Matura

Vorwissenschaftliche Arbeit soll abgeschafft werden

Bei der Maturareform 2012 wurde an den AHS die verpflichtende VWA eingeführt.
Bei der Maturareform 2012 wurde an den AHS die verpflichtende VWA eingeführt.Hans Klaus Techt
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An den AHS sollen Maturanten zukünftig wieder entscheiden können, ob sie eine Arbeit schreiben, oder in einem zusätzlichen Fach mündlich maturieren wollen.

Als man sich 2012 im Rahmen der Maturareform entschloss, dass Vorwissenschaftliche Arbeiten (VWA) fixer Bestandteil der Reifeprüfung werden sollen, hatte man dafür gute Gründe: Zum eine sollte die VWA als Vorbereitung auf das wissenschaftliche Arbeiten an der Hochschule dienen. Zum anderen hielt man die schriftliche Arbeit, ihre anschließende Präsentation und Diskussion damals für eine geeignete Art, um die verschiedensten Kompetenzen zu überprüfen, die sich die Maturanten während ihrer Schulzeit angeeignet haben sollten.

Dann kam der Boom der Künstlichen Intelligenz (KI), vor allem der Plattform ChatGPT, und plötzlich war alles anders. Seither lässt sich nicht mehr ohne Weiteres feststellen, ob ein Text von einem Menschen, oder KI erfasst worden. Wegen dieser „rasanten Entwicklung“ kündigte Bildungsminister Martin Polaschek am Dienstag an: „Wir werden die verpflichtende VWA abschaffen“. Das gilt vor allem für die Allgemeinbildenden Höheren Schulen (AHS). Dort soll es in der Zukunft wieder mehr Wahlmöglichkeiten geben, wie die Schullaufbahn abgeschlossen werden kann. Die Schüler können entweder wie bisher eine VWA verfassen, oder aber sie müssen in einem zusätzlichen Fach mündlich maturieren. Damit es in jedem Fall einen gute Grundlage für den Wechsel an die Hochschule gibt, sollen die Kompetenzen des wissenschaftlichen Arbeitens schon in früheren Semestern und Schuljahren im Unterricht intensiv behandelt werden, heißt es.

An den Berufsbildenden Höheren Schulen (BHS) sollen die Diplomarbeiten erhalten bleiben. Sie sind meist stark an der Praxis orientiert – es können etwa Prototypen entworfen oder Projekte in Kooperation mit Unternehmen umgesetzt werden. Laut Ministerium bietet das die Möglichkeit, „berufsspezifische Denkweisen und erworbene Kompetenzen sichtbar zu machen“.

Experten berieten

Grundlage für den Entschluss des Bildungsministers seien, so heißt es, die Zwischenergebnisse der Beratungen eines Anfang Mai eingesetzten Expertenrates. Zwar wird die Gruppe aus Schülern, Lehrern, Direktoren und Experten aus dem KI-Bereich ihren finalen Bericht erst in den kommenden Wochen präsentieren, laut „Presse“-Informationen prescht Polaschek nun aber vor, damit sich die entsprechenden Gesetzesänderungen unter Einhaltung aller Fristen noch vor dem Sommer, also in dieser Legislaturperiode, ausgehen. Sobald dann das finale Experten-Papier vorliegt, will Polaschek mit dem grünen Koalitionspartner darüber diskutieren. Die Grünen müssten einer Gesetzesänderung zustimmen. Gelten sollen die neuen Regelungen dann ab dem Schuljahr 2024/25.

Unklar ist noch, wie es letztendlich mit dem Abschlussarbeiten an den Berufsbildenden Mittleren Schulen (BMS) weitergehen soll. Laut Ministerium wird aber aktuell auch hier der Entfall der Abschlussarbeit thematisiert. Die Zahl derer, die die Änderung betrifft, ist nicht allzu gering: Pro Jahr gibt es in Österreich etwa 40.000 Maturanten, etwa 17.000 davon an den AHS und 23.000 an den BHS, dazu kommen 10-15.000 Schüler in den BMS.

Derzeit ist es so, dass nicht nur die VWA selbst, sondern auch ihre Präsentation und die Diskussion darüber in die Note einfließen. Schon in der siebten Klasse starten die Schüler und ihre jeweils betreuenden Lehrkräfte mit der Suche nach einem passenden Thema. Im zweiten Semester muss dieses dann offiziell eingereicht und von der Schulleitung genehmigt werden.

Der Weg zur VWA

Verfasst wird die Arbeit dann in der achten Klasse. Sie darf höchstens rund 60.000 Zeichen (inklusive Leerzeichen, Quellenbelegen im Text und Fußnoten) umfassen. Spätester Abgabetermin ist bis zum Ende der ersten Schulwoche des zweiten Semesters. Außerdem ist ein Begleitprotokoll mitabzugeben, das die verwendeten Hilfsmittel und Hilfestellungen sowie die Dokumentation des Arbeitsablaufs zu enthalten hat. Geht es nach dem Ministerium, sollen auch jene Schüler, die gerade in der siebten Klasse sind, also schon ein Thema gefunden und eingereicht haben, im kommenden Schuljahr auswählen können, ob sie die VWA tatsächlich schreiben, oder doch in einem zusätzlichen Fach mündlich maturieren wollen.

Neos-Kritik

Die Wissenschaftssprecherin der Neos, Martina Künsberg Sarre, reagiert auf die Ankündigung Polascheks verwudnert. „Das gleicht einer Kapitulation vor KI. Die Antwort der Schule auf ChatGPT und Co. kann doch nicht sein, das Rad zurückzudrehen zu früheren Maturaformaten“, sagt sie. Der Umgang mit KI müsse ein integraler Bestandteil des Unterrichts werden. Und auch die Abschlussprüfung sollte KI sinnvoll einbeziehen, statt sie zu verbannen. „Anstatt die VWA gänzlich abzuschaffen, müssen wir das Prüfungsformat dringend weiterentwickeln. Mehr Fokus auf Präsentation und Diskussion der Ergebnisse, mehr kreative Aspekte, ein digitales Portfolio oder Teamarbeiten, die im Studium und in der Arbeitswelt längst selbstverständlich sind – es gibt viele Ansätze, die VWA auf die Höhe der Zeit zu bringen“, so Künsberg Sarre.

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