Gaza-Krieg

Palästina-Botschafter in Wien sieht Hamas als künftig „rein politische Partei“ in Palästinenserstaat

Der Botschafter Palästinas in Wien, Salah Abdel Shafi (Archivbild)
Der Botschafter Palästinas in Wien, Salah Abdel Shafi (Archivbild)Clemens Fabry
  • Drucken

Die islamistische Terrororganisation könne demilitarisiert an der künftigen Gesellschaft Palästinas mitwirken, sagt Salah Abdel Shafi. Ihre Nichtanerkennung Israels sei legitim – schließlich lehnten auch „faschistische Parteien“ in Israel eine Existenz Palästinas ab.

Wien. Der palästinensische Botschafter in Österreich, Salah Abdel-Shafi, kann sich die islamistische Hamas, aktuell in den Krieg mit Israel in Gaza verwickelt, in einem zukünftigen palästinensischen Staat als „rein politischen“ Akteur vorstellen. Sobald es einen unabhängigen und demokratischen palästinensischen Staat gebe, könne sich die Hamas gerne in eine „rein politische Partei“ wandeln und an Wahlen beteiligen, sagte er am Mittwoch im Deutschlandfunk. Sie werde ein Teil einer „politischen palästinensischen Gesellschaft“.

Die Fatah (gegründet 1957, Hauptstütze der Palästinensischen Befreiungsbewegung PLO) und die islamische Terrororganisation Hamas (*1987) sind die beiden größten Palästinenserorganisationen und erbitterte Rivalen. Seit einigen Jahren gibt es Versöhnungsgespräche, die keine echten Fortschritte brachten. 2006 hatte die Hamas die bisher letzte palästinensische Parlamentswahl gewonnen. Im Jahr darauf riss sie mit brutaler Gewalt die Kontrolle im Gazastreifen an sich und vertrieb die Fatah von dort. Mahmoud Abbas, Präsident der palästinensischen Autonomiebehörde PA und Vorsitzender der Fatah, regiert seitdem de facto nur noch im Westjordanland.

Hamas-Verfassung will Israels Vernichtung

In ihrer Charta fordert die religiös verbrämte Hamas, der aktuell im Westen viele Sympathien unter Linken, gewissen Studentengruppen und NGO-Aktivisten zufliegen, die Zerstörung des Staates Israel und die Errichtung eines islamischen Staates Palästina vom Jordan bis zum Mittelmeer. Zuletzt hatte sie indes signalisiert, dass sie der PLO beitreten und daraufhin Teil einer Einheitsregierung in allen palästinensischen Gebieten werden könnte. Der palästinensische Außenminister, Riad Malki, sagte allerdings zu Jahresbeginn, dies sei nur denkbar, falls die Hamas das Existenzrecht Israels anerkenne und den bewaffneten Kampf aufgebe.

Hamas-Kämpfer im Sommer 2023 in Gaza..
Hamas-Kämpfer im Sommer 2023 in Gaza..APA / AFP / Mahmud Hams

Botschafter Shafi (61) sagten nun im Deutschlandfunk weiter, es sei das Recht der Hamas, Israel nicht anzuerkennen. Er verwies darauf, dass im israelischen Parlament „faschistische, rechtsextreme Parteien“ säßen, die nicht einmal die Existenz des palästinensischen Volkes anerkennen würden. „Deswegen sagen wir, dass die Hamas das Recht hat, sich an einem politischen, demokratischen Prozess zu beteiligen.“

Ist die Hamas wirklich „zivilisierbar“?

Ein Staat dürfe aber nur eine Armee und keine verschiedenen militärischen Milizen haben, betonte der Botschafter. Die Hamas habe erklärt, ihre militärischen Formationen aufzugeben, sobald es einen unabhängigen palästinensischen Staat gebe. Dazu hat die Hamas allerdings bisher widersprüchliche Angaben gemacht. Es ist aufgrund der Ereignisse und Lehren der Vergangenheit und der Eigensicht dieser religiös-ideologisch stark aufgeladenen Islamistenmiliz sehr fraglich, ob sie, die mittlerweile auch im Westjordanland mehr Sympathien im Volk hat als die schwer korrupte Fatah von Präsident Abbas, sich friedlich in ein demokratisches System einfügen kann, befinden nicht zuletzt viele Beobachter.

Shafi, ein studierter Ökonom, stammt aus Gaza und amtiert seit 2013 in Wien. Zuvor war er in Deutschland und Schweden. (APA/DPA/red.)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.