Europameisterschaft

Niederlande gegen Polen: Zurück in die „Oranje“-Zukunft

EM 1988: Ronald Koeman war Teil des Ensembles rund um Ruud Gullit und Marco van Basten. Die Elftal gewann damals ihren bis dato einzige Titel.
EM 1988: Ronald Koeman war Teil des Ensembles rund um Ruud Gullit und Marco van Basten. Die Elftal gewann damals ihren bis dato einzige Titel.Getty Images
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Just im Hamburger Volkspark-Stadion, dem Ort des größten Oranje-Erfolges gegen Deutschland, starten die Niederlande in die EM 2024. Coach Ronald Koeman ist tunlichst darum bemüht, Verklärung auszublenden, gegen Polen ist ein Sieg Pflicht.

Hamburg, Volksparkstadion: es gibt wohl kein anderes Stadion auf dieser Welt, dass für den niederländischen Fußball derart von Bedeutung ist wie diese Arena. Es ist ein ganz spezieller Ort für „Oranje“. Das 2:1 im EM-Halbfinale 1988 gegen Deutschland zählt bis dato zu den wichtigsten Erfolgen. Für viele Niederländer ist es gar der größte Sieg, weitaus bedeutsamer als das 2:0 im Endspiel gegen die Sowjetunion mit dem Traum-Volley von Marco van Basten. Andere kennen eben auch eine Antwort auf Cordoba. Zudem tilgt manch Verklärungsliebhaber damit die Schmach all der verlorenen WM-Finale (1974, 1978 mit Ernst Happel, 2010). Österreicher und Niederländer denken und fühlen im Fußball relativ ähnlich.

36 Jahre später steht wieder eine EM in Deutschland an. Und, erneut soll das Hamburger Volksparkstadion für die „Elftal“ zu einem besonderen Ort werden. Mit einem Erfolg im ersten Gruppenspiel gegen Polen will die Mannschaft von Bondscoach Ronald Koeman am Sonntag (15 Uhr) Schwung aufnehmen für ein erfolgreiches Turnier. Dass an dessen Ende der zweite große Titel nach 1988 stehen wird, daran bestehen jedoch gehörige Zweifel. Wegen schwerwiegender Ausfälle, wegen des Bondscoaches und seiner Sturheit.

Draufhauen als Taktik

Koeman war 1988 schon einer der tragenden Protagonisten. In Erinnerung geblieben ist der damalige, höchst souveräne Abwehrchef aber nicht, weil er mit einem verwandelten Strafstoß die deutsche Führung durch Lothar Matthäus ausglich. Oder, weil er mit kompromissloser Draufhau-Methodik jeden Elfmeter verwandelte. Vielmehr hat es ein einziges Bild in alle Fußball-Köpfe geschafft, in dem sich Koeman nach dem Sieg mit dem Trikot von Olaf Thon symbolisch, ja: den Hintern abputzt. Eine Szene, die Symbol stand für die damalige Rivalität, die weit über den Platz hinausreichte. Thon sprach rückblickend von „purem Hass“, der der deutschen Mannschaft damals vor dem Anpfiff entgegengeschlagen sei.

Bondscoach Ronald Koeman.
Bondscoach Ronald Koeman. Gepa

2024 hat Koeman ganz andere Probleme. Obschon die Elftal mit zwei Testsiegen gegen Kanada und Island in der Vorbereitung die Euphorie in der Heimat angefacht hat, bezog die Mannschaft mit Sorgenfalten ihr Teamquartier im eher kaum idyllischen Wolfsburg. In Frenkie de Jong und Teun Koopmeiners musste Koeman zwei ganz wichtige Spieler aus dem Kader streichen. Beide Mittelfeldspieler hatten Schlüsselrollen im 4-3-3-System inne. „Das ist sehr bitter“, grummelte Koeman, der bei Barcelona als Trainer vom Hof gejagt worden war und nach zehn Klubstationen lediglich drei Titel in der Eredivise vorweisen kann, im Dortmunder Ian Maatsen nur einen Spieler nachnominierte.

20.000 Oranje-Fans erwartet

Doch auch nach den Ausfällen von de Jong und Koopmeiners verfügt Oranje noch über ein sehr starkes Team. Der Großteil des Kaders ist in den Topligen England, Spanien, Italien oder Deutschland aktiv. Die ganz großen Namen wie einst Marco van Basten oder Ruud Gullit fehlen zwar, doch hinter den Topfavoriten Frankreich, Spanien oder England wolle man bei diesem Turnier durchaus eine Rolle spielen. „Wir wollen eine Mannschaft sein, gegen die man ungern spielt“, sagt Kapitän Virgil van Dijk.

Das sollen am Sonntag bereits die Polen (ohne Stürmerstar Robert Lewandowski) zu spüren bekommen. In der schweren Gruppe D, auch Frankreich und Österreich versuchen hier ihr Glück, kommt dem Auftaktspiel bereits große Bedeutung zu. Koeman setzt bei seinem ersten Großereignis als Trainer – für Kritiker Anlass genug, schon vor Anpfiff das Scheitern der Elftal kommen zu sehen – zudem auf die Unterstützung der Fans. „Die Vorfreude bei mir ist groß. Es ist ein großartiges Turnier. Wir werden viel Unterstützung haben und die auch benötigen.“

In Hamburg werden am Sonntag rund 20.000 Oranje-Fans erwartet. Auch sind viele Emotionen sicher. Zum Trikot des Gegners wird Koeman sicher nicht mehr greifen. (find/dpa)

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