EU-Wahl

FPÖ siegt bei Europawahl: „Die nächste Stufe heißt Kanzleramt“

FPÖ-Chef Kickl und EU-Spitzenkandidat Vilimsky auf der blauen Wahlparty in Wien.
FPÖ-Chef Kickl und EU-Spitzenkandidat Vilimsky auf der blauen Wahlparty in Wien.APA / APA / Helmut Fohringer
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Erstmals landeten die Freiheitlichen bei bundesweiter Wahl auf Platz eins. Für die Partei war der Urnengang vor allem ein „Testspiel“ für die Nationalratswahl.

Kurz brandet Applaus auf, ein paar Jubelrufe erschallen, schnell aber kehrt bei der Wahlparty der FPÖ in Wien wieder Gelassenheit ein. Den ersten bundesweiten Wahlsieg der FPÖ als Partei hat die Trendprognose für die EU-Wahl gerade verkündet, doch wird die Premiere von den Funktionären weitgehend unaufgeregt wahrgenommen.

25,5 Prozent erzielten die Freiheitlichen bei der EU-Wahl mit ihrem Spitzenkandidaten, Harald Vilimsky, laut der Hochrechnung inklusive Wahlkartenprognose. Das ist ein Plus von rund acht Prozentpunkten gegenüber der Europawahl 2019. Damals kamen die Blauen infolge der Nachwehen des Ibiza-Videos nur auf 17,2 Prozent. Statt wie bisher auf drei Mandate würden sie laut derzeitigem Stand auf sechs Mandate im EU-Parlament kommen. Um ein Rekordergebnis handelt es sich bei den Freiheitlichen insofern aber nicht, als sie bei der EU-Wahl 1996 bereits 27,5 Prozent erzielt hatten.

An der bisher mäßigen Begeisterung der Blauen für die EU-Wahl dürfte der Wahlsieg wenig ändern. Richtige Stimmung kam bei der blauen Wahlparty erst später am Abend auf, als Parteichef Herbert Kickl und Vilimsky eintrafen. Auch die Wortmeldungen der Blauen lassen darauf schließen, dass die EU-Wahl für die FPÖ vor allem eines war: ein Testlauf für die Nationalratswahlen im Herbst.

Ziel Bundeskanzleramt

„Der erste Schritt ist gemacht“, sagte Kickl auf der Wahlparty. „Die nächste Stufe heißt Bundeskanzleramt.“ Er sah eine neue Ära in der Politik heranbrechen, in der die Bevölkerung und nicht mehr eine „abgehobene Systemelite im Mittelpunkt“ stehe. FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz sagte mit Blick auf die Nationalratswahl: „Heute war das Freundschaftsspiel.“ Niederösterreichs FPÖ schrieb in einer Aussendung von einem „Etappensieg im Hinblick auf den Herbst“.

Für Vilimsky wurde bei der EU-Wahl „die größte Wählerrückholaktion in unserer Geschichte“ vollzogen. Man werde sich nun von der Union „Schritt für Schritt unser Land zurückholen“, kündigte er an.

Vor allem thematisch gab der EU-Wahlkampf einen Vorgeschmack darauf, worauf die FPÖ auch im Nationalratswahlkampf setzen wird: eine umfassende Anti-Establishment-Erzählung. Bei der Europawahl war der Widersacher die EU mit ihren Institutionen gewesen. Der Vorwurf des „EU-Wahnsinns“ zog sich wie ein blauer Faden durch die FPÖ-Kampagne. Die Partei verortete sich im Kampf gegen eine übermächtige, alles kontrollierende EU, die den Mitgliedstaaten schade und ihnen ihre Souveränität raube. Als Ziel gaben die Blauen daher aus, die EU in ihren Kompetenzen zu beschneiden und zu einer Art Wirtschaftsunion zurückzubauen.

Keine Zurückhaltung

Die Partei war im Wahlkampf nicht auf Zurückhaltung bedacht und suchte die Provokation. Auf Plakaten warf sie Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskij „Kriegstreiberei“ vor. Ebenso wurde gegen „Öko-Kommunismus“ und das „Corona-Chaos“ gewettert. Vor allem ihrem Kernthema Migration widmeten sich die Blauen.

Zugute kam der FPÖ dabei, dass sie bei dieser Wahl beinahe ein Monopol auf ihre EU-Kritik hatte. Zwar trat mit der Liste DNA ebenfalls eine sehr EU-skeptische Fraktion an, diese war für die Freiheitlichen jedoch weit weniger gefährlich als etwa Hans-Peter Martin, der bei den Europawahlen 2004 und 2009 enorme Erfolge mit seiner Anti-EU-Kampagne einfuhr.

Ähnliche Strategie

Die im EU-Wahlkampf aufgeworfenen Themen wird die FPÖ nun auch im anlaufenden Nationalratswahlkampf fortführen – und dieses Mal in eine Anti-System-Erzählung auf heimischer Ebene betten. Freiheitliche Spitzenvertreter riefen die österreichischen Parlamentswahlen bereits mehrfach zur Schicksalsentscheidung zwischen der FPÖ und der angeblichen „schwarz-rot-grün-pinken Einheitspartei“ aus.

Das Momentum des EU-Wahlsiegs will sie sich dabei für den Herbst zunutze machen. Daher versuchten die Blauen auch mehr als bei bisherigen Wahlen, ihre Wähler zur Urne zu bringen. Mit einer Tour wurde im Wahlkampf von Parteichef Herbert Kickl abwärts bereits für die beiden Wahlen mobilisiert. Das könnte sich bezahlt machen: Bei der Wahltagsbefragung von ATV/Puls 24 gaben 69 Prozent der Personen, die bei der EU-Wahl FPÖ gewählt haben, auch an, dies sicher auch bei der Nationalratswahl zu tun. Weitere 22 Prozent antworteten mit „eher ja“. Bei anderen Parteien waren die Werte jeweils deutlich niedriger.

Auf der Wahlparty wurde das Wahlergebnis auch als ideal bewertet: Es sei nicht zu hoch, die Funktionäre müssten für die Nationalratswahl weiter laufen, heißt es. Ein extrem hoher Wahlsieg hätte demnach die Gefahr mit sich gebracht, dass die Mobilisierung für die NR-Wahl nachlasse und die anderen Parteien noch mehr vor einer „blauen Gefahr“ warnen könnten.

Allianzen auf EU-Ebene

Nach ihrem Wahlerfolg möchten die Freiheitlichen nun auf EU-Ebene vor allem Bündnisse mit gleich oder ähnlich gesinnten Parteien aus dem rechten Lager schließen. Die freiheitlichen Abgeordneten im EU-Parlament sollten nun in ein möglichst großes Mitte-rechts-Bündnis eingebettet werden, meinte Vilimsky am Sonntag. Man brauche sich „vor uns nicht fürchten“. Die FPÖ wolle „nichts zerschlagen und zerstören“, aber die „EU-Wahnsinnigkeiten“ stoppen.

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