Marktbericht

Luxusimmobilien: Zweigeteilte Lage am Wiener Speckgürtel

Derzeit gibt es zwar viele Besichtigungen, zu spontanen Käufen kommt es aber kaum, berichten Makler.
Derzeit gibt es zwar viele Besichtigungen, zu spontanen Käufen kommt es aber kaum, berichten Makler.Getty Images
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Rund um Wien gibt es am Immobilienmarkt derzeit Gewinner und Verlierer: Historische Objekte gehören zur ersten Gruppe, legten teilweise nur durch Abwarten an Wert zu.

Niederösterreich. Die Lagen rund um Wien haben es in den vergangenen eineinhalb Jahren besonders schwer gehabt. Denn: „Lage, Lage, Lage hat in Zeiten wie diesen eine noch größere Bedeutung“, berichtet Wilhelm Fetscher, Inhaber der Remax-Standorte Tulln, Vösendorf, Stockerau sowie Favoriten und der Donaustadt. „In einem Kaufrausch kann die Lage manchmal untergeordnet sein, aber momentan konzentriert sich alles darauf. Und richtige Toplagen sind in Niederösterreich nur der Ölberg in Klosterneuburg, der Bisamberg, Mödling, die Hinterbrühl, Gießhübl – dann sind wir auch schon fertig“, sagt der Makler.

Wie auch in Wien hat der Markt der Luxusimmobilien rund um die Hauptstadt seit dem Beginn der Zinserhöhungen und der Verschärfung der Finanzierungsvorschriften vor allem unter einer gewissen Kaufunlust gelitten. Die war andauernden Spekulationen geschuldet, dass es irgendwann Preissenkungen von bis zu 20 Prozent geben würde. Das hat bisher aber weder in noch vor den Toren der Großstadt im Highend-Bereich stattgefunden. Denn die Projektentwickler, die durch die Stagnation wirklich unter Druck sind, können die Preise nicht senken, weil sie teuer gebaut haben und die Banken nicht mitspielen würden. Und diejenigen, die genügend Kapital haben, warten ab, bis die Freude am ­Kaufen wieder steigt.

Zinssenkung der EZB soll mehr Bewegung in den Markt bringen

Zumindest in Niederösterreich wittern die Immobilienprofis ein wenig Morgenluft, was das Interesse der wohlhabenden Klientel angeht, die nun gefühlt lange genug auf die angeblichen Riesenrabatte gewartet habe. „Es ist zwar noch kein Sturm, aber wir spüren zumindest ein Mailüfterl“, formuliert es Peter Marschall, Inhaber von Marschall Immobilien. „Ein bisschen was kommt wieder in Bewegung und das Interesse steigt, auch wenn die Abschlüsse noch nicht da sind.“

Nach der lang erwarteten Senkung der Zinsen („Die Presse“ berichtete) bei der Sitzung der Europäischen Zentralbank (EZB) am vergangenen Donnerstag könnte sich künftig noch um einiges mehr auf dem Immobilienmarkt bewegen. Auch Fetscher sieht zumindest Licht am Ende des Tunnels: „Man merkt schon, dass die Kauflaune zurückkommt, weil die Abwartehaltung schön langsam vorbei ist. In den letzten eineinhalb Jahren haben wir im Luxussegment die Zurückhaltung gemerkt: viele Besichtigungen, aber keine spontanen Kaufentscheidungen. Aber das Firmament hellt sich auf.“

Historische Objekte, wie etwa das Gutmann-Schlösschen in Gießhübl, sind vergleichsweise leicht vermittelbar.
Historische Objekte, wie etwa das Gutmann-Schlösschen in Gießhübl, sind vergleichsweise leicht vermittelbar. Engel & Völkers Baden

Ein Problem sei allerdings, dass im Highend-Bereich nach wie vor zu viele Objekte für zu wenige Klienten auf dem Markt sind. Eine Einschätzung, die Oskar Beirer, geschäftsführender Gesellschafter von Engel & Völkers Baden, teilt. „Es sind heuer wesentlich mehr Objekte auf dem Markt als noch 2023. Von denen sind einige marktgerecht eingepreist, andere gehen unter Wert – was die Lage schwieriger macht“, erklärt der Makler.

Historische Villen legten teilweise nur durch Abwarten an Wert zu

Grundsätzlich gilt aber auch in Wien-nahen Lagen Niederösterreichs, dass Klassiker ihren Wert behalten – während Objekte, die zu eng auf eine Zielgruppe zugeschnitten wurden, nur mühsam oder gar keine Käufer finden. Zu den Klassikern gehören dabei die historischen Villen im Süden Wiens, die teilweise einfach nur durch Abwarten an Wert gewinnen, wie Beirer berichtet: „So ist etwa vor einem Jahr eine historische Villa mit 200 Quadratmetern Wohnfläche und einem knapp 500 Quadratmeter großen Grund, die komplett sanierungsbedürftig ist, um 690.000 Euro verkauft worden. Und jetzt wieder um 770.000 – ohne dass auch nur ein Cent investiert worden wäre.“

Eine andere dieser altehrwürdigen Schönheiten mit Handlungsbedarf habe um 280.000 Euro den Besitzer gewechselt und sei nach einem Investment von 100.000 Euro um eine Million wieder verkauft worden. Er vergleicht die alten Schätze mit Oldtimern, die man eben heute nicht mehr bekommen könne, weshalb dafür Liebhaberpreise gezahlt werden.

Alte Schätze, neue Ladenhüter

Neue Villen seien dagegen derzeit schwer an den Mann oder die Frau zu bringen. Vor allem dann, wenn die Zielgruppe, auf deren Geschmack sie einst teuer mit wertvollen Materialien zugeschnitten wurden, jetzt nicht mehr zur Verfügung steht.

„Beispielsweise gibt es am Tulbinger Kogel einige Objekte, die im Besitz russischer Staatsbürger sind, die sie gern verkaufen würden. Aber dort haben wir das Problem, dass sie sehr spezifisch dem Geschmack der osteuropäischen Käufer entsprechen, die aber dem Markt jetzt nicht mehr zur Verfügung stehen“, sagt Fetscher. Eine Situation, die Beirer auch in Baden beobachtet: „Prunkbauten in Baden, die von wohlhabenden Russen gebaut wurden, gehen gar nicht mehr, weil der Ostmarkt einfach tot ist“, meint der Makler. Entsprechend werden diese Objekte derzeit deutlich unter Wert eingepreist, um zumindest eine Schadensbegrenzung für die Abgeber zu erzeugen.

Bei Objekten in Gießhübel oder am Bisamberg könne es dagegen schon wieder zu kleinen Bietergefechten kommen, wenn die Liegenschaft etwas Besonderes ist, was auch den Preis bereits wieder hinaufdrückt. Gerade die Lagen „über der Donau“, wie Korneuburg, Bisamberg oder Hagenberg, rücken laut Marschall gefühlt immer näher an Wien heran, auch wenn dort nicht alles Luxus im klassischen Sinn sei. „Aber es gibt gute Verbindungen, und wer gern schön wohnt, bekommt um zwei Millionen Euro im 19. ein Häuschen, in Klosterneuburg ein herzeigbares Haus und etwas sehr Schönes in Bisamberg“, rechnet Marschall vor. Nach Korneuburg betrage der Preissprung noch einmal 15 bis 20 Prozent, „die dortigen Preise holen aber mächtig auf“.

Simple Rechnung

Denn unabhängig von dem „gefühlten“ Preis der Abgeber, der sich teilweise noch auf die vergangenen Boom-Zeiten stützt, sei die Rechnung derzeit sehr simpel, wie Fetscher erklärt: „Wenn ein Objekt marktfähig eingepreist ist, dann findet es zu diesem Preis auch einen Käufer. Und wenn etwas keinen Käufer findet, muss man schauen, zu welchem Preis es eben marktfähig ist.“ (sma)

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