Konjunkturprognose

OeNB-Chef Holzmann: „Die Inflation ist klebriger als erwartet“

Der OeNB-Gouverneur stimmte am Donnerstag als einziger gegen die EZB-Zinssenkung.
Der OeNB-Gouverneur stimmte am Donnerstag als einziger gegen die EZB-Zinssenkung.Reuters / Leonhard Foeger
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Nationalbank-­­Gouverneur Robert Holzmann nennt mehrere Gründe, warum er als einziger gegen die Zinssenkung der EZB gestimmt hat. Die österreichische Wirtschaft soll laut OeNB heuer vor allem durch die höchsten Reallohnsteigerungen seit 20 Jahren angetrieben werden. Der Staat werde sich jedoch – wie vom Fiskalrat vorhergesagt – um über drei Prozent des BIP verschulden.

Wien. Normalerweise wird bei geldpolitischen Entscheidungen des EZB-Rates nicht offengelegt, wie das Abstimmungsverhalten konkret ausgesehen hat. Bei der am Donnerstag erfolgten Zinswende machte EZB-Präsidentin Christine Lagarde aber eine Ausnahme. Alle bis auf ein Ratsmitglied hätten für die erste Senkung des Leitzinses (Hauptrefinanzierungszinssatz) seit 2016 gestimmt. Bereits kurz danach bestätigte Nationalbank-Gouverneur Robert Holzmann, dass es sich bei der einen Gegenstimme um seine gehandelt hatte.

Am Freitag, anlässlich der Präsentation der jüngsten Wirtschaftsprognose der OeNB, nannte Holzmann mehrere Gründe für seinen Widerstand gegen die bereits im März von Lagarde angekündigte Zinssenkung. So hätten die Inflationszahlen vom Mai gezeigt, dass die Teuerung in der Eurozone sich wieder von 2,4 auf 2,6 Prozent beschleunigt habe. Hintergrund sei dabei vor allem ein generell stärkeres Lohnwachstum. „Meine Interpretation war, dass der Kampf gegen die Inflation noch nicht gewonnen ist“, so Holzmann. Es gebe genügend Daten über frühere Inflationsperioden, die zeigen, dass nur in einem Fünftel der Fälle hohe Inflationsraten linear nach unten gehen. Meistens steige die Teuerung zwischenzeitlich wieder an, was oft sogar weitere Zinserhöhungen nach sich ziehe.

„Trump als Risiko“

„Die Inflation ist klebriger als erwartet“, so der OeNB-Gouverneur weiter. Zwar erwartet er keine wirkliche zweite Inflationswelle, der eine oder andere Anstieg sei aber durchaus möglich. Vor allem, da es auch eine ganze Reihe an geopolitischen Risiken gebe. So könnten die Konflikte in der Ukraine und im Nahen Osten neuerlich Auswirkungen auf die Energiepreise haben. Aber auch die US-Wahlen im Herbst müssten im Auge behalten werden. „Die Wiederwahl von Donald Trump ist auch ein geopolitisches Risiko“, so Holzmann. So könnten protektionistische Maßnahmen der USA die Inflation in Europa beeinflussen.

Die USA spielen aber auch in anderer Hinsicht eine entscheidende Rolle für die europäische Teuerung, und zwar weil die US-Notenbank Fed bei Zinssenkungen nun auf die Bremse gestiegen ist. Ein Auseinanderdriften der Zinsen zwischen den USA und Europa könnte dann auch den Wechselkurs zwischen Euro und Dollar beeinflussen. „Eine Differenz von 0,25 Prozentpunkten wird dabei nichts bewegen. Anders wäre das aber, wenn die Fed konstant bleibt und wir heuer insgesamt um 0,75 Prozentpunkte senken, wie angedacht war.“ Und eine Abschwächung des Euro würde dann erneut viele Importe verteuern und so die Inflation in der Eurozone anheizen.

Nach der Definition von Holzmann war die Entscheidung am Donnerstag ein „hawkisher cut“. Man habe die Senkung, die bereits angekündigt war, auf Rücksicht auf die Erwartungen an den Märkten vorgenommen, werde künftig aber „eher vorsichtig“ sein und Entscheidungen wieder von den Daten abhängig machen. Und hier zeigt sich Holzmann nicht nur für die Sitzung im Juli, sondern auch für jene im September eher skeptisch. So würde die Urlaubssaison die Preise im Tourismus tendenziell eher nach oben treiben. Er hoffe, dass die erst am Donnerstag angehobenen Inflationsprognosen halten, Garantie gebe es dafür aber keine.

Hoher Reallohnzuwachs

Für Österreich ist ohnehin klar, dass die Inflation auch bis zum Ende des Prognosehorizonts im Jahr 2026 über dem EZB-Ziel von zwei Prozent liegen wird. Allerdings verkleinere sich der Abstand zur Eurozone kontinuierlich und werde dann nur mehr bei etwa einem halben Prozentpunkt liegen, so die OeNB-Wirtschaftsprognose. Heuer soll die Teuerung hierzulande mit 3,4 Prozent noch deutlich höher liegen. Das Wirtschaftswachstum werde 2024 gleichzeitig mit 0,3 Prozent relativ schwach ausfallen. Grund dafür sei die nach wie vor anhaltende Schwäche bei Export und Investitionen. Der ab dem zweiten Halbjahr einsetzende Aufschwung werde daher vor allem vom privaten Konsum getrieben, was „historisch sehr ungewöhnlich ist“, heißt es.

Treiber dieses Konsums sind vor allem die steigenden Reallöhne. Diese werden heuer um drei Prozent zulegen, was dem höchsten Zuwachs der vergangenen 20 Jahre entspreche, wenn man die Pandemiejahre ausklammere. Da dieses Geld aber nicht vollständig in den Konsum fließe, werde auch die Sparquote wieder auf 10,5 Prozent ansteigen.

Sorgen macht der OeNB der staatliche Haushalt. Denn die Notenbank-Ökonomen stützen den Fiskalrat, der jüngst mit seiner Prognose für Aufsehen – und Widerspruch aus dem Finanzministerium – gesorgt hat, wonach das Defizit heuer über dem Wert von drei Prozent des BIP liegen wird. Die OeNB sieht das gleich. Für die kommenden Jahre gebe es daher einen Konsolidierungsbedarf bei den Staatsfinanzen.

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