Concours Géza Anda

Rising Stars im Wettbewerb: Pianistische Qualität zwischen Wurstigkeit und Brachialgewalt

Der 29-jährige Russe Ilya Shmukler hat den wichtigen Klavierwettbewerb Géza Anda in der Schweiz überzeugend für sich entschieden.

Der im Drei-Jahre-Turnus stattfindende Concours Géza Anda ist einer der wichtigen Klavierwettbewerbe für aufstrebende Künstler, die ihrer Karriere den notwendigen Schub geben wollen. Aber was macht einen Wettbewerb denn „wichtig“? Schlussendlich ist es der Erfolg ehemaliger Preisgewinner – der entweder eintritt, weil man vorhandenes Talent erfolgreich entdecken konnte oder Karrieren effizient förderte. Idealerweise beides.

Wer Talent entdecken will, muss es anlocken. Außer dem Ruf des Wettbewerbes hilft hier das Prestige der Jury. Der diesjährige Concours Géza Anda punktete mit einem Who’s Who von Pianisten unter dem Vorsitz von Rico Gulda, vorneweg Musikikone Martha Argerich und Originalklang-Zauberer Robert Levin. Was prestigeträchtige Gewinner betrifft, so könnte der zum Andenken an den ungarischen Mozartpionier Géza Anda abgehaltene Bewerb nach dem besonders erfolgreichen Jahrgang 1991 wieder einmal einen klingenden Namen gebrauchen.

Geradezu abgebrüht professionell

Der 29-jährige Russe Ilya Shmukler könnte ein solcher werden. Mit den Darbietungen seiner Mozart- und Grieg-Konzerte in den letzten beiden Runden überzeugte der junge Pianist – in Gesichtszügen und Mimik an eine Mischung aus Elon Musk und Fazil Say erinnernd – nicht nur die Jury mit seinem geradezu abgebrüht-professionellen Spiel. Er konnte auch den Publikumspreis, den Junior Jury Award und den Mozart-Preis einheimsen.

Hätte es einen Publikumspreis schon im Mozart-Halbfinale in Winterthur gegeben, die amerikanische Pianistin Kate Liu hätte mit ihrem effizienten Spiel – laut und schnell, den akustischen Verhältnissen sehr entgegenkommend – gute Chancen gehabt. Aber nicht bei jedem in der Jury kam der pedalfreudige, brachiale Einsatz gut an. Dirigent in den Mozart-Konzerten war übrigens auch ein namhafter Pianist: Mikhail Pletnev. Ein genialer Musiker, aber kein ganz neutraler Begleiter. Wessen Interpretation er nicht goutierte, den ließ er das wissen. Leidtragend der Chinese Liang Dai, als Jazzpianist auch unter „A Bu“ firmierend. Der half sich zwar mit seinem unvorbereitet scheinenden Mozart-Konzert nicht gerade selbst, legte dann aber eine derart unerhörte „Jetzt-ist’s-auch-schon-wurscht“ Kadenz im dritten Satz ein, dass sie zum Miniaturkonzert mutierte – von gewagt über sonderbar hin zu übermütig, aberwitzig und schließlich grenzgenial. Musiker schauten auf die Uhr, Pletnev zog Grimassen, aber vergessen wird es keiner, der dabei war. Sage einer, Wettbewerbe brächten nur gesichtslose Techniker zum Vorschein!

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