Abschied auf Raten

Wolfgang Sobotka soll Parteiakademie der ÖVP leiten

Wolfgang Sobotka
Wolfgang SobotkaAPA /Georg Hochmuth
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Der Nationalratspräsident kündigte seinen Rückzug an. Das dürfte allerdings kein endgültiger aus der Politik sein.

Wolfgang Sobotka war am Mittwoch relativ weit weg. Er hatte Termine im finnischen Parlament in Helsinki. Zuhause war er politisches Tagesgespräch zwischen Lichtenfelsgasse und St. Pölten. Am Abend zuvor hatte er via „Kuier“ kundgetan, sich zurückziehen zu wollen. Hat Sobotka seine Partei mit seinem Abschied auf Raten auf dem falschen Fuß erwischt? Nicht wirklich. Die wesentlichen Vertreter der Volkspartei, jedenfalls im Bund und in Niederösterreich, waren vorab informiert. „Ich freue mich für ihn – vor allem angesichts dessen, was er nachher machen wird“, sagt ein ÖVP-Grande.

Und was wird Wolfgang Sobotka nachher – nach der Nationalratswahl bei der er nicht mehr antritt – machen? Er soll, könnte und wird wohl Präsident der Politischen Akademie der ÖVP, kurz PolAK genannt, werden. Derzeit wird diese noch von Bettina Rausch geleitet. Zu Sobotka würde diese Aufgabe jedenfalls passen: Es wäre eine Fortführung des Nationalratspräsidentenamts mit anderen Mitteln. Sobotka könnten Symposien organisieren, Diskussionsveranstaltungen und so weiter. Mit sich selbst im Mittelpunkt freilich.

Das Nationalratspräsidentenamt zu behalten, war aus derzeitiger Sicht unrealistisch. Weniger weil Sobotka in der ÖVP des Karl Nehammer an Einfluss verloren hätte, sondern weil die ÖVP kaum Erster bei der Nationalratswahl werden wird – die Voraussetzung für die Besetzung des Amts des Ersten Nationalratspräsidenten. Im Jänner hatte Sobotka im „Presse“-Interview auf die Frage, ob der bei der Nationalratswahl wieder anzutreten gedenke, gemeint: „Wenn die Brücke da ist, geh‘ ich darüber.“ Zuvor war bekannt geworden, dass er sich nicht auf der niederösterreichischen Landesliste wiederfinden würde. Landeshauptfrau Joahnna Mikl-Leitner hatte diese Plätze für ÖVP-Minister wie Klaudia Tanner und Gerhard Karner reserviert. Sobotka hätte ein Mandat auf der Bundesliste bekommen müssen.

Nun war die Brücke offenbar da. Nach einem Gespräch mit der Familie entschied sich Sobotka für den Schritt an die Öffentlichkeit. Es wird ein Schritt raus aus dem Parlament sein, aber nicht raus aus der Politik. Ein solcher würde Wolfgang Sobotka wohl auch sehr schwer fallen.

Fast ein Leben lang Politiker

Sobotka war mehr oder weniger sein Leben lang Politiker. Bis auf jene Zeit, als er sich als Dirigent versuchte. Und als Historiker beim Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstands. AHS-Lehrer war er auch noch. Politisch begann er im Gemeinderat von Waidhofen an der Ybbs, ab 1996 war er dort Bürgermeister. Er zog weiter in die niederösterreichische Landesregierung, unter anderem zuständig für Finanzen. Landeshauptmann wurde er nicht, Erwin Pröll zog Johanna Mikl-Leitner vor. Sobotka wurde Innenminister, half Sebastian Kurz beim Aufstieg an die Parteispitze und nach dessen Wahlsieg wurde er Erster Nationalratspräsident. Seine Karriere war umrankt von politischen Affären, Vorwürfen und Auseinandersetzungen. Sobotka hielt dem stets stand. Oder wie er nun im „Kurier“ meinte: „Ich war nie das Fähnchen im Wind, ich war immer ein Mast.“

Kogler würdigt Kampf gegen Antisemitismus

Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) und Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) würdigten am Mittwoch Sobotkas bisherige Arbeit. Der 68-Jährige habe glaubwürdig gegen Antisemitismus gekämpft, betonte Kogler. Nehammer ergänzte, dass der Nationalratspräsident eine freie Entscheidung getroffen habe. Er sei innerhalb der ÖVP immer ein wichtiger Unterstützer gewesen und stehe ihm selbst immer wieder mit Rat zur Seite.

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