Analyse

Neos gewinnen auch dort, wo sie zuletzt gescheitert sind

Helmut Brandstätter, Beate Meinl-Reisinger (Mitte) und Anna Stürgkh konnten fast in allen Bundesländern zulegen.
Helmut Brandstätter, Beate Meinl-Reisinger (Mitte) und Anna Stürgkh konnten fast in allen Bundesländern zulegen.APA/Tobias Steinmaurer
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Der „kleinere“ Wahlsieger Neos wird mit einem deutlichen Plus erstmals zweistellig. Die Liberalen können auch in Regionen zulegen, wo sie zuletzt krachend gescheitert sind. In Wien fällt das pinke Plus am deutlichsten aus, bei den Jungen liegt man nur knapp hinter den drei Großparteien.

Die Neos erachten den vergangenen Wahlsonntag als eine Art Zeitenwende. Nichts war den Parteifunktionären in den Stunden nach der Verkündigung des Ergebnisses psychologisch wichtiger als die Hürde, die sie nun erstmals tatsächlich überwunden haben: Zum ersten Mal seit der Parteigründung 2012 knackten sie die „Schallmauer“ von zehn Prozent. Österreichweit haben die Pinken inklusive Wahlkartenprognose (Stand Dienstag 13 Uhr) 10,1 Prozent der Stimmen erreicht. Das bisher beste Neos-Ergebnis war bis dato die EU-Wahl 2019 (8,4 Prozent). Bundesweit liegt das Plus bei rund zwei Prozentpunkten.

Im Detail der Ergebnisse zeigt sich, dass die Partei bei dieser Wahl in fast allen Bundesländern dazugewinnen konnte – auch in Regionen, die aus Sicht der Neos bislang als schwieriges Pflaster galten. So schafften sie auch in jenen Bundesländern, in denen sie bislang am Einzug in die Landtage gescheitert sind, nämlich in Kärnten (8,7 Prozent) und dem Burgenland (7,0 Prozent) Zuwächse von rund zwei Prozentpunkten. In Salzburg, wo man vor gut einem Jahr aus dem Landtag geflogen ist, erreichte man 8,4 Prozent, ein Plus von 0,1 Prozentpunkten.

Im Burgenland, in Niederösterreich (9,3 Prozent) sowie in Vorarlberg (15,5 Prozent) entschied man jeweils das Rennen gegen die Grünen um Platz vier für sich. Bundesweit aber haben die Grünen mit 11,1 Prozent etwas mehr Stimmen auf sich vereinigen können.

Wiener Neos-Hochburgen

Die pinke Hochburg liegt damit auch dieses Mal im Heimatbundesland des Parteigründers Matthias Strolz: In Vorarlberg erreichen die Neos mit 15,5 Prozent im Bundesländervergleich ihr bestes Ergebnis, wobei vor dem Ergebnis im Vergleich zu 2019 ein schmerzhaftes Minus von 1,7 Prozentpunkten steht. Am besten schneiden sie im Ländle im Bezirk Feldkirch (17,3 Prozent) ab.

Die pinken Hochburgen in Wien liegen in traditionell bürgerlichen Bezirken.
Die pinken Hochburgen in Wien liegen in traditionell bürgerlichen Bezirken.Bundeswahlbehörde

Das zweitbeste Ergebnis und das größte Plus schaffen Spitzenkandidat Helmut Brandstätter und Listenzweite Anna Stürgkh in der Bundeshauptstadt Wien: Mit 13,5 Prozent gewinnen sie rund drei Prozentpunkte hinzu und damit mehr als in irgendeinem anderen Bundesland. In traditionell bürgerlich geprägten Bezirken Wiens liegen sie noch weit darüber: In der Inneren Stadt knacken die Neos die Zwanzig-Prozent-Marke (20,9 Prozent) mit dem größten Wien-weiten Plus von 5,9 Prozentpunkten. In der Josefstadt erreichen sie 18,7 Prozent, in Währing und Döbling gewinnen sie ähnlich viel dazu und landen bei jeweils 18,6 bzw. 18,7; in Hietzing bei 18,4 Prozent.

Weitere regionale Hochburgen der Neos sind das niederösterreichische Mödling (16,5 Prozent) sowie die Landeshauptstädte Graz (14,8 Prozent), Innsbruck (13,5 Prozent), Klagenfurt (12,4 Prozent) und Linz (11,6 Prozent). Generell fällt auf, dass sie nicht nur in den ganz großen Städten, sondern auch im urbanen Umland und auf der Ebene von Bezirkshauptstädten punkten konnten.

Für die ehemalige Junos-Bundesvorsitzende Stürgkh muss das Ergebnis unter den Jungwählerinnen und -wählern ebenso ein Grund zur Freude sein. Mit 17 Prozent liegt man bei den Unter-30-Jährigen in etwa gleichauf mit den Großparteien. Der Abstand ist kleiner als erwartet. Die FPÖ erreicht in dieser Gruppe 19 Prozent, ÖVP und SPÖ jeweils 20 Prozent. Die Grünen schaffen in dieser Gruppe hingegen nur zwölf Prozent Zustimmung.

Arlamovsky zieht in Nationalrat ein

Nach dem nun Brandstätter nach Brüssel geht, wird sein frei gewordener Platz im Nationalrat von Neos-Bundesrat Karl-Arthur Arlamovsky besetzt. Arlamovsky wird bereits diese Woche im Nationalrat angelobt, hieß es nach der pinken Vorstandssitzung am Montag gegenüber der Austria Presseagentur. Im Bundesrat rückt wiederum Manuela-Anna Sumah-Vospernik nach. Die 50-jährige Juristin ist als Neos-Bezirksrätin in Wien-Währing aktiv.

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