Europäische Union

ÖVP und Grüne streiten um nächsten EU-Kommissar

Favoriten für den EU-Topjob: Karoline Edtstadler und Magnus Brunner.
Favoriten für den EU-Topjob: Karoline Edtstadler und Magnus Brunner.Picturedesk/Martin Juen
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Es kracht zwischen ÖVP und Grünen rund um die Frage, wer Österreich in der nächsten EU-Kommission vertreten soll. Dabei sind sich die Türkisen noch nicht einmal sicher, wen sie nominieren wollen.

Glaubt man den Umfragen, ist die türkis-grüne Koalition in wenigen Monaten Geschichte – ob ÖVP und Grüne wollen oder nicht. Prognosen zufolge wären sie bei der Nationalratswahl weit von einer Mehrheit entfernt. In den letzten verbleibenden Monaten der Regierung ist die Stimmung mäßig, über große Reformprojekte wird kaum mehr verhandelt. Doch es gibt auch fernab inhaltlicher Fragen noch eine große gemeinsame Entscheidung zu treffen: Im Ministerrat muss nämlich nächstens Einigkeit darüber herrschen, wer Johannes Hahn (ÖVP) als EU-Kommissar nachfolgen soll. Im Sideletter der beiden Parteien wurde zu Koalitionsbeginn festgehalten, dass die Türkisen den heimischen Vertreter in der EU-Kommission auswählen dürfen.

Klingt unkompliziert – ist es aber nicht. Und zwar gleich aus mehreren Gründen. Zuvorderst ist einmal der Zeitplan für die ausdienende Regierung eine Herausforderung: Nach der Wahl des neuen EU-Parlaments muss dieses erst einmal einen Kommissions-Chef wählen – ob das noch vor dem Herbst passiert, ist unklar. In Österreich muss sich erst der Ministerrat auf einen Kandidaten einigen, dann ist eine Mehrheit im Hauptausschuss des Nationalrates erforderlich. Ebendiese Mehrheit verliert Türkis-Grün allerdings Umfragen zufolge mit der Nationalratswahl im Herbst.

Grüne stellen Abmachung infrage

Dazu kommt ein Koalitionskrach im Anfangsstadium: Die Grünen fühlen sich, wie Vizekanzler Werner Kogler jüngst erklärte, nicht mehr an den zwischen ihm und Sebastian Kurz geschlossenen Sideletter gebunden. Am Freitag erklärte er, dass ohnehin mehrere Voraussetzungen des türkis-grünen Zusatzvertrages weggefallen seien. Welche genau das sein sollen, erklärten weder Kogler noch seine Partei auf Nachfrage. Lediglich sagte er, dass bei der Bestellung „genau nach dem Gesetz vorgegangen“ werde – dieses sieht aber eben auch die Notwendigkeit einer Einigung zwischen ÖVP und Grünen vor. Von türkis-grünen Verhandlungen mit der ÖVP zum Thema Kommissar ist bisher allerdings noch nichts bekannt, derzeit planen die Grünen auch keinen eigenen Personalvorschlag.

Die ÖVP sieht die Sache übrigens anders, im Kanzleramt wird auf Anfrage die Gültigkeit des Sideletters betont. Die Türkisen gehen daher auch weiterhin davon aus, dass sie den Kommissar oder die Kommissarin aussuchen können; Koglers Aussagen wolle man nicht überbewerten, heißt es. Martin Kocher, Wirtschaftsminister auf ÖVP-Ticket, fasste das so zusammen: „Es gibt meines Wissens gewisse Abmachungen, und in meiner Welt ist es so, dass man sich grundsätzlich daran hält.“

Daher wolle man in der ÖVP derzeit auch nicht auf mögliche Kompromissvarianten eingehen, heißt es. Jüngst schlug beispielsweise Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger den bei seiner Partei in Ungnade gefallenen ÖVP-Mann Othmar Karas als Kommissar vor, er selbst erklärte daraufhin in der „Presse“, dass er das auch machen würde. Nur: Chancen hat er kaum, die ÖVP verfolgt andere Pläne.

Favoriten für den Posten sind – wie die „Presse“ im April berichtete – Finanzminister Magnus Brunner und Kanzleramtsministerin Karoline Edtstadler, infrage käme auch Außenminister Alexander Schallenberg. Endgültig entschieden habe man sich in der ÖVP noch nicht, sagen Insider – das soll aber in den nächsten Wochen passieren. Besprochen wurde das am Freitag bereits mit Ursula von der Leyen: Die EU-Kommissionschefin traf zum Abschluss ihrer EU-Tour – sie braucht die Unterstützung der Mitgliedstaaten, um Chefin der EU-Kommission bleiben zu können – Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) in Wien, es ging dabei auch um den österreichischen Vertreter in der Kommission. Ebenfalls getroffen hat sich von der Leyen am Freitag mit Brunner – nicht allerdings mit Europaministerin Edtstadler.

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