In der Ferne Forschen

Das Beamtentum im Wandel der Zeit

Wie in der Satire „MA 2412“ durfte es nicht zugehen. Beamte mussten sich stets untadelig verhalten.
Wie in der Satire „MA 2412“ durfte es nicht zugehen. Beamte mussten sich stets untadelig verhalten.Picturedesk / Ali Schafler
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Therese Garstenauer erforschte an der University of Minnesota die Sozialgeschichte des öffentlichen Dienstes in Österreich.

Beim Mittleren Westen der USA denkt man vermutlich nicht als Erstes an Österreich, doch tatsächlich ist unser Land dort gut vertreten, auf jeden Fall akademisch. Das Center for Austrian Studies an der University of Minnesota in Minneapolis ist das älteste und bekannteste Forschungszentrum der westlichen Hemisphäre mit Schwerpunkt auf Österreich und den Nachfolgestaaten des Habsburgerreichs. Es konzentriert sich auf Geistes- und Sozialwissenschaften, Bildende Kunst und internationale Unternehmensführung.

»Jeglichen Verstoß sah man als Gefahr für das Ansehen des Staates.«

Therese Garstenauer,

Historikerin

„1976, zum 200-Jahr-Jubiläum der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung, hat die damalige Kreisky-Regierung eine Art Spendenlotterie initiiert, um Geld für ein Geschenk Österreichs an die USA zu sammeln“, erzählt Therese Garstenauer. „Damit wollte man sich für deren Hilfe beim Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg bedanken.“ Aus dem Erlös entstand 1977 nicht nur ein Österreich-Lehrstuhl an der renommierten Stanford-Uni, sondern auch ebendieses Zentrum für Österreich-Studien in Minnesota. Dessen Zugehörigkeit zur regionalen Universität ermöglichte es der Wiener Historikerin, hier im Jänner eine einsemestrige Fulbright-Gastprofessur anzutreten. „Das Fulbright-Programm fördert hauptsächlich reine Forschungsaufenthalte, mit einer Gastprofessur kombinieren kann man das nur hier.“ Zwar sei die hiesige „keine glamouröse Ivy-League-Uni, sondern eine öffentliche“, das wissenschaftliche Niveau jedoch hoch.

Privat untadeliges Verhalten

In den vergangenen sechs Jahren arbeitete Garstenauer am Institut für Wirtschafts- und Sozialgeschichte der Uni Wien an ihrer Habilitation über den öffentlichen Dienst in der Zwischenkriegszeit und nahm dafür die Lebensführung österreichischer Staatsbediensteter von 1918 bis 1940 unter die Lupe. Sie waren dienstrechtlich verpflichtet, sich selbst auf privater Ebene untadelig zu verhalten. „Jeglichen Verstoß gegen Sitte und Anstand sah man als Gefahr für das Ansehen des Staates. Er wurde ebenso geahndet wie eine Gebührenunterschlagung.“

Wie sich die Herausforderungen der Zeit – vom Zerfall des Habsburgerreichs über die Hyperinflation bis zum Nationalsozialismus – unter der Prämisse der an sie gestellten Anforderungen auf die Beamtenschaft auswirkte, hat Garstenauer detailliert abgebildet. In Minneapolis erarbeitete sie nun das Konzept für ein Nachfolgeprojekt. „Ich möchte die Beamtenforschung auf den Zeitraum von den 1860er-Jahren bis zu den 1930er-Jahren erweitern und mich auf die soziale und geografische Mobilität innerhalb der Berufsverläufe fokussieren“, so die Historikerin. „Diesmal nicht nur Österreich betreffend, sondern auch andere Nachfolgestaaten der Habsburgermonarchie.“ In puncto Kooperationen hat sie bereits Kontakte zu Kolleginnen und Kollegen aus Slowenien, Tschechien und Rumänien hergestellt.

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