Analyse

Frankreich: Macron ruft nach Niederlage gegen Le Pen Neuwahlen aus

Marine Le Pen und Jordan Bardella feiern ihren Sieg gegen Emmanuel Macron: Sie streben nun bei Neuwahlen im Parlament den Sieg an.
Marine Le Pen und Jordan Bardella feiern ihren Sieg gegen Emmanuel Macron: Sie streben nun bei Neuwahlen im Parlament den Sieg an.Reuters / Sarah Meyssonnier
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Die Bürger demonstrierten mit ihrer Stimme für die Rechtspopulisten des Rassemblement National Unzufriedenheit mit der Regierung. Präsident Macron reagiert sofort: Er ruft Neuwahlen der Nationalversammlung aus, die noch im Juni stattfinden sollen.

Bereits seit Monaten hatte sich in allen französischen Umfragen für die Europawahl ein kräftiger Rechtsrutsch abgezeichnet. Laut Hochrechnungen vom Sonntagabend entspricht er weitgehend den Prognosen: Das rechtspopulistische Rassemblement National (RN) konnte seinen Stimmenanteil laut Angaben des Senders TF1 auf mehr als 32 Prozent steigern und ist damit weit vor der Liste der Regierung (15,2 Prozent) mit Abstand die stärkste politische Kraft des Landes.

RN-Spitzenkandidat Jordan Bardella forderte als innenpolitische Konsequenz von Staatspräsident Emmanuel Macron die Auflösung der Nationalversammlung und die Organisation einer Neuwahl. Dieser reagierte noch am Wahlabend: Er könne nicht so tun, als sei nichts passiert, sagte Macron in einer Fernsehansprache. Neuwahlen sollen noch am 30. Juni und 7. Juli stattfinden .„Wir sind bereit, die Macht zu übernehmen, wenn die Franzosen uns bei den anstehenden Parlamentswahlen ihr Vertrauen schenken“, sagte RN-Chefin Marine Le Pen auf einer Kundgebung.

Emmanuel Macron und seine Ehefrau Brigitte Macron bei der Stimmabgabe. Die Wahl ist eine herbe Niederlage für den Staatschef.
Emmanuel Macron und seine Ehefrau Brigitte Macron bei der Stimmabgabe. Die Wahl ist eine herbe Niederlage für den Staatschef.HANNAH MCKAY

Die Liste der Regierungsparteien, die schließlich weniger als die Hälfte der Stimmen des RN erhalten hat, ist bei dieser EU-Wahl desavouiert worden. Weder der persönliche Einsatz von Premierminister Gabriel Attal für die die wenig markante Spitzenkandidatin Valérie Hayer, noch eine TV-Intervention von Macron, der drei Tage vor der Wahl vor der für ihn beängstigenden Perspektive eines Vormarschs der antieuropäischen nationalistischen Rechten der unsicheren Epoche eines Kriegs auf dem Kontinent warnte, konnten eine Tendenzwende bewirken.

Im Gegenteil hatte man den Eindruck, dass das Drittel der Wähler, die den Rechtspopulisten ihre Stimme gab, diese Wahl in ein Plebiszit der Unzufriedenheit mit der Regierung und dem Präsidenten verwandeln wollte.

Bardella gewinnt an Statur

Dem Spitzenmann von Marine Le Pens Rassemblement, dem erst 28-jährigen Bardella, erlaubt es der Wahlsieg, von der Rolle eines Juniors in die Statur eines Spitzenpolitikers zu wachsen. Marine Le Pen, die dieses Mal nur auf einem der hintersten Plätze der RN-Liste kandidierte, präsentiert ihn für den Fall ihrer Wahl zur Staatspräsidentin 2027 bereits als ihren zukünftigen Premierminister. Vielleicht aber ist er im Lager der Rechtspopulisten nun so populär, dass er seiner Chefin und Lehrmeisterin in drei Jahren ernsthaft Konkurrenz machen kann.

Listen der extreme Rechten erhalten fast 40 Prozent der

Der Rechtsrutsch in Frankreich ist fast ein politischer Erdrutsch, denn insgesamt vereinigen die Listen der extremen Rechten in Frankreich fast 40 Prozent der Stimmen auf sich. Die massiven Stimmengewinne der extremen Rechten, die neben dem RN auch mit der separaten Liste von Reconquête mit der Le-Pen-Nichte Marion Maréchal an der Spitze antrat und dank etwas mehr als fünf voraussichtlich vier EU-Mandate gewinnt, gingen auch auf Kosten der Konservativen (Les Républicains), die mit dem bisherigen EU-Abgeordneten François-Xavier Bellamy einen schlagfertigen und europapolitisch kompetenten Spitzenkandidaten hatten, aber dennoch letztlich dem Trend nach weiter rechts nicht viel entgegenzusetzen hatten.

Der 28-Jährige Jordan Bardella im Siegestaumel.
Der 28-Jährige Jordan Bardella im Siegestaumel.Reuters / Sarah Meyssonnier

Spitzenkandidat der Linken konnte sich profilieren

Profilieren konnte sich der Spitzenkandidat der sozialdemokratischen Linken, Raphaël Glucksmann. Seine Liste landet mit 14,3 Prozent nur knapp hinter den Macronisten auf dem dritten Platz. Der Gründer der linksliberalen Partei Place publique wird zum Hoffnungsträger der Sozialisten, die sich seit der Präsidentschaft von François Hollande in der Talsohle befanden. Glucksmann kann sich Chancen ausrechnen, 2027 bei den Präsidentschaftswahlen die derzeit gespaltene Linke zu repräsentieren. Einen Rückschlag haben die Grünen erlitten. Zunächst war noch nicht mal sicher, ob sie die Schwelle von fünf Prozent erreicht haben..

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