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„Bad Boys: Ride or Die“: In diesem Film wird Will Smith abgewatscht

Zwischen die Supercops Mike (Will Smith, r.) und Marcus (Martin Lawrence) passt auch in „Bad Boys 4“ kein Blatt.
Zwischen die Supercops Mike (Will Smith, r.) und Marcus (Martin Lawrence) passt auch in „Bad Boys 4“ kein Blatt.Sony/Frank Masi
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Der Superstar, der sich bei den Oscars ins Branchen-Aus watschte, wagt eine Rückkehr mit dem Actionknaller „Bad Boys: Ride or Die“ – und erteilt sich darin selbst Absolution.

Was macht ein Actionheld nach einer Panikattacke? Ganz klar: So tun, als ob er nie eine gehabt hätte! Superbulle Mike Lowrey jedenfalls leugnet nach einem erschütternden Augenblick des psychischen Kontrollverlusts hartnäckig, was mit ihm passiert ist. Auszeit? Therapie? Mike winkt ab: Ein gestandener Mann habe so etwas nicht nötig. Und ein richtiger „Bad Boy“ schon gar nicht.

Genau solche „Bad Boys“ geben Komiker Martin Lawrence und Schauspielstar Will Smith in der gleichnamigen Actionfilmreihe. Seit 1995 machen sie darin als Cop-Kumpel im dauerhaften Dirty-Harry-Modus die Straßen Miamis (und auch Straßen weniger glanzvoller Großstädte) sicher, indem sie diese im Namen des Gesetzes in Schlachtfelder verwandeln.

Im Zenit des verschwenderischen Krawallkinos à la Michael Bay, der die ersten zwei „Bad Boys“-Teile inszeniert hat, war das ein Erfolgsmodell – und ein ideales Vehikel für Smith in der Rolle des knallharten Draufgängers Mike. Doch die Zeiten haben sich geändert, nicht zuletzt für Smith. Einst vermöbelte der einzige schwarze Kassengarant des globalen Blockbustergeschäfts in Spektakelfilmen wie „Independence Day“ fiese Aliens („Willkommen auf der Erde!“). Doch 2022 katapultierte er sich an den Rand des Karrierekollapses, als er dem Comedian Chris Rock im Zuge der Oscar-Verleihung vor laufenden Kameras eine Ohrfeige verpasste (Rock hatte sich einen schlechten Witz auf Kosten von Smiths Frau erlaubt). Dass Smith am selben Abend seinen ersten Oscar gewann, bewahrte ihn nicht vor dem Backlash der Branche: Das Sklaverei-Drama „Emancipation“ fiel nach dem Watschen-Eklat bei Kritik und Publikum durch, Studios, Netflix und Co. nahmen Sicherheitsabstand vom PR-Problembär.

Comeback-Versuch mit Metakommentar

Doch wirklich gecancelt ist Smith nicht. Zum einen, weil er sich (mit Verzögerung) medienwirksam bei Chris Rock entschuldigt hat. Zum anderen, weil sein Auszucker – im Unterschied etwa zu sexuellen Übergriffen – in vieler Augen als allzu menschliche Schwäche durchgeht, die im Falle von Einsicht auch Nachsicht verdient.

Nun wähnen Smith (und der Sony-Konzern) die Zeit reif für einen Comeback-Versuch. Zumindest im Kommerzgefilde: Oscars wird „Bad Boys: Ride or Die“ keine kassieren. Muss er auch nicht, um Smiths angeknackste Glorie zu verarzten – nur Witz und Action sollten sitzen!

Oder? Nein: Ganz ohne Image-Bewusstsein geht’s nicht. Selbst hartgesottene Smith-Fans werden ein wenig im Blick haben, ob und wie ihr Idol in seinem ersten Actionknaller seit dem Skandal auf dessen Nachbeben reagiert. Und tatsächlich macht „Bad Boys 4“ die Suche nach entsprechendem Subtext nicht schwer. Von Anfang an, als Mikes Freund und Kupferstecher Marcus (Martin Lawrence) seinen jähzornigen Kompagnon mahnt, gefälligst „netter“ zu sein, schwingt ein Metakommentar zum Thema mit.

Nicht zuletzt bei der eingangs erwähnten Panikattacke, die Mike im Zuge seiner Jagd auf einen cartoonesken Bösewicht (Eric Dane) erleidet. Und die ihm irgendwann doch zu verstehen gibt, dass er nicht immer alles im Griff haben kann. Marcus, nach einer Nahtoderfahrung schnell mit spirituellem Rat bei der Hand, attestiert dem Kollegen sogar eine unterentwickelte „Baby-Seele“ – und zwar eine ohne Gemächt. Das will Mike nun wirklich nicht hören: „Meine Seele hat ganz sicher einen Schwanz!“

Ob dieser böse Bub seine Kastrationsängste überwinden kann? Ja und nein: Smiths Männlichkeitsgehabe ist so sehr Teil seiner Starpersona, dass er diesem nicht einfach abschwören kann. Also muss er es „überarbeiten“ – was er hier im Laufe eines Verschwörungsplots macht, unterstützt von maskuliner Melodramatik um Mikes verlorenen Sohn, den mexikanischen Drogenverbrecher Armando (Jacob Scipio).

Dem Action-Bombast tut das freilich keinen Abbruch: Das belgische Regie-Duo Adil El Arbi und Bilall Fallah inszeniert dieses „Bad Boys“-Abenteuer mit zweckdienlicher Effizienz nach dem Motto „Gib Gas, ich will Spaß!“, analoge Effekte (und Krokodile) sorgen für Neunziger-Retroflair. Am Ende wird Smith, zwinker, zwinker, selber abgewatscht, und Lawrence brüllt: „Es ist nicht deine Schuld!“ Karriere gerettet!

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