Junge Forschung

Spionin im Reich des Helicobacter

„Macht das, was euch interessiert. Dann seid ihr gut“, war der Rat ihrer Eltern – und Theresa Neuper wurde Biologin.
„Macht das, was euch interessiert. Dann seid ihr gut“, war der Rat ihrer Eltern – und Theresa Neuper wurde Biologin. Wildbild/Herbert Rohrer
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In der Freizeit tingelt sie gern im VW-Bus herum, in der Forschung interessiert Theresa Neuper, wie das Immunsystem auf das trickreiche Helicobacter-Bakterium reagiert.

Theresa Neuper lässt sich gern von Neugier treiben. So ist auch ihr aktuelles Forschungsthema mehr aus Zufall denn aus Kalkül entstanden. Die 35-jährige Salzburgerin beschäftigt sich mit den Signalwegen des Immunsystems. Sie will verstehen, was auf molekularer Ebene in den Zellen passiert, wenn ein Stimulus von außen darauf trifft. Während ihrer Dissertation machte sie dabei erste Experimente mit dem weit verbreiteten Bakterium Helicobacter pylori. „Wir wollten wissen, was passiert, wenn wir Helicobacter auf unsere Immunzellen geben“, erzählt Neuper.

Die Versuche ließen sie nicht mehr los, mittlerweile ist die Frage, wie es Helicobacter-Bakterien gelingt, das Immunsystem auszutricksen, ihr Hauptforschungsgebiet. Die Biologin hat kürzlich im Rahmen des „Early Career“-Programms der Uni Salzburg eine Förderung für ein Forschungsprojekt zu den Signalwegen des Immunsystems im Zusammenhang mit Helicobacter und der Entstehung von Krebs erhalten. Diese Signalwege beschreibt Neuper als weit verzweigten Baum. „Wenn man eine Sache verstanden hat, dann tut sich ein Ast mit fünf weiteren Fragestellungen auf. Es ist endlos“, erzählt sie.

Viele merken nichts, andere erkranken

Das Bakterium Helicobacter ist weit verbreitet – rund die Hälfte der Weltbevölkerung ist damit infiziert. Doch während viele Menschen asymptomatisch bleiben und von der Existenz der Bakterien in ihrem Magen gar nichts mitbekommen, leiden andere unter chronischer Gastritis, Magengeschwüren oder Magenkarzinom. Untersuchungen haben ergeben, dass mehr als 70 Prozent der Patienten mit Magenkrebs gleichzeitig eine Infektion mit Helicobacter haben. „Helicobacter nistet sich in unserem Magen ein, unser Körper wird das Bakterium allein nicht mehr los“, weiß Neuper. Einmal entdeckt, bringt eine Behandlung mit Antibiotika das Bakterium aber meist rasch zum Verschwinden. Ein Problem könnten aber die vielen lang schlummernden Infektionen sein. Auch bei Lungenkrebs habe sich in jüngeren Untersuchungen gezeigt, dass die Immuntherapie bei Helicobacter-Infizierten schlechter wirke, so Neuper.

Sie interessiert sich für die Zellen des angeborenen Immunsystems, da diese das Bakterium im Magen aufspüren und gleichzeitig die nachfolgende Immunreaktion steuern können. Im Mikroskop und mit Proteinanalysen untersucht sie die räumliche Verteilung von Immunzellen im Magengewebe und analysiert, welche Prozesse sich in Helicobacter-infizierten Patientinnen von Prozessen in Menschen unterscheiden, die keine Infektion haben. Sie versucht dabei zu verstehen, welche immunologischen Signalwege das Bakterium reguliert. Daran schließe sich die Frage an, ob sich diese manipulieren lassen: Werden diese Prozesse verstanden, könnte diese Grundlagenforschung später Möglichkeiten für neue Medikamente oder Therapien eröffnen.

»Unser Körper wird das Bakterium allein nicht mehr los.«

Theresa Neuper

Durch eine enge Kooperation mit den Landeskliniken kann die Arbeitsgruppe mit menschlichem Blut arbeiten. „Wir filtern die Immunzellen raus und können sie für unsere Untersuchungen verwenden“, erläutert die Biologin. Zudem stehen ihr Organoide – im Labor gezüchtete Mini-Mägen, auf die sich eine andere Arbeitsgruppe des Fachbereichs spezialisiert hat – zur Verfügung. „Damit sind wir einen Schritt näher an der Realität und brauchen keine Tierversuche“, sagt sie.

Naturwissenschaften und medizinische Forschung haben Neuper schon als Kind interessiert. Sie ist in Mattsee im Salzburger Flachgau aufgewachsen und hat in Seekirchen maturiert. „Macht das, was euch interessiert. Dann seid ihr gut“, war der Rat, den die Eltern ihr und den drei Geschwistern mit auf den Weg gaben. Nach der Schule ging Neuper auf Reisen und war einige Zeit in Indien. An der Uni Salzburg studierte sie schließlich Biologie. „Titel waren mir nie wichtig, aber ich wusste immer, dass ich forschen will, und am liebsten an der Universität“, sagt Neuper. Die Arbeit im internationalen Team lässt sie dabei über den eigenen Tellerrand blicken. Und auch in ihrer Freizeit treibt sie die Neugier an: Sie ist möglichst oft mit ihrem VW-Bus auf Tour, geht klettern und verbringt viel Zeit in den Bergen.

Zur Person

Theresa Neuper (35) studierte Biologie und trat anschließend eine Stelle im Doktoratskolleg Immunity in Cancer and Allergy der Uni Salzburg an. Hier befasste sie sich mit Si­gnalwegen im Immunsystem. Derzeit arbeitet Neuper im Bereich Biowissenschaft und medizinische Biologie am Projekt „Hi Heli: Hijacking the Immune System“.

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