum (EVZ). In so einem Fall greife die Insolvenzversicherung, so das EVZ. Betroffene sollten sich umgehend an den Versicherer wenden, vorzugsweise per Einschreiben mit Rückschein. Im konkreten Fall ist das der Deutsche Reiseversicherungsfonds (DRSF) mit Sitz in Berlin. Der DRSF habe den Kundinnen und Kunden sämtliche angefallenen Kosten zu ersetzen.

Der Fonds soll sich bei einer Pleite eines Reiseanbieters um die Erstattung der Vorauszahlungen der Kunden, gegebenenfalls den Rücktransport gestrandeter Urlauber sowie deren Unterbringung bis zum Rücktransport kümmern. Der von der deutschen Touristikwirtschaft organisierte und vom Bundesjustizministerium beaufsichtigte Fonds war nach der Insolvenz des Reisekonzerns Thomas Cook im September 2019 gegründet worden. Die Versicherung hatte damals wegen einer Haftungsbeschränkung nur einen Bruchteil der Kosten ersetzt, der Staat sprang mit Millionen ein.

Sind auch bereits gebuchte Einzelreisen versichert?

Für alle, die ihre Reise nicht im Paket gebucht haben, wird es komplizierter. Sie müssen ihre Forderungen im Insolvenzverfahren anmelden. Hier wird man aller Voraussicht nach aber lediglich einen kleinen Teil der entstandenen Kosten aus der Insolvenzmasse rückerstattet bekommen. Wenn Kunden etwa nur einen Mietwagen, ein Wohnmobil oder ein Hotel gebucht haben, greift kein gesetzlicher Absicherungsschutz. Kann die Leistung nicht mehr erbracht werden und wurde bereits ein Teil bzw. alles beglichen, so können solche Ansprüche nur im Insolvenzverfahren geltend gemacht werden.

Betroffene sollten in ihren Reiseunterlagen nach dem Sicherungsschein sehen. Der Sicherungs­schein stellt im Fall der Zahlungs­unfähigkeit des Reise­ver­anstalters sicher, dass der gezahlte Reise­preis erstattet wird. Und zwar dann, wenn entweder Reise­leistungen ausfallen oder wenn man von Part­nern des Unternehmens Zahlungs­aufforderungen erhält.

FTI hat eine entsprechende Support-Website eingerichtet, die helfen soll, relevante Fragen zu klären. „Einzelleistungen fallen nicht unter den gesetzlichen Absicherungsschutz für Pauschalreisen und sind somit nicht durch den DRSF abgesichert. Wir prüfen derzeit, ob Sie die gebuchten Leistungen dennoch in Anspruch nehmen können und werden uns in Kürze bei Ihnen melden“, heißt es dort.

Was sollten betroffenen Mitarbeiter jetzt tun?

Für die rund 70 betroffenen Beschäftigten am Standort Linz sei es nun wichtig, Ruhe zu bewahren und nicht überstürzt das Arbeitsverhältnis zu lösen, raten Experten der Arbeiterkammer. Ansonsten könnten Ansprüche verloren gehen. Sollte dennoch jemand sein Arbeitsverhältnis früher beenden wollen, raten die AK-Experten dringend, sich vorher beraten zu lassen, damit keine Ansprüche verloren gehen.

Warum kam es jetzt überhaupt zur Insolvenz?

Die FTI Group mit Sitz in München mit etwa 11.000 Beschäftigten war in der Pandemie, die die gesamte Reisebranche in eine schwere Krise stürzte, in Bedrängnis geraten. Nur 595 Millionen Euro aus dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) des Bundes sowie weitere 280 Millionen Euro der Hausbank UniCredit, für die der Bund und das Land Bayern bürgten, hielten FTI überhaupt am Leben.

Zuletzt sah sich der Reisekonzern dank gestiegener Nachfrage wieder auf Kurs. Mitte April schien die endgültige Rettung des Reiseveranstalters dann zum Greifen nah: Da hatte der US-Investor Certares angekündigt, dass er das inzwischen mit rund einer Milliarde Euro verschuldete Unternehmen kaufen werde, die Schulden übernimmt und zusätzlich 125 Millionen Euro frisches Kapital zur Verfügung stellt. Die Buchungszahlen sollen zuletzt aber deutlich hinter den Erwartungen zurückgeblieben sein. „Hinzu kam, dass zahlreiche Lieferanten auf Vorkasse bestanden haben. In der Folge kam es zu einem erhöhten Liquiditätsbedarf, welcher bis zum Closing des Investorenprozesses nicht mehr überbrückt werden konnte“, teilte FTI mit.

Die Übernahme scheiterte, es folgte die Insolvenz. Zehntausende Betroffene müssen sich anstatt des ersehnten Urlaubs nun mit ihren Versicherern herumschlagen.

(red./ag.)

Gescheiterte Rettung

Im vergangenen Geschäftsjahr 2022/2023 verzeichnete der deutsche Reisekonzern FTI ein Umsatzplus von zehn Prozent auf 4,1 Mrd. Euro und erwirtschaftete einen Gewinn in zweistelliger Millionenhöhe. Hauptgesellschafter war zuletzt die ägyptische Investorenfamilie Sawiris.

Die angepeilte Übernahme durch den US-Investor Certares scheiterte im letzten Moment wegen einer aufklaffenden Finanzierungslücke, da zahlreiche Lieferanten auf Vorkasse bestanden haben.

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