Flusskreuzfahrt

Gestrandete Schiffe auf der Donau: „Es ist ein Mist“

Koffer werden entladen, weil die Passagiere mit dem Bus zum nächsten Schiff gebracht werden.
Koffer werden entladen, weil die Passagiere mit dem Bus zum nächsten Schiff gebracht werden.Barbara Aichinger
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Die gesamte Donau ist für die Schifffahrt seit Dienstag gesperrt. Mehr als ein Dutzend Kreuzfahrtschiffe sind in Wien gestrandet. Was nun?

Wien. Die vier deutschen Touristen stehen entspannt auf dem Schiffskai unter der Wiener Reichsbrücke, aber ganz glücklich wirken sie nicht. „Es ist ein Naturereignis, aber es ist Mist“, sagt eine der vier, während die anderen zustimmend nicken. Die beiden Ehepaare aus Chemnitz gehören zu jenen Flusskreuzfahrt-Passagieren, die derzeit in Wien gestrandet sind.

Die Donau führt Hochwasser. Seit Dienstagmittag ist ein Weiterfahren strengstens untersagt. Der Schiffsverkehr auf der ganzen Donau liegt still.

Das wache Auge erkennt das auch. Unnatürlich braun und etwas höher als sonst wälzt sich der Fluss durch die Stadt. Kein Frachtdampfer, kein Kreuzfahrtschiff fährt. Dafür liegt eine lange Reihe von weißen Schiffen mit großen Panoramafenstern und Sonnenschirmen Bug an Heck und zum Teil in drei Reihen parallel nebeneinander an der Anlegestelle. Mehr als 15 Schiffe hat „Die Presse“ gezählt.

Die Schiffe liegen zum Teil in Dreierreihen an der Anlegestelle.
Die Schiffe liegen zum Teil in Dreierreihen an der Anlegestelle. Barbara Aichinger

Ausflug mit dem Bus

Geschätzt mehr als 2000 Touristen müssen nun ihre Tage zwangsweise in Wien verbringen, während die Schiffscrew die Schiffe putzt und große Lastwagen die Essenslieferungen bringen. Frisches Gemüse, Sektflaschen, Wasser, aber auch Pfirsiche und Ananas in Dosen, Kartons voll mit Ketchup und Steigen an Fanta. Reden dürfen die Crews nicht. „Bitte wenden Sie sich an die Presseabteilung“, hört man in verschiedenen Sprachen. Vielleicht noch ein „Es ist halt so“ und ein Achselzucken eines Crewmitglieds, dann geht jeder wieder seiner Arbeit nach. Auch die Donauraum Wien GmbH, immerhin für die Schiffe an der Anlegestelle zuständig, war zu keiner Stellungnahme bereit. Die Touristen, die um ihren Urlaub gebracht wurden, dafür umso mehr.

Große Reisebusse haben die meisten von ihnen bereits am Mittwochvormittag abgeholt: Ersatzprogramm. Die zwei deutschen Ehepaare aus Chemnitz fahren nicht mit. „Wir wären heute eigentlich in Budapest“, sagt eine. Aber fast 500 Kilometer mit dem Bus für einen Tag. „Das müssen wir uns nicht antun.“

Zahlreiche Busse.
Zahlreiche Busse. Barbara Aichinger

Seit Sonntag sind sie nun schon in der Stadt. „Und wir haben keine Ahnung, wie es weitergeht.“ Dabei habe sie am Wochenende noch im Reisebüro nachgefragt, ob die Donau-Flusskreuzfahrt stattfindet. Ja, habe man gesagt. Allerdings werde man sie in Melk und nicht in Passau einschiffen. Nachsatz: „Nach dem jetzigen Stand hätte man die Reise eigentlich absagen müssen“, sagt die Frau. Ärgert sie das? „Na ja. Es hat allerhand Geld gekostet.“ Wien sei sehr schön. „Aber es war nicht unser Ziel. Dann hätten wir Wien gebucht und keine Schiffsreise.“

Oder eine Busreise, wie sie die Firma von Busfahrer Michael anbietet. Der wurde eiligst von einem der Schiffsbetreiber engagiert und wartet nun in der Hitze, dass seine Gäste im Bus Platz nehmen. „Wir fahren jetzt zum Stift Göttweig. Dann haben sie noch einen Stadtausflug in Krems, und dann geht es wieder retour“, erklärt der Mann mit dem weißen Hemd und den gut ausgeprägten Lachfalten im Gesicht. Den Auftrag hat er am Vorabend erhalten. Eine gehörige Portion Flexibilität gehört zu seinem Job genauso wie eine Portion Schmäh.

Die Stimmung in seinem Bus? „Die ist super“, sagt er. „Die Amerikaner sind immer gut gelaunt. Es sind die Deutschen, die jammern. Aber die meckern schon beim Wegfahren, weil irgendwas nicht passt.“ Er grinst. Nachsatz: „Für die Amerikaner muss nur die Klimaanlage funktionieren. 20 Grad. Du hast schon einen Pullover an, aber für sie ist es angenehm.“ Als er das zum allgemeinen Gaudium auf Englisch auch gegenüber seinen Gästen im Bus wiederholt, lachen alle. Sie wirken zufrieden. „We have sun here“, sagt einer und grinst.

Die Ehepaare McCormick und Connelly aus Kanada.
Die Ehepaare McCormick und Connelly aus Kanada. Barbara Aichinger

Dabei sind sie weit geflogen. So wie die Ehepaare McCormick und Connolly aus Kanada, die ebenfalls die Anlegestelle entlangspazieren. Wie die Reise bis jetzt verläuft? „Enttäuschend“, sagt Constance Connolly erfrischend ehrlich. „Wir konnten bis jetzt keine einzige geplante Station einhalten.“ Es ist der fünfte Tag ihrer Reise.

Eigentlich hätten sie schon in Regensburg aufs Boot steigen sollen, dann weiter nach Passau. Nichts davon ist passiert, stattdessen haben sie drei Nächte in Linz verbracht. Immerhin konnten sie von dort mit dem Schiff nach Wien fahren. Nur um hier wieder festzusitzen. Angeblich werden sie morgen mit dem Bus nach Bratislava gebracht, um von dort mit dem Schiff nach Budapest zu fahren. Sie glauben es erst, wenn es passiert. Die Schlögener Schlinge, die szenische Landschaft der Wachau, haben sie aber unwiderruflich verpasst.

Jahre dafür gespart

Dabei haben sie die halbe Welt überquert. Von der Reise hat Don McCormick von einem Geschäftspartner erfahren, der davon in den höchsten Tönen geschwärmt hat. Das Ehepaar Connolly hat „Jahre auf die Reise gespart“. Nachsatz: „Aber man kann keinen Fluss kontrollieren.“ Ob sie noch etwas von dem Geld zurückbekommen?

Sie wissen es noch nicht, hoffen es aber. Jetzt versuchen sie das Beste aus der Reise zu machen. Abends gehen sie ins Theater, untertags erkunden sie den ersten Bezirk.

Vielleicht haben sie Glück. Der Donau-Pegel sank am Mittwoch. Am späten Nachmittag sollte man wissen, ob die Sperre verlängert wird. Oder ob ihre Fahrt wieder in Fluss kommt.

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