Verleihung

„Heuer noch einmal Party“: Der unpolitische Filmpreis

Emily Cox und Dirk Stermann führten am Mittwoch im Festsaal des Wiener Rathauses durch den Abend.
Emily Cox und Dirk Stermann führten am Mittwoch im Festsaal des Wiener Rathauses durch den Abend.APA/Max Slovencik
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Mit zwei großen Gewinnerfilmen und einer kurzweiligen, von Emily Cox und Dirk Stermann moderierten Gala feierte sich die Kinobranche am Mittwochabend im Wiener Rathaus selbst.

Unpolitisch soll die Veranstaltung sein. „Sehr unpolitisch“, wie Schauspielerin Verena Altenberger und Regisseur Arash T. Riahi, die Präsidenten der Österreichischen Filmakademie, gleich zu Beginn der 14. Verleihung der Filmpreise nicht ohne Ironie klarstellen. An diesem Abend werde sich alles um den heimischen Film drehen. Weder der andauernde Angriffskrieg in der Ukraine noch Themen wie Femizide, Rassismus und Sexismus sollen eine Rolle spielen. „Das überlassen wir den Ex­pertInnen“, sagt Riahi. Diese wüssten am besten, wie mit Vorfällen aus diesem Spektrum umzugehen sei – ein kleiner Seitenhieb auf jene Medien, in denen die Opfer zu wenig zu Wort kommen.

Heute werde jedenfalls „noch einmal Party gemacht“, nächstes Jahr sei ohnehin Schluss mit lustig, „wenn Kickl hier mit dem Polizeipferd einreitet“. Diesen Ball – so viel zu „sehr unpolitisch“ – nimmt auch gleich Vizekanzler und Kulturminister Werner Kogler (Grüne) auf. Die Nationalratswahl im Herbst sei „keine Volkskanzlerwahl“. Selbst dann, wenn die FPÖ die „relative Mehrheit“ erreichen solle, heiße das nicht, dass sie in der Regierung sein werde. Gegen die „Feinde der liberalen Demokratie“ brauche es „die konstruktiven politischen Kräfte“, so Kogler. „Möge der Spuk nicht eintreten, damit es weiter lustig bleibt.“ Lustig bleibt es dann auch. Und tatsächlich weitgehend unpolitisch. Vor allem kurzweilig – dank der Inszenierung der fast dreistündigen Gala im Festsaal des Rathauses (die Party danach findet im Arkadenhof statt, zur Musik von DJane Colette und M.A.R.S. und bei milden Temperaturen) durch Regisseur Thomas W. Kiennast, der für die Moderation Dirk Stermann („Wir feiern die Vielfalt beim Österreichischen Film. Das bedeutet, dass einige wenige Personen vielfältig eingesetzt werden“) und die auch als Hauptdarstellerin nominierte Emily Cox („Alma & Oskar“) verpflichtet hatte – für sehr wenig Geld, wie Stermann beklagt. Cox habe ohnehin nur zugesagt, weil ihr versprochen worden sei, an der Seite von Hollywoodstar Ryan Gosling moderieren zu dürfen. Stattdessen habe sie „einen Deutschen“ bekommen – wohl, weil alle Österreicher abgesagt hätten.

„Geschichte wiederholt sich“

Die Bühne ist klein, umso größer die Leinwand dahinter. Am häufigsten ist dort der Titel zweier Filme zu sehen – „Des Teufels Bad“ von Veronika Franz und Severin Fiala und das Musikerporträt „Rickerl“ von Adrian Goiginger (Durchbruch mit „Die beste aller Welten“). Das von Ulrich Seidl produzierte historische Depressionsdrama verwandelt acht seiner elf Nominierungen in Preise und siegt auch in der Königskategorie Bester Film. „Rickerl“ hingegen beschert Goiginger die Regie- und Drehbuchtrophäe.

Auch bei den beiden Schauspiel­kategorien setzen sich diese Filme durch. Anja Plaschg, unter dem Künstlernamen ­Soap&Skin als Singer-Songwriterin erfolgreich und bei „Teufels Bad“ auch als Filmkomponistin mit einer Trophäe bedacht, wird für ihre Darstellung einer depressiven Frau im Mittelalter als beste Schauspielerin in einer Hauptrolle gekürt. „Ich habe mit Schrecken erkannt, dass sich die Geschichte von damals heute immer noch wiederholt“, sagt sie in ihrer Dankesrede. Kollege Voodoo Jürgens wird für die Titelrolle in „Rickerl“ ausgezeichnet.

Casting als neue Kategorie

An „Rickerl“ – in Person von Angelika Kropej – geht auch der zum ersten Mal verliehene Preis für das beste Casting, die Oscar-Academy würdigt diese Kategorie erst ab 2026. Den Großteil der restlichen Ehrungen, über die die rund 600 Mitglieder der Akademie entscheiden, gewinnt „Des Teufels Bad“. Kameramann Martin Gschlacht kann für seine Arbeit ebenso mit einer Statuette nach Hause gehen wie Michael Palm (Montage) und Maria Hofstätter, die für ihre Leistung als beste Nebendarstellerin bedacht wird.

Der Grund, die künstlerische Leitung der Verleihung zu übernehmen, sei für Kiennast im Übrigen seine im Februar verstorbene Frau gewesen, die Produzentin Lisa Scheid: „Lisas unerschütterlicher Glaube an das Gute in der Welt hat mich zu einem Optimisten gemacht“, sagt er. „Das ist nicht immer leicht, wenn man einen Blick auf die Gesellschaft wirft, die sich immer mehr von Werten, Menschlichkeit und Offenheit entfernt. Hoffnungslosigkeit ist Gift.“

Voodoo Jürgens wurde als bester Hauptdarsteller in „Rickerl“ prämiert.
Voodoo Jürgens wurde als bester Hauptdarsteller in „Rickerl“ prämiert.APA/Slovencik
Beste Hauptdarstellerin Anja Plaschg, sie wurde für ihre Rolle in „Des Teufels Bad“ ausgezeichnet.
Beste Hauptdarstellerin Anja Plaschg, sie wurde für ihre Rolle in „Des Teufels Bad“ ausgezeichnet.APA/Slovencik

Alle Gewinner

Acht Auszeichnungen „Des Teufels Bad“ von Veronika Franz und Severin Fiala, vier Auszeichnungen „Rickerl - Musik is höchstens a Hobby“ von Adrin Goiginger.

BESTER SPIELFILM: „Des Teufels Bad“ von Veronika Franz und Severin Fiala

BESTER DOKUMENTARFILM: „Souls of a River“ von Chris Krikellis

BESTER KURZFILM: „Die unsichtbare Grenze“ von Mark Gerstorfer

BESTE WEIBLICHE HAUPTROLLE: Anja F. Plaschg („Des Teufels Bad“)

BESTE MÄNNLICHE HAUPTROLLE: Voodoo Jürgens („Rickerl“)

BESTE WEIBLICHE NEBENROLLE: Maria Hofstätter („Des Teufels Bad“)

BESTE MÄNNLICHE NEBENROLLE: Karl Fischer („Mermaids Don“t Cry„)

BESTE REGIE: Adrian Goiginger („Rickerl„)

BESTES DREHBUCH: Adrian Goiginger („Rickerl„)

BESTES CASTING: Angelika Kropej („Rickerl„)

BESTE KAMERA: Martin Gschlacht („Des Teufels Bad„)

BESTE MONTAGE: Michael Palm („Des Teufels Bad„)

BESTES KOSTÜMBILD: Tanja Hausner („Sisi und Ich„)

BESTES MASKENBILD: Judith Kröher Falch und Tünde Kiss-Benke („Des Teufels Bad„)

BESTES SZENENBILD: Andreas Donhauser und Renate Martin („Des Teufels Bad„)

BESTE MUSIK: Anja F. Plaschg („Des Teufels Bad„)

BESTE TONGESTALTUNG: William Edouard Franck, Veronika Hlawatsch, Manuel Grandpierre („Wald„)

PUBLIKUMSSTÄRKSTER KINOFILM: „Andrea lässt sich scheiden“ von Josef Hader

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