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Von der Leyen will es ohne Meloni schaffen

Santa Giorgia, Schutzheilige der Nationalautoritären? Die Kommissionsspitze soll jedenfalls ohne Meloni fixiert werden.
Santa Giorgia, Schutzheilige der Nationalautoritären? Die Kommissionsspitze soll jedenfalls ohne Meloni fixiert werden.Imago/Andrea Fasani/Z16
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Die Volkspartei will die Kommissionsführung mit zentristischen Parteien sichern.

Das monatelange Kokettieren der Europäischen Volkspartei (EVP) und Ursula von der Leyen, ihrer Spitzenkandidatin für die eigene Nachfolge als Chefin der EU-Kommission, mit der nationalautoritären italienischen Ministerpräsidentin Giorgia Meloni ist zu Ende. „Die EVP wird versuchen, eine Mehrheit im Europäischen Parlament mit Freunden und Verbündeten zu bilden, mit denen wir schon zuvor gearbeitet haben, mit den Sozialisten, den Liberalen, und hoffentlich vielleicht auch mit den Grünen“, sagte Thanasis Bakolas, der EVP-Generalsekretär, gegenüber dem Fernsehsender Euronews. „Giorgia Melonis Abgeordnete mögen für uns stimmen wollen, und ich denke, dass das großartig wäre. Aber ich sehen keine institutionelle oder stärker formalisierte Abmachung, die darüber hinausgeht.“

361 Stimmen benötigt von der Leyen im Europaparlament, um eine zweite Amtszeit als Kommissionspräsidentin zu bekommen. Ihre EVP hat bei der Europawahl nach dem vorläufigen Endergebnis 186 Mandate gewonnen, die Sozialdemokraten 135, die Liberalen 79, die Grünen 53. Macht in Summe, sofern alle vier Fraktionen von der Leyen unterstützen und wirklich alle ihrer Abgeordneten für sie stimmen, eine satte Mehrheit von 453 Stimmen.

Klimapolitik, die härteste Nuss

Auf diese arithmetische Gewissheit kann sich die Präsidentin aber nicht verlassen. Schon vor fünf Jahren wäre ihre erste Wahl beinahe schiefgegangen. Nach eher schwachen Auftritten vor den Fraktionen erhielt sie nur eine Mehrheit von neun Stimmen. Anders ausgedrückt: Hätten bloß fünf dieser Abgeordneten statt mit Ja mit Nein gestimmt, wäre von der Leyen nicht Präsidentin geworden.

Die Abstimmung ist geheim, die Durchsetzung der Klubdisziplin stößt folglich an ihre Grenzen. Die EVP war seit Monaten ambivalent in der Frage, ob sie zur Erlangung der nötigen Mehrheit nicht auch ein Bündnis mit der von Melonis Partei, den Fratelli d’Italia, geführten Fraktion der Europäischen Konservativen und Reformer (EKR) eingehen würde. Manfred Weber, Präsident der EVP und zugleich ihr Klubchef im Parlament, hatte wiederholt erklärt, mit den „proeuropäischen“ Kräften in der EKR zusammenarbeiten zu wollen. Von der Leyens Unterstützung durch die Sozialdemokraten und Grünen hängt in erster Linie davon ab, wie sie nach ihrem Abrücken von mehreren wesentlichen Gesetzen ihrer Klimapolitik, dem Europäischen Grünen Deal, glaubhaft machen kann, nicht aus opportunistischen Erwägungen erneut von einem vereinbarten Programm abzuweichen.

Die Sozialdemokraten würden kein Programm „à la carte“ akzeptieren, sagte deren Generalsekretär, Giacomo Fillibeck, am Montag bei einer Diskussion mit seinen Pendants der anderen Parteien. Alle politischen Vorhaben müssten dieses Mal detailliert verschriftlicht werden. Die Umsetzung des Grünen Deals wird die härteste Nuss, welche die Parteien knacken müssen, wenn sie sich auf von der Leyens zweite Amtszeit einigen wollen. Die EVP kampagnisiert seit Monaten offen gegen dessen Vorgaben, vor allem in der Landwirtschaft und im Verkehr. Die CDU beispielsweise, von der Leyens eigene Partei, wettert gegen das Aus der Neuzulassung von Autos mit Verbrennermotor ab dem Jahr 2035. Parteichef Friedrich Merz forderte am Wahlabend erneut den Abschied von diesem Ziel. Das ist jedoch für die Grünen und die Sozialdemokraten nicht verhandelbar. „Als politische Partei wollen wir, dass der Grüne Deal ein Erfolg wird, und letztlich ist das auch das, was die Leute wollen. Wir sind keine Klimaleugner“, sagte EVP-Generalsekretär Bakolas. „Aber ich denke, dass es beim Grünen Deal einen kollektiven Fehler gab dahingehend, dass er zu ideologisch getrieben war.“ Es habe der „Wettbewerbsaspekt“ gefehlt.

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