Und übrigens

Männerbands von vor 20 Jahren: Liegt das Nova Rock voll im Trend?

Sie waren 2005 schon dabei - und sind auch heuer wieder auf dem Nova Rock: Green Day.
Sie waren 2005 schon dabei - und sind auch heuer wieder auf dem Nova Rock: Green Day.Reuters / Mario Anzuoni
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In den USA boomen Retro-Festivals mit Stars der Nullerjahre. Daneben wirkt das Nova Rock mit seinem Fokus auf das Gestrige gar nicht mehr so alt.

Wie muss es nur gewesen sein, Mitte der Nullerjahre auf ein Rockfestival zu gehen? In jener Zeit, in der sich der Punkrock auf höflichste Art noch einmal aufbäumte, in der verzerrte Gitarren auf fröhliche Melodien trafen und Männer-Bands in Röhrenjeans aus dem Boden schossen wie Schwammerln? Wie war das noch mal in dieser Hochblüte des Indie-Emo-Retro-Pop­rock? Hach, welch gute alte Zeit!

Sagt kein Mensch in Österreich. Solcherlei Nostalgie ist hierzulande unbegründet – einfach weil das Jahr 2005 festivaltechnisch nie zu Ende gegangen ist. Vor allem das Nova Rock, das nächste Woche in eine neue Runde geht, ist zu guten Teilen konsequent weiter so programmiert, wie es vor 20 Jahren hip war: Unter den Headlinern sind Green Day (wie auch schon beim allerersten Nova Rock 2005), daneben spielen Billy Talent, Sum 41, Donots, die Sportfreunde Stiller … also allerlei Bands, die die Teenager der Nullerjahre verzückten. Die sind jetzt in ihren Dreißigern und dürften sich beim Nova Rock auch – ein bisserl ironisch, ein bisserl im Ernst – auf Avril Lavigne freuen, deren bis heute größte Hits aus dem Jahr 2003 sind.

»Sehnsucht nach dem Rock der Nuller? Braucht man in Österreich nicht haben: Der Festivalsommer 2005 ist hier nie zu Ende gegangen.«

Die Älteren werden etwa mit Alice Cooper an ihre Jugend erinnert. Und wenngleich mit der italienischen Rockband Måneskin (die vor allem durch ihren Song-Contest-Sieg 2021 bekannt wurde) auch eine aktuelle Band im Line-up ist: Das größte Musikfestival Österreichs (sieht man vom Donauinselfest ab) übt sich großteils vehement in musikalischer Vergangenheitsbeschwörung. Während die Groß­events anderer Länder – vom Primavera Sounds in Barcelona bis zum britischen Glastonbury, vom dänischen Roskilde bis zum belgischen Rock Werchter – eine Mischung aus etablierten Stars und Acts der Stunde auffahren (und über die fast reine Männerparade beim Nova Rock wohl verständnislos lachen dürften), setzt man bei uns Jahr für Jahr auf Retro-Programm. Wie übrigens auch beim ganz ähnlichen Rock am Ring in Deutschland.

Es ist halt ein Rockfestival im engsten Sinne, könnten manche argumentieren, da passen Dua Lipa und Doja Cat eben nicht hinein. Es ist trotzdem uninspiriert und altbacken, könnten andere dagegenhalten.

Ist das echt oder von Millennials erträumt?

Oder ist das Nova Rock geradezu prophetisch und ein globaler Trendsetter mit seinem Fokus auf die Musik von gestern? Das legt ein aktueller Bericht des „Guardian“ nahe: In den USA boomen demnach Festivals, deren Ankündigungsposter Fans rätseln lassen, ob sie nicht von nostalgischen Musikfreunden in Photoshop gebastelt wurden. Das eintägige „Lovers & Friends“-Festival in Las Vegas, das wegen einer Sturmwarnung kurzfristig abgesagt werden musste, hätte im Mai R&B- und Hip-Hop-Größen der frühen Nullerjahre versammelt, von Alicia Keys über Snoop Dogg bis Usher. Das „Just Like Heaven“ in Kalifornien ließ kürzlich Indie-Helden derselben Dekade wieder aufleben (mit z. B. Death Cab For Cutie) und das „When We Were Young“ bringt im Oktober die Emo- und Postpunk-Fraktion in Las Vegas zusammen (unter vielen anderen: My Chemical Romance).

Und all das, während sich das zeitgenössische US-Großfestival Coachella zunehmend schwertut, alle Tickets zu verkaufen. Der „Guardian“ begründet das zum einen damit, dass die mittlerweile zahlungskräftig gewordene Generation der Millennials ihre Jugendhelden hören und sehen will. Aber auch damit, dass das Streaming die Grenzen der musikalischen Epochen aufgehoben hat. Und Oldies eine neue Blüte beschert. In Nickelsdorf blühen sie ohnehin seit Jahren.

E-Mails an: katrin.nussmayr@diepresse.com

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