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Hochburgen, Jammertäler: Wo die Parteien (nicht) punkten konnten

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Je mehr Einwohner, desto schlechter schneidet die FPÖ ab. Im Burgenland gelang indes der SPÖ ihr bestes Ergebnis. Die Liste DNA konnte in einer Tiroler Gemeinde gar 25,8 Prozent holen - verpasst den Einzug ins EU-Parlament aber trotzdem.

Nationalrats- und EU-Wahlen sind die einzigen bundesweiten Parlamentswahlen. Aus diesem Grund hat die Kür der EU-Abgeordneten immer auch einen innenpolitischen Testcharakter. Bisher unterschieden die Wähler zwischen den beiden Wahlen: Meist wurde auf EU-Ebene ein anderer Sieger gekürt als auf Nationalratsebene. Geht es nach den Umfragen, sollte die FPÖ als Wahlsieger der EU-Wahl vom Sonntag (mit 25,73 Prozent) aber auch bei der Nationalratswahl im Herbst die Nase vorne haben.

Fest steht: Wenn es bei der FPÖ derzeit in der Wählergunst eine Schwachstelle gibt, dann sind es die größeren Städte. Von den Städten mit über 100.000 Einwohnern kam man nur in der kleinsten davon über das Ergebnis im Bundesschnitt, nämlich in Klagenfurt mit 27,4 Prozent, was einem Plus von knapp neun Prozentpunkten entspricht. Zumindest über 20 Prozent, nämlich 21,9 Prozent, erzielte man in Linz. Davon ist man in der Bundeshauptstadt ein Stück entfernt.

Die Ergebnisse auf Bezirks- und Gemeindeebene können Sie sich hier im Detail ansehen:

Mit 18,6 Prozent erzielte die FPÖ in Wien ein Plus von 4,2 Prozent. Während man in einzelnen Außenbezirken stark ist, speziell in Simmering mit 31,2 Prozent, haben die Freiheitlichen innerhalb des Gürtels wenig zu melden. In den Bezirken sechs bis neun reichte es nur zu Platz fünf, ebenso im ersten, dritten, vierten, und in den eher bürgerlichen Bezirken 13, 17, 18. und 19. Das sind immerhin elf der 23 Wiener Gemeindebezirke. Die SPÖ hat einen halben Prozentpunkt verloren und liegt damit weiter deutlich vor allen anderen Parteien. Die Neos konnten mit 13,2 Prozent ein Plus von drei Prozent einfahren.

Insgesamt noch hinter dem Wiener Ergebnis blieb man in Österreichs zweitgrößter Stadt Graz, wo sich nur 17,3 Prozent für die Freiheitlichen erwärmen konnten. Ein wenig besser lief es in Innsbruck mit 18,5 Prozent und in Salzburg mit 18,9 Prozent. Tröstend ist für die FPÖ wohl, dass es selbst dort, wo es nicht so gut läuft wie in ländlichen Regionen, so gut wie überall ein Plus gab.

Rekordwert in Gramais

Den absoluten Rekordwert konnte Spitzenkandidat Harald Vilimsky letzten Endes dann aber doch nicht für die FPÖ verbuchen. Das gelang seinem Konkurrenten Reinhold Lopatka: In der Tiroler Gemeinde Gramais im Bezirk Reutte votierten laut vorläufigem Endergebnis 96,2 Prozent für die ÖVP. Platz zwei und drei gingen ebenfalls an die Volkspartei, und das abermals in Reutte: In der kleinen Gemeinde Jungholz wurden 79,4 Prozent erzielt, in Pfafflar 73,7 Prozent. Am wenigsten überzeugen konnten die Tükisen im niederösterreichischen Golling an der Erlauf mit 7,3 Prozent der Stimmen.

Im östlichsten Bundesland lag dagegen die SPÖ außer Konkurrenz: Andreas Schieder durfte sich hier nicht nur über den ersten Platz freuen, sondern auch über das beste rote Ergebnis im Bundesdurchschnitt. Am größten war das Plus für die Sozialdemokraten im Bezirk Güssing, konkret in Tschanigraben: 62,2 Prozent der Stimmen setzte es für Rot. Keinen einzigen Wahlberechtigten könnte die SPÖ dagegen im niederösterreichischen Großhofen und in den Tiroler Gemeinden Namlos und Spiss überzeugen. Eben dort, nämlich in Spiss, verbuchte stattdessen die FPÖ mit 70 Prozent ihr bestes Ergebnis.

„Mit knapp 30 Prozent sichert sich die SPÖ bei der Europawahl 2024 in Wien eindeutig den ersten Platz“, reagierte Bürgermeister Michael Ludwig auf das Wahlergebnis vom Sonntag. Was der Landeshauptmann nicht erwähnte: Ein kleines Minus von 0,53 Prozentpunkten setzte es für die Rote hier trotzdem. Ein etwas größeres mussten die Grünen hinnehmen: Der Verlust von 3,30 Prozentpunkte sorgte sogar dafür, dass sie Platz zwei an die FPÖ abgeben mussten.

25,8 Prozent für DNA in Tirol

Dessen ungeachtet, verbuchten die Grünen in Neubau, dem siebten Wiener Gemeindebezirk, mit 30,5 Prozent ihr bestes Ergebnis. Den niedrigsten Wert setzte es für die Partei um Spitzenkandidatin Lena Schilling im Tiroler Gramais und Spiss – jeweils null Stimmen.

Nicht ins EU-Parlament einziehen werden die KPÖ und die DNA. Bundesweit gab es für sie nur 2,9 und 2,7 Prozent. In Rudolfsheim-Fünfhaus und Margareten in Wien erhielten die Kommunisten indes 6,9 Prozent, der DNA gelangen im Tiroler Kaisers gar 25,8 Prozent.

Wahlbeteiligung niedriger als 2019

Die Wahlbeteiligung lag laut dem vorläufigen Ergebnis bei 54,12 Prozent. Von den knapp 6,4 Millionen Wahlberechtigten gaben damit rund 3,4 Millionen ihre Stimme ab. Nach der Auszählung der noch ausstehenden Briefwahlstimmen könnte sie gemäß einer Hochrechnung von Foresight noch auf 55,8 Prozent klettern.

Damit würde die Wahlbereitschaft in eine ähnliche Sphäre wie bei der EU-Wahl 2019 klettern. Damals brachte die aufgeheizte Stimmung nach Auffliegen des Ibiza-Skandals und dem am Tag nach der Wahl bevorstehenden Misstrauensantrag gegen den damaligen Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) 59,77 Prozent der Wahlberechtigten zu den Urnen, nachdem die Wahlbeteiligung zuvor seit 1999 immer unter 50 Prozent gelegen war.

Auch die sehr hohe Zahl an angeforderten Wahlkarten hatte auf ein hohes Interesse am gestrigen Urnengang hingedeutet: Rund 15 Prozent der Wahlberechtigten bzw. 958.948 Personen haben laut Innenministerium eine solche angefordert. Das stellt einen Rekordwert bei EU-Wahlen dar - und zwar mit Abstand: Im Jahr 2019 lag die Zahl noch bei 686.249 bzw. rund zehn Prozent der Wahlberechtigten.

Im Vergleich zu Nationalratswahlen ist die Beteiligung von 54,12 Prozent dennoch sehr niedrig. Das Interesse an EU-Wahlen ist traditionell geringer als bei Nationalratswahlen. Nach der ersten Europawahl 1996, an der 67,7 Prozent teilnahmen, lag die Wahlbeteiligung bei den folgenden Urnengängen stets unter 50 Prozent - bis zur letzten Wahl 2019. Den Tiefpunkt erreicht das Interesse an EU-Wahlen im Jahr 2004, als nur noch 42,4 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme abgaben. Im Vergleich dazu liegt der bisherige Negativrekord bei der Wahlbeteiligung bei Nationalratswahlen bei 74,9 Prozent (2013). (hell/APA)

Parteien analysieren Ergebnisse

Den Tag nach der EU-Wahl nutzen die Parteien dazu, in den Gremien ihre Ergebnisse zu analysieren. Bei der ÖVP tagt ab 10 Uhr online der Bundesparteivorstand, für 11:30 Uhr ist eine Pressekonferenz angesetzt. Ebenfalls um 10 Uhr trifft das SPÖ-Präsidium im Parlament zusammen, danach folgt ein roter Parteivorstand. Die Neos halten ihre Vorstandssitzung heute digital ab.

Die FPÖ hält nach einem Wahlsonntag traditionell einen „blauen Montag“ ab. Offiziell ausgerufen wurde ein solcher nicht, zu hören ist aber, dass sich die Freiheitlichen jedenfalls zur üblichen Klubsitzung vor dem Plenum am Mittwoch und Donnerstag zusammensetzen wollen. Wann genau, ist unklar. Auch die Grünen geben sich bisher bedeckt: Zu Wochenbeginn soll es eine Nachbesprechung der Parteispitze geben. Einen konkreten Termin gibt es nicht.

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